Molkeprotein-Nanofasern mit Eisen-Nanopartikeln für die Eisenergänzung von Nahrungsmitteln
Weltweit leiden rund 1,2 Mrd.
Weltweit leiden rund 1,2 Mrd. Menschen an Eisenmangel. Betroffen sind in erster Linie Frauen. Jede fünfte europäische Frau um die 20 hat Eisenmangel. Die Folgen: verminderte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Blutarmut oder Kopfschmerzen. Doch die Eisenergänzung über die Nahrung oder mit Medikamenten ist schwierig, da für deren Erfolg das Eisen in einer für den Körper verfügbaren Form vorliegen muss. Das Spurenelement kann die Farbe, den Geschmack und den Geruch der damit angereicherten Lebensmittel verändern, sodass diese nicht mehr munden.
Hybrid aus Proteinfasern und Eisen-Nanopartikeln
Die beiden ETH-Professoren Raffaele Mezzenga und Michael B. Zimmermann vom Departement Gesundheitswissenschaften haben eine neue Form der Eisenergänzung von Nahrungsmitteln entwickelt: ein Hybridmaterial aus essbaren Molkeprotein-Nanofasern und Eisen-Nanopartikeln. Die entsprechende Studie, die von Mezzengas Doktorandin Yi Shen in Kollaboration mit Zimmermanns Doktorandin Lidija Posavec durchgeführt wurde, ist in der Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ erschienen.
Die Protein-Nanofasern (Amyloidfibrillen) bestehen aus denaturierten Molkeproteinen, die bei 90 °C in einer starken Säure hydrolysiert werden, bis sie sich vollständig ausstrecken. Mehrere solcher Proteinfäden lagern sich selbstorganisierend zu dickeren Protein-Nanofasern zusammen.
Solche Nanofasern kombinierten die Forschenden mit Eisen-Nanopartikeln, die der Körper gut verwerten kann. Um diese Nanopartikel herzustellen, mischten die Forscherinnen ein Eisensalz (FeCl3) direkt mit den Nanofasern in derselben sauren Lösung. Dabei entstanden 20 Nanometer große Eisen-Nanopartikel, die sich sofort an die Oberfläche der Nanofasern anlagerten und von ihnen stabilisiert wurden. Normalerweise sind Eisen-Nanopartikel nicht stabil: Sie bilden Aggregate und eignen sich damit nicht als Nahrungsmittelzusatz.
Eisenmangel rasch behoben
Um die Wirksamkeit des neuartigen Eisenpräparats zu testen, verfütterten es die Wissenschaftlerinnen an Ratten, die zuvor mit eisenarmer Nahrung gefüttert wurden und deshalb an Eisenmangel litten. Das neuartige Präparat behob bei den Tieren den Eisenmangel und die damit einhergehende Blutarmut genauso gut wie Eisensulfat (FeSO4). Letzteres ist der derzeitige Standard bei der Eisenergänzung bei Menschen, ändert bei Nahrungsmitteln jedoch oft Geschmack oder Farbe in unerwünschter Weise. Auch war das Präparat leicht verdaulich. Die Forscherinnen und Forscher zeigten im Reagenzglas, dass Enzyme aus dem Magen der Tiere die Molkeprotein-Nanofasern vollständig verdauten.
Anwendung und Unbedenklichkeit
Die eisenbesetzten Molkeprotein-Nanofasern können entweder als Pulver oder in flüssiger Form verabreicht werden, und die neue Verbindung kann direkt in unterschiedliche Nahrungsmittel gegeben werden. Dabei ändert der Zusatz die Sensorik von Lebensmitteln nicht.
Um mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufzuspüren, untersuchten die Forscherinnen und Forscher Hirn, Herz, Nieren und andere Organe der Ratten, nachdem die Tiere zwei Wochen lang Nanofasern verzehrt hatten. „Wir haben in den untersuchten Organen und Geweben der Tiere nicht einen Hinweis darauf gefunden, dass sich Nanofasern oder Eisen-Nanopartikel anreichern oder Organveränderungen auslösen könnten“, freut sich Mezzenga. Damit steht für ihn fest: „Unser neues Eisenpräparat bietet ein sehr hohes Potential, Eisenmangel auf eine günstige und effiziente Weise erfolgreich zu bekämpfen.“
Alternative zu bisherigen Präparaten
Die Ausgangsprodukte für diese neu entwickelte Nahrungsergänzung sind sehr günstig. Molkeproteine sind ein Nebenprodukt der Milchwirtschaft. Eisensalze sind ebenfalls leicht verfügbar und billig. Weil das Verfahren und die Zutaten so leicht zu handhaben sind, wäre ein solches Eisenpräparat auch eine Alternative für Menschen in armen Ländern, die vom Eisenmangel noch stärker betroffen sind als Leute in den westlichen Industrienationen. Die Forschenden haben auf ihre Entwicklung ein Patent angemeldet und freuen sich darauf, mit einem Industriepartnern ins Gespräch zu kommen, um die Technologie weiterzuentwickeln.
Quelle: Peter Ruegg, ETH Zürich. www.ethz.ch/news