Motor wird zum Sensor
Mit einem Rotationsviskosimeter von Brabender lassen sich Viskositätsmessungen schnell und einfach realisieren. Herz des Messgeräts.ist ein bürstenloser DC-Servomotor.
Bei vielen Produkten ist die Viskosität ein wichtiges Qualitätsmerkmal oder zumindest ausschlaggebend für ihre Verarbeitbarkeit, also den Prozessablauf. Viskositätsmessungen sind deshalb in vielen Bereichen sinnvoll, beim Wareneingang ebenso wie bei der Qualitätskontrolle, bei der Optimierung von Rezepturen oder auch zwischen einzelnen Produktionsschritten. Damit diese Analysen möglichst wenig Zeit in Anspruch nehmen und mit kleinen Probenmengen auskommen, hat der Duisburger Materialprüfungsspezialist Brabender mit dem ViscoQuick ein neues Rotationsviskosimeter entwickelt, mit dem eine Messung – abhängig vom Probenmaterial – nur etwa 10 Minuten dauert. Dabei genügen lediglich 5 –15 g Probenmaterial (plus circa 100 –110 g Lösungsmittel). Also wird für die Messung nur eine geringe Menge Material verbraucht.
Gemessen werden kann das Viskositätsverhalten von ganz unterschiedlichen pastösen und viskosen Materialien in Abhängigkeit von der Temperatur sowie die Verkleisterungseigenschaften von Stärke und anderen Materialien. Eine leistungsfähige Heiz-/Kühlfunktion ist integriert, die schnelle Heiz- und Kühlraten für unterschiedlichste Anwendungen ermöglicht. Zudem eignet sich der wiederverwendbare Messtopf aus Edelstahl auch für Säuren und Laugen. Das Messsystem wird über die MetaBridge Software gesteuert, die Messwerte können direkt ausgewertet und grafisch dargestellt werden. Die Software ist webbasiert und vernetzt nicht nur die Brabender-Geräte und ihre Messergebnisse, sondern auch ihre Benutzer. Mehrere Anwender können sich gleichzeitig einloggen und ihre Daten kommunizieren und kommentieren – auf PC/Mac, Tablet oder Smartphone.
Lineares Drehzahl-/Drehmomentverhältnis
„Unter dem Messtopf mit der Probe sitzt ein Motor, der das Paddel antreibt“, beschreibt Oleg Krawez, Systemarchitekt bei Brabender, die prinzipielle Funktionsweise des neuen Rotationsviskosimeters. „Verändert sich die Viskosität der Probe, verändert sich bei gleichbleibender Geschwindigkeit auch das Drehmoment des Antriebs. Wenn bspw. Stärke verkleistert und dem Paddel mehr Widerstand entgegensetzt, steigt also das Drehmoment.“ Um die Veränderungen zu bestimmen, wird am zweiten Wellenende des Motors das Drehmoment gemessen. Damit wird der Motor quasi zum Sensor, denn das Drehmoment erlaubt den Rückschluss auf die Viskosität. Die Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie des Motors muss deshalb für den Einsatz im ViscoQuick möglichst linear sein, vor allem im niedrigen Drehzahlbereich. Je nach Analyseaufgabe liegen die Drehzahlen zwischen 0 und 500 Umdrehungen pro Minute.
Dafür galt es, den passenden Antrieb zu finden. „Nach ausführlichen Tests entschieden wir uns für einen bürstenlosen DC-Servomotor aus dem Faulhaber-Programm“, fährt Krawez fort. „Der Motor der Baureihe 4490...BS erfüllt unsere Anforderungen in jeder Hinsicht; außerdem hatten wir bereits früher gute Erfahrungen mit den Antriebsspezialisten aus Schönaich gemacht.“ Der 2-polige Servomotor ist ein dreiphasiger Außenläufermotor mit breitem Drehzahl- und Drehmomentbereich. Die integrierten linearen Hallsensoren ermöglichen die geforderten niedrigen Drehzahlen. Der Motor arbeitet durch sein eisenloses Design rastmomentfrei, mit einem absolut linearen Verhältnis von Last zu Drehzahl, Strom zu Drehmoment sowie Spannung zu Drehzahl und bietet ein hochempfindliches Strom-/Drehmomentverhalten. Diese Motoreigenschaften spiegeln sich in den Messergebnissen wider. Viskositäten lassen sich mit einer Genauigkeit von bis zu 0,5 cmg bei einem Messbereich von 0 – 2.500 cmg bestimmen.
Langlebig und kompakt
Weitere wichtige Forderungen an den Antrieb waren Langlebigkeit und kompakte Abmessungen. Der Motor soll schließlich über das gesamte Geräteleben zuverlässig funktionieren und sich zudem gut integrieren lassen. In beiderlei Hinsicht konnte der bürstenlose Servomotor überzeugen. Durch die elektronische Kommutierung hängt seine Lebensdauer hauptsächlich von der des Motorlagers ab und hier sind hochpräzise vorgespannte Kugellager eingesetzt, die ihre Zuverlässigkeit in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen bewiesen haben.
Gleichzeitig kamen die mit 44 mm Durchmesser und 90 mm Länge sehr kompakten Abmessungen des 282-Watt-Motors den räumlichen Gegebenheiten im ViscoQuick sehr entgegen, denn das Messgerät ist selbst nur 640 mm lang, 430 mm breit und 350 mm hoch. Es findet deshalb überall problemlos Platz. In seinem Inneren geht es jedoch eher eng zu, für die notwendigen Komponenten steht folglich wenig Einbauplatz zur Verfügung. „Wir waren deshalb froh, dass Faulhaber mit dem MCBL 3006 auch einen passenden, platzsparenden Controller im Programm hat“, freut sich Krawez. Mit seinen Abmessungen von 58 mm auf 65 mm entspricht die Grundfläche des perfekt auf den Motor abgestimmten Controllers etwa der Größe einer Scheckkarte; die Höhe beträgt lediglich 27 mm. Er kommuniziert mit der übergeordneten Steuerung des Viskosimeters über eine RS232-Schnittstelle; eine Ansteuerung über CANopen ist ebenfalls möglich.
Die Kombination aus bürstenlosem DC-Servomotor und darauf abgestimmtem Controller hat sich im ViscoQuick bewährt und Brabender setzt die gleiche Lösung auch in weiteren Messgeräten ein, z. B. im Amylograph-E, der ein zuverlässiges und reproduzierbares Bild der Enzymaktivität (Alpha-Amylase) in Mehlen und Schroten liefert. Auch hier werden Veränderungen des Drehmoments gemessen und automatisch in einem Amylogramm aufgezeichnet.