Wie hochreines Kokosöl gewonnen wird

Kokosöl nimmt schnell Verunreinigungen aus der Umwelt auf. Erschwerend kommen fehlende Fachkenntnis, wirtschaftliche und technische Möglichkeiten der Kokosbauern dazu.

Abb. 1: Kokosöl findet vielfältige Anwendungen in der Lebensmittelindustrie,...
Abb. 1: Kokosöl findet vielfältige Anwendungen in der Lebensmittelindustrie, sei es in Überzugsmassen für Backwaren, in Waffelfüllungen, in Margarine oder Schokolade. | © Shutterstock_Africa Studio

Kokosöl ist beliebt, keine Frage. Ein Bericht der Zeitschrift Ökotest zeigt jedoch, dass sogar biozertifizierte Kokosöle Mineralölrückstände aufweisen können [1]. Ursache ist die chemische Struktur des Rohmaterials, die gesättigte und aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOAH) leicht akkumuliert. Für hochreine Produkte setzen die Experten der Speiseölraffinerie Nutriswiss auf kontrolliertes Supply Chain Management.

Obwohl Kokosöl mittlerweile vielfältig eingesetzt wird, ist die Beschaffung für die Industrie weiterhin eine Herausforderung. Woran liegt das? „Anbau und Transport sind für Öle und Fette immer risikobehaftet“, erklärt Michel Burla, Geschäftsführer von Nutriswiss. „Bei Kokosöl ist eine kontrollierte Lieferkette jedoch noch wichtiger als bei anderen Ölen. Das Handling der Ware über die langen Transportwege stellt typischerweise einen großen Risikofaktor für das Rohmaterial dar und auch auf den sozialen Bedingungen der Erzeuger in den Ursprungsländern liegt ein besonderes Augenmerk. Wir haben deshalb aufwendige Mechanismen installiert, die ein hochwertiges Rohmaterial garantieren.“

Umweltkontamination erfolgreich verhindern

Rohöle wie Kokosöl nehmen schnell Verunreinigungen aus der Umwelt auf. Verstärkende Faktoren können mangelnde Fachkenntnisse sowie eingeschränkte wirtschaftliche und technische Möglichkeiten der Kokosbauern sein: Wird die Kobra, also das Fruchtfleisch, auf traditionelle Weise über offenem Feuer getrocknet, können Schadstoffe aus dem Rauch in das Lebensmittel gelangen. Burla: „In der EU und in der Schweiz gilt für Kokosöl eine Höchstgrenze für die Summe vier schwerer polyzyklischer Kohlenwasserstoffe (PAKs) von 10 ppb, aufgrund des Gefährdungspotenzials von Benzo(a)pyren sind hier nur maximal 2 ppb zulässig.“ Darüber hinaus können Mineralölrückstände auch aus Abgasen oder technischen Ölen oder Zusatzstoffen stammen, die für den Betrieb von Maschinen bei der Vorverarbeitung auf den Plantagen und in den Produktionsanlagen benötigt werden.
Auch der Transportweg birgt Gefahren für das Naturprodukt Kokosöl. Es gilt: Je länger der Weg der Rohware und je zahlreicher die Zwischenhändler und -stationen sind, desto größer ist das Risiko der Kontamination. Durch offene Verladevorgänge und Berührung mit Leitungen, Umgebungsluft und anderen Transportgütern können sich Schadstoffe im Rohmaterial anreichern. Der Kontakt mit Sauerstoff lässt Öl oxidieren und ranzig werden. In konventionellen Logistikketten wird jedes Kilo Rohöl während des Transports bis zu sechsmal umgeladen oder umgepumpt. Erschwerend kommt hinzu, dass im Seefrachtverkehr weltweit nur die letzten drei Verladungen dokumentiert werden.

Auf diese Weise bleibt unklar, ob eine vorangegangene Fracht z. B. Dieselöl enthalten hat. Die Zusammensetzung der Ladung und die hygienische Reinheit der Container können dann nicht garantiert werden. Als Spezialist für die Verarbeitung von Ölen und Fetten setzt das Schweizer Unternehmen Nutriswiss auf Verfahren, die Produkte höchster Qualität ermöglichen, auch wenn die Öle sehr empfindlich sind.

Strukturiertes Supply Chain Management

Der Schlüssel für qualitativ hochwertige Rohöle liegt im eigenen Rohstoff-Sourcing. Die Schweizer Raffinerie beschreitet hierbei einen individuellen und sehr aufwendigen Weg, der Qualität, Nachhaltigkeit und Sozialstandards in den Vordergrund stellt. Das Kokosöl wird von langjährigen Vertragspartnern überwiegend aus Ländern im Westen und Südosten des afrikanischen Kontinents bezogen. Eigene Standards und Kontrollen sind Voraussetzung. „Nur die enge Zusammenarbeit und Kenntnisse der Verhältnisse vor Ort bilden eine geeignete Grundlage für die Sicherung und Verbesserung der Qualität von Kokosöl“, erklärt Burla.

Die Kooperation ermöglicht es, auf die Rohstoffgestaltung, die Qualität und mitunter auch die Erntetermine Einfluss zu nehmen. Die Rohware wird in raffinerieeigenen ISO-Container nach Food-Grade-Standard verladen, deren Reinheit von Nutriswiss kontrolliert wird. Die beladenen Container werden verplombt, während des Transports getrackt und erst im Schweizer Werk wieder geöffnet. So werden Sauerstoffkontakt sowie Kontakt mit Fremdmaterial unterbunden. Diese Vorgehensweise schließt eine Kontamination der Rohstoffe vom Ursprungsland bis zum Verarbeitungswerk fast vollständig aus. Bereits bei der Abfüllung in die Container wird die Rohware bemustert und anschließend im Schweizer-Qualitätslabor untersucht.

Verantwortung und Nachhaltigkeit

Nutriswiss arbeitet eng mit gemeinnützigen Organisationen zusammen und finanziert Aktivitäten, die wirtschaftliche Verbesserungen für die regionalen Partner zum Ziel haben. Hierzu zählt auch der Besuch der Vertragspartner vor Ort, um sich einen Überblick zu verschaffen und die Einhaltung der Standards zu überprüfen.
Burla: „Sehr viele Kleinbauern und deren Familien verdienen mit dem Verkauf von Kokosnussöl einen Großteil ihres Lebensunterhalts. Wir sehen uns daher in der Verantwortung, die Situation vor Ort kontinuierlich zu verbessern.“ Die Zusammenarbeit mit den Plantagebetreibern ist langfristig ausgelegt. Nur so können Verbesserungen über mehrere Erntezyklen erarbeitet, getestet und etabliert werden. Nutriswiss gibt das Wissen um mögliche Kontaminationen weiter: „Auf lange Sicht profitieren die Erzeuger von langlebigen Kokospalmen und hochwertigen Erträgen, das ist unser gemeinsames Ziel,“ sagt Burla. Vertreter der Raffinerie überprüfen und dokumentieren Prozesse vor Ort und stellen sicher, dass das Kokosöl den hohen Qualitätsstandards entspricht.

Reinigung für höchste Qualität

Im Werk angekommen, werden die Proben der angelieferten Rohöle zuerst im Labor untersucht, um die optimale Prozessabfolge zu entwickeln und zu testen. Die Analysen liefern ein detailliertes Bild vom Ausmaß der Kontaminationen. Hier­aus wird ein umfassendes Fettkennzahlenprofil erstellt, das über die passenden und möglichst schonenden Raffinationsverfahren entscheidet. Es zeigt sich deutlich, dass das Material aus eigenem Sourcing im Vergleich zu beigestellter Ware signifikant weniger belastet ist: „Bei MOSH/MOAH sind die Werte deutlich niedriger, selbst Pestizidrückstände fallen geringer aus – das sind bemerkenswerte Effekte“, bekräftigt Burla. Das Rohmaterial wird im Anschluss alkalisch neutralisiert, gebleicht, filtriert und abschließend desodoriert. Wie genau das Profil eines Öls modifiziert wird oder ob ein Spezialblend entwickelt wird, hängt stark von der jeweiligen Applikation ab. Am Ende erhalten die Kunden ein Protokoll, das die Qualitätsunterschiede zwischen den Eingangswerten und denen des Endprodukts exakt dokumentiert.

Allroundtalent Kokosöl

Je nach Raumtemperatur kann Kokosöl fest, cremig oder flüssig sein. Es ist sehr hitzestabil und ideal zum Frittieren und scharf Anbraten geeignet. Aber auch als Alternative zu Palmöl wird es häufig eingesetzt, da es ähnliche technologische Eigenschaften vorweist. Bei der Entwicklung von palmfreien Füllfetten, Kuvertüren sowie Glasurmassen für die Schokoladen- und Süßwarenindustrie dient Kokosöl als strukturgebende Basis und erzeugt darüber hinaus einen kühlenden Effekt im Mund. Veganen Alternativprodukten, wie z. B. pflanzlichem Frischkäse, verleiht es die nötige Festigkeit und sorgt für einen angenehmen Schmelz.

Fazit

Sein Fazit fasst der Geschäftsführer von ­Nutriswiss, Michel Burla, wie folgt zusammen: „Es ist wichtig, Verunreinigungen und Rückstände aus Ölen zu entfernen, die Eigenschaften zu optimieren und die Rohstoffe nachhaltig zu beschaffen. Gleichzeitig müssen sowohl die Verbraucherwünsche als auch die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden.“ Hersteller können das von Nutriswiss importierte und aufbereitete Öl direkt erwerben. Darüber hinaus ist es möglich, selbst bereitgestelltes Öl in Lohnraffination und -fertigung verarbeiten zu lassen.

Quellenangaben
[1] Rix, M. und Hinsch, B. (2020). Kokosöl und Kokosmilch: Wie gesund sind Kokosnuss-Produkte wirklich? Oekotest.de. https://www.oekotest.de/essen-trinken/Kokosoel-und-Kokosmilch-Wie-gesund-sind-Kokosnuss-Produkte-wirklich_11094_1.html, zuletzt aufgerufen am 21.06.22.

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