02.10.2023 • PraxisberichteCITplusJaberg & PartnerPumpen

Digitaler Zwilling spart Energie und steigert Betriebssicherheit in hydraulischen Pumpensystemen

Ein systemischer Ansatz bei der Beurteilung zur Energieeinsparung ist die Vorrausetzung, um auch das gesamte Einsparungspotential einer hydraulischen Anlage zu analysieren. Mit numerischen Modellen und Simulationswerkzeugen für den Pumpenbetrieb können unnötige Verluste leichter erkannt und Problemstellen genauer identifiziert werden.

Feuerlöschanlage: Simulationsmodell und reale Anlage. © Jaberg
Feuerlöschanlage: Simulationsmodell und reale Anlage. © Jaberg

Hartnäckig hält sich die These, dass bei Störungen in hydraulischen Systemen eine Komponente – meist jene, welche die Probleme verursacht – die Schuldige sei. Dabei wird außer Acht gelassen, dass auch ein ungünstiges Zusammenwirken der verschiedenen Bauteile die Ursache bzw. Fehlerquelle darstellen kann. Oftmals wird vergessen, dass erst mit dem idealen Zusammenspiel der einzelnen Komponenten eine optimale Anlage entstehen kann.

Ähnliches gilt, wenn das Thema Energieeinsparung/Effizienzoptimierung einer Anlage betrachtet wird. Welche Komponente verbraucht am meisten Energie? Welche Komponente muss optimiert werden? Natürlich sticht hier sofort die Pumpe hervor, verbraucht diese doch zumeist den Löwenanteil an Energie in einer Anlage. Aber halt! Verbraucht die Pumpe tatsächlich Energie, oder ist es nicht deren Aufgabe dem hydraulischen System Energie zuzuführen, welche dort benötigt wird? Natürlich macht es Sinn eine Pumpe mit geringem Wirkungsgrad gegen eine neue, optimierte zu ersetzten.

Oftmals ist eine Pumpe aber falsch ausgewählt oder ausgelegt. Eventuell haben sich auch die Anforderungen des Systems über die Jahre verändert. So wird bspw. mit einer zu groß dimensionierten Pumpe (durch zusätzliche Sicherheiten bei der Auslegung) unnötige Energie in das System gepumpt, welche an anderer Stelle durch ein Regelorgan weggedrosselt werden muss. Aber nicht nur unnötige Energieaufnahme ist die Folge, das Pumpenaggregat wird dann auch abseits des Auslegungspunkts betrieben. Erhöhte Belastungen an der Pumpe und unter Umständen auch eine gesteigerte Kavitationsgefahr sind die Folgen. Kurzum, es sinkt die Zuverlässigkeit und die Effizienz und es steigen Ausfallswahrscheinlichkeit und Wartungsanforderungen. In solchen Fällen ist die Betrachtung der Pumpe alleine keine Lösung.

Datenerfassung für ein numerisches Modell

Ein systemischer Ansatz in der Bewertung von Optimierungsmaßnahmen ist also eine Grundvorrausetzung, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Durch den Einsatz und die Verknüpfung verschiedener Simulationsmodelle können komplette hydraulische Anlagen numerisch abgebildet werden. Es wird also ein digitaler Zwilling als mathematisches Modell des realen Systems erstellt.

Das Simulationsmodell kann jedoch nur so gute Ergebnisse liefern, wie die Qualität der notwendigen Randbedingungen bzw. Eingabedaten ist. Dem Erfassen der notwendigen Daten und deren Aufbereitung ist daher besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Gerade bei komplexen Systemen ist es oftmals nicht möglich, vorab alle notwendigen Parameter festzustellen. Dadurch entstandene Unschärfen können durch eine Kalibration mit vorhandenen Messdaten aus der realen Anlage auf ein Minimum reduziert werden. Und es ist sichergestellt, dass das numerische Modell zuverlässige Ergebnisse liefert. Häufig reichen hier bereits für die Betriebsführung sowieso vorhandene Messdaten aus.

 

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Welche Vorteile und Erkenntnisse können ­dadurch für gewonnen werden?

  • Jede Komponente untersuchen, und feststellen, ob diese optimal läuft,
  • festlegen einer Steuerungs- bzw. Regelstrategie,
  • Simulation von An- und Abschaltvorgängen,
  • Überprüfung eines Sicherheitskonzepts,
  • feststellen der Auswirkungen bei Erweiterungen oder Umbauten.

Wie diese Methodik bereits mehrfach erfolgreich angewendet werden konnte, sollen die nachfolgenden Beispiele zeigen.

Membrangesteuertes Bypass-Ventil (rechts im Vordergrund) © Jaberg
Membrangesteuertes Bypass-Ventil (rechts im Vordergrund) © Jaberg
Fallstudie 1: Schadensanalyse

Fernwärmeanlage

Im Zuge eines Umbaus samt Erweiterung einer Fernwärmetransportleitung und deren Netzanbindung wurde eine Systemanalyse durchgeführt. Deren Ziel war einerseits die Überprüfung, ob die Erweiterung mit den derzeit installierten Pumpen zuverlässig möglich ist. Andererseits wurden in der Vergangenheit immer wieder Probleme an einer membrangesteuerten Bypass-Armatur festgestellt bzw. wurde diese bei Auslösung wiederholt beschädigt.

Der zu untersuchenden Teil der Fernwärmeanlage, dieser erstreckt sich über eine Rohrleitungslänge von mehr als 25 km, wurde zunächst auf Basis von vorhandenen Unterlagen numerisch modelliert. Eine stichprobenartig durchgeführte Verifikation des Simulationsmodells anhand ausgewählter Referenzbetriebspunkte aus vorhandenen Mess- bzw. Betriebsdaten der Anlage, bestätigte den Modellierungsansatz durch eine sehr gute Übereinstimmung von Messdaten und Simulationsergebnissen.

Mit Hilfe des Simulationsmodells konnte die Ursache für die unzulässigen Belastungen rasch eruiert werden. Die Bypass-Armatur wurde ursprünglich auf ein Ansprechen bei Überschreiten des maximal zulässigen Rohrbahndrucks im Vorlauf eingestellt. Mit dem kalibrierten Simulationsnetzwerk konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass bei Differenzdruckregelung anstelle einer Maximaldruckregelung der auftretende Höchstdruck stark reduziert und auf ein akzeptables Niveau gesenkt werden kann. Ebenso konnte die Fahrweise bzw. Regelung der installierten Umwälzpumpen optimiert werden, um die zukünftig erweiterte Anlage betriebssicher und effizient betreiben zu können.

Fallstudie 2: Feuerlöschanlage einer Gaslagerstätte

Nach dem Umbau der Feuerlöschanlage eines Gaslagers im Bereich eines Spülschiebers, traten beim Spülen der Anlage wiederholt Pumpenausfälle auf. Zunächst konnte das Pro­blem im erstellten Simulationsmodell nicht exakt nachgebildet werden. Aufgrund von Widersprüchen und Mängeln in der Dokumentation der Feuerlöschpumpen sowie unzureichender Messdaten aus der Anlage wurde eine Messkampagne erarbeitet und Vor-Ort begleitet. Mit dem kalibrierten Simulationsmodell konnte das Problem rasch identifiziert werden. Durch eine Adaption im Regelkonzept der Feuerlöschpumpen, welche jeweils von einem Verbrennungsmotor angetrieben werden, konnte nicht nur das Problem der Pumpenausfälle behoben werden, sondern zusätzlich gelang es auch, die Betriebsweise im Ernstfall besser auf die installierten Pumpen abzustimmen.

Fallstudie 3: Kühlwasserversorgung

Stahlwerk

Im Zuge eines Neubaus der Kühlwasserversorgung in einem Stahlwerk wurde zur Druckstoßanalyse ein numerisches Modell der neu zu errichtenden Kühlwasseranlage erstellt. Seither wurde das Stahlwerk mehrmals adaptiert und nötige Umbauten am Kühlwassersystem waren die Folge. Jede Maßnahme konnte dabei im Vorfeld mit dem mitwachsenden, mathematischen Abbild der realen Anlage analysiert und bewertet werden. Gleichzeitig wurde das Simulationsmodell stetig um Teile der Bestandsanlage erweitert, sodass schlussendlich ein digitaler Zwilling der relevanten Teile der Anlage vorhanden ist. Im Gegensatz zur Modellierung einer Neuanlage, welche vollständig dokumentiert ist, gestaltet sich die Datenerhebung bestehender Rohrleitungssysteme oft als zeitintensive Aufgabe. Vorhandene Messdaten aus dem laufenden Betrieb ermöglichen auch bei diesem Beispiel eine Kalibrierung des Simulationsmodells.

So konnte erfolgreich eine Energieeinsparung durch Erarbeitung einer optimalen Einsatzstrategie der Kühlwasserpumpen realisiert werden. Es wurde das Sicherheitskonzept bei Fehlsteuerungen analysiert und der Ausfall verbrauchsintensiver Komponenten untersucht, um Auskunft über die Anlagenbelastung bei Störfällen wie Stromausfall oder der Betrieb mit einer Notstromversorgung zu geben. Auch wurde eine Ursachenforschung von dokumentierten Betriebsproblemen erfolgreich durchgeführt.

Autor:

Höller   Stefan Höller, Senior Engineer, Prof. Dr. Jaberg & Partner

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Kerscheckstraße 41
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Österreich

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