13.09.2021 • NachrichtenCITplusHarzeMikroverkapselung

Sprühtrocknung als Schlüsseltechnologie zu langzeitlagerstabilen Harzsystemen

Thermisch latente Epoxidharzsysteme bieten dem Anwender einen enormen Vorteil – sie werden bereits als Ein-Komponenten-Formulierung (1K) hergestellt und können direkt eingesetzt werden.

Sprühtrocknung als Schlüsseltechnologie zu langzeitlagerstabilen Harzsystemen

Harz und der Härter sind bereits im richtigen Verhältnis vorgemischt, und durch den Einsatz reaktiver Beschleuniger kann die Härtungskinetik optimiert werden. Theoretisch reagieren solche Formulierung erst ab einer bestimmten Verarbeitungstemperatur und sind ansonsten inaktiv – aber nur theoretisch! Das Europäische Zentrum für Dispersionstechnologien (EZD, eine Einrichtung des Kunststoff-Zentrums SKZ) hat sich mit der Mikroverkapselung thermisch latenter Beschleuniger mittels Sprühtrocknung beschäftigt.

Aufgrund des Kontakts zwischen Harz und Beschleunigerpartikel kommt es auch während der Lagerung bei Raumtemperatur zu einer langsamen, aber kontinuierlichen Reaktion und damit zur Aushärtung. Die bisher einzige Möglichkeit, solche Harzsysteme über einen langen Zeitraum (> 6 Monate) zu lagern, ist eine Tiefkühlung bei -18 °C. Solche Lager- und Lieferketten sind aufwendig und teuer und für KMU daher oft nicht umsetzbar. Mittels klassischer Sprühtrocknungsverfahren konnte eine Möglichkeit gefunden werden, die reaktiven Beschleuniger so zu mikroverkapseln, dass die Lagerstabilität solcher Harzsysteme um ein Vielfaches erhöht werden konnte.

Die Sprühtrocknung hat eine lange Tradition als mechanisch-thermische Trocknungstechnik zur Herstellung von Pulvern aus flüssigen Ausgangsmedien. Durch gezielte Prozesssteuerung lassen sich feste und flüssige Wirkstoffe verkapseln. Ziel ist es dabei, den Wirkstoff durch eine physikalische Barriere von der Umgebung zu trennen. Bei der späteren Anwendung wird der Wirkstoff gezielt freigesetzt. Die Auswahl des Verkapselungsmaterials und die Art der Verkapselung beeinflussen dabei den Freisetzungsmechanismus.

Zur Formulierung thermisch latenter Epoxidharzsysteme werden unter anderem Urea-Beschleuniger eingesetzt. Je nach Typ und Menge des eingesetzten Ureas kann die Härtungstemperatur auf unter 100 °C und die Geschwindigkeit der Aushärtung auf wenige Minuten reduziert werden. Damit verbunden ist allerdings eine dramatische Verringerung der Lagerstabilität – von mehreren Monaten auf teilweise wenige Tage.

Reduktion der Kontaktfläche
Ziel der Verkapselung ist die Reduzierung der Kontaktfläche zwischen Harz und Urea-Partikel sowie der Freigabe des Beschleunigers beim Erreichen der Aushärtetemperatur. Als geeignetes Verkapselungsmaterial konnte Gummi arabicum (GA) identifiziert werden. GA ist ein natürlicher Gummi des afrikanischen Akazienbaums und wird bereits seit langem als Überzugsmittel und Verkapselungsmaterial in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie eingesetzt. Aufgrund seiner guten Löslichkeit in Wasser ist es für wässrige Sprühlösungen ideal geeignet. Als Beschleuniger wurde ein bifunktionelles, mikronisiertes Produkt auf Basis eines substituierten Ureas eingesetzt. Dieser ist ebenfalls gut in Wasser löslich.

Als eine der einfachsten Verkapselungstechniken wurde die Matrixverkapselung angewendet. Hierbei werden aus den beiden gelösten Ausgangsmaterialien, Urea-Beschleuniger und GA, mittels Sprühtrocknung Kompositpartikel hergestellt. Beide Komponenten liegen homogen in Lösung vor, welche beim Sprühtrocknen mit einer Düse in ein feines Spray zerstäubt wird. Dabei verdampft das Wasser unter erhöhten Temperaturen und die gelösten Komponenten rekristallisieren und bilden ein festes Partikel. Die Moleküle des Beschleunigers liegen dabei homogen in der GA-Matrix vor.

Einfluss der Sprühtrocknung auf die Lagerstabilität
Die Untersuchungen beschäftigten sich einerseits mit dem Einfluss der Prozessparameter der Sprühtrocknung sowie der Formulierung der Sprühlösung auf die Partikelbildung und dem daraus resultierenden Einfluss auf die Lagerstabilität. Es hat sich gezeigt, dass die Art der Düse und damit verbunden die Art der Zerstäubung, einen wesentlichen Einfluss auf die Partikelform sowie die Größe und Verteilung der Partikel hat. Während Zwei- und Drei-Stoffdüse mit Druckluft als Zerstäubergas arbeiten, wird bei der Ultraschalldüse die Flüssigkeit durch Kavitation an der Stirnfläche der Sonotrode zerstäubt. Die Partikel der Ultraschalldüse sind im Vergleich sehr groß und weisen eine sehr enge Verteilung auf. Diese Art der Zerstäubung ist weniger intensiv, wodurch ebenfalls keinerlei Feinanteil < 1 µm erzeugt wird.
Die Lagerstabilität wurde anhand von Harzformulierungen mit den hergestellten Partikeln untersucht. Dazu wurden Formulierung mit einem Epoxidharzblend aus zwei DGEBA-Harzen (Diglycidylether Bisphenol A), Dicyandiamid als thermisch latenten Härter und dem unverkapselten und verkapselten Urea-Beschleunigern entwickelt. Anhand der rheologischen Veränderungen während der Lagerung (Erhöhung der Viskosität durch beginnende Aushärtung) konnte der Einfluss der Mikroverkapselung auf die Lagerstabilität charakterisiert werden.

Längere Lagerstabilität
Die Ergebnisse zeigen eine enorme Steigerung der Haltbarkeit der Harzsysteme mit den verkapselten Beschleunigern. Mit der Ultraschalldüse konnte im Vergleich zum Referenzwert nach 35 Tagen eine Verlängerung der Lagerstabilität um viereinhalb Monate erreicht werden. Hierbei zeigt sich der Einfluss der Partikelgröße und der engen Partikelgrößenverteilung. Da es sich um eine Matrixverkapselung handelt, liegen trotz der Mikroverkapselung weiterhin Moleküle des Beschleunigers teilweise frei an der Oberfläche der Partikel vor. Allerdings ist dieser Anteil aufgrund der Verkapselung so stark verringert, dass es innerhalb der ersten sechs Monate zu nahezu keiner Aushärtung kommt. Je größer daher die Partikel und je enger diese verteilt sind, desto geringer ist die volumenspezifische Oberfläche und desto geringer ist damit die Kontaktfläche zum Harz. Hierbei spielt auch das Mengenverhältnis zwischen GA-Matrix und Urea-Beschleuniger eine entscheidende Rolle. Die gezeigten Beispiele wurden mit einem Verhältnis von 2:1 (GA : Urea) hergestellt. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Lagerstabilität mit zunehmendem GA-Anteil steigt.

Harzkinetik nahezu unverändert
Ein wichtiges Kriterium für eine Mikroverkapselung ist die gezielte Freisetzung des verkapselten Materials. Anhand von Analysen des Vernetzungsverhaltens mittels Rheometer und dynamischer Differenzkalorimetrie konnte dies nachgewiesen werden. Lediglich eine geringe Erhöhung der Härtungstemperatur aufgrund der leicht verzögerten Freisetzung wurde festgestellt. Die Geschwindigkeit der Aushärtung blieb unverändert. Trotz stark verlängerter Lagerstabilität wurde die Harzkinetik kaum verändert, sodass das typische Härtungsverhalten des Uron-Beschleunigers bestehen bleibt.
Nicht nur zur Herstellung von Milchpulver, löslichem Kaffee oder Waschmitteln ist die Sprühtrocknung geeignet, sondern auch zur physikalischen Modifizierung von Beschleunigerpartikeln für Epoxidharze. Es konnte ein einfaches und großtechnisch umsetzbares Verfahren entwickelt werden, um diesen reaktiven Beschleuniger zu verkapseln und dadurch die Haltbarkeit solcher 1K-Formulierungen signifikant zu erhöhen. Somit ist zukünftig keine Tiefkühlung mehr bei -18 °C notwendig.

Autoren: Martin Mühlbach, Felipe Wolff-Fabris, Europäisches Zentrum für Dispersionstechnologien, SKZ – KFE gGmbH

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