23.10.2017 • PraxisberichteAnalytikDioxineFleischindustrie

Qualitätssicherung für Gewürze geschmackvoller Fleisch- und Wurstspezialitäten

Das Hela Gewürzwerk Hermann Laue produziert seit 1905 Gewürzmischungen und Gewürzzubereitungen für die fleischverarbeitende Industrie und das Handwerk.

Das Hela Gewürzwerk Hermann Laue produziert seit 1905 Gewürzmischungen und Gewürzzubereitungen für die fleischverarbeitende Industrie und das Handwerk. Die Herausforderung für die Qualitätskontrolle des Unternehmens liegt darin, den Qualitätsstandard bei allen Gewürzen zu halten und so natürlich bedingte Qualitätsschwankungen bei Monogewürzen und Fertigmischungen zu minimieren.

Vielfältige Funktionen von Gewürzen in Lebensmitteln

Gewürze machen einen geringen Anteil an der Nahrung aus, aber sie sind unverzichtbar für ihren Genuss. Dabei erfüllen sie eine Vielzahl von Aufgaben im Lebensmittel. Sie heben, ergänzen, verbessern und runden den Eigengeschmack und -geruch ab und beeinflussen die Farbe des Lebensmittels. Außerdem helfen sie Salz zu sparen. Gewürze haben wohltuende und gesundheitsfördernde Eigenschaften. Durch ihren Gehalt an ätherischen Ölen und Bitterstoffen wirken sie verdauungsfördernd, appetitanregend und bakterizid. Viele Gewürze haben pharmazeutische Wirkungen, wie z.B. Kümmel oder Fenchel als Mittel gegen Blähungen oder Thymian und Salbei zur Linderung von Erkältungsbeschwerden.

Von der Seidenstraße zur spezialisierten Gewürzmischung

Gewürze begleiten den Menschen durch seine Geschichte: Schon in steinzeitlichen Fundstätten fand man Reste von Kräutern und Beeren, die zum Würzen verwendet wurden. Die meisten Gewürze stammten ursprünglich aus der „alten Welt“. Sie wachsen überwiegend in den Tropen und Subtropen in Regionen wie Südostasien und kamen in früheren Zeiten nur über die alten Handelswege wie die Seidenstraße nach Europa. Das  Kontrollstreben über Herkunftsländer und Handelswege der Gewürze löste oft Entdeckungsfahrten, aber auch Kriege und Eroberungen aus.

Heute ist es selbstverständlich Gewürze für wenig Geld im Supermarkt zu kaufen. Die Fleischwarenindustrie und das Fleischerhandwerk kaufen direkt beim Gewürzlieferanten oft speziell für sie entwickelte Gewürzmischungen und -zubereitungen. Wir als Gewürzlieferant stehen vor der Herausforderung einen gleichbleibenden Standard in unseren Produkten zu halten.

Anbauregion: Standard als Herausforderung

Was macht das Halten des Standards zu einer Herausforderung? Es fängt damit an, dass fast alle Gewürze (und darin eingeschlossen auch Kräuter und Würzpilze) nicht in Europa, sondern weit weg in Ländern wie Ägypten, Madagaskar, Indien, Indonesien, China, Vietnam, Peru, Guatemala, Brasilien oder Grenada wachsen. Diese Länden sind von anderen Kulturen, Philosophien und Mentalitäten geprägt und die Menschen müssen dort oft unter deutlich schlechteren Verhältnissen leben als wir Europäer. Oft müssen die Menschen dort erst für unsere hohen Qualitätsanforderungen sensibilisiert werden.

Hinzu kommt, dass Gewürze als Naturprodukte auch natürlichen klima-, ernte- und anbaubedingten Schwankungen ausgesetzt sind, welche die sensorische Qualität direkt beeinflussen. Die Anbauregion und das verwendete Saatgut beeinflussen z.B. die Sensorik von Zwiebeln aus Kalifornien oder Indien so gravierend, dass man ihre Herkunft schmecken kann. Ein Austausch beider Qualitäten miteinander führt unweigerlich zu Geschmacksveränderungen. Hinzu kommen Engpässe in der Verfügbarkeit von Gewürzen bedingt durch politische Unruhen oder Naturkatastrophen.

So haben die Hurrikane Ivan 2004 und Emily 2005 auf Grenada zahlreiche Muskatnussplantagen zerstört und die hochwertigen Muskatnüsse aus Grenada, die Suns, für acht Jahre fast vom internationalen Markt gefegt. Acht Jahre brauchen Muskatnussbäume bis sie zum ersten Mal Früchte tragen. In dieser Zeit war es unsere Aufgabe Muskatnüsse vergleichbar guter Qualität in anderen Regionen der Erde zu finden.

In den letzten Jahren werden wir in zunehmendem Maße mit Belastungen der Gewürze durch Pestizide, Mykotoxine, Mikroorganismen und Food Fraud, der Lebensmittelverfälschung, konfrontiert. Auch die Qualitätsanforderungen der Kunden steigen. Selbst unrealistische Forderungen nach Unterschreitung der gesetzlich festgelegten Grenzwerte bei Pestiziden um bis zu 50% werden gestellt. Gleichzeitig werden von der EU-Kommission die Grenzwerte einzelner Pestizide neu festgelegt.

Vorabmuster

Wie bewältigen wir diese Herausforderungen? Wir suchen unsere Gewürze anhand von Vorabmustern unserer Lieferanten aus, indem wir den ätherischen Ölgehalt, die Restfeuchte, den Fremdbesatz bestimmen und natürlich Aussehen, Geruch und Geschmack mit unseren Standards vergleichen. Die sensorische Analyse ist als Hauptbestandteil der Beurteilung unverzichtbar. Es erfordert sehr viel Erfahrung und Übung um auch die feinsten Unterschiede zwischen den Mustern und den Standards zu erkennen und so den Standard über Jahre konstant halten zu können.

Des Öfteren bedarf es einer Vielzahl von Vorabmustern bis das zum Standard passende gefunden ist und der Rohstoffeinkauf grünes Licht für die Beschaffung erhält. In den Leitsätzen für Gewürze und andere würzende Zutaten [1], die für uns die Beurteilungsgrundlage bilden, werden die Gewürze beschrieben und definiert. Im Handbuch Aromen und Gewürze [2] stehen zahlreiche Hinweise und Informationen für unsere Arbeit.

Analytik

Die Analysen der Gewürze auf Pestizide, Aflatoxine, Ochratoxin A, sowie auf Mineralölrückstände (MOSH/POSH u. MOAH) und teilweise auch auf Dioxine/PCBs und PAKs stehen heute in unseren Prüfplänen. Bei Mineralölrückständen sind die Quellen vielfältig. Die Ursache kann in der Verwendung von Verpackungsmaterial aus Recyclingpapier liegen. Auch Schmierstoffe und Trennmittel, die während der Verarbeitung im Ursprungsland auf die Rohware gelangen, können eine Quelle sein.

Auf den beiden Abbildungen sieht man Kurkumawurzelknollen (Abb.2) und Pfeffer (Abb.3), die auf oder direkt neben einer Teerstraße zum Trocknen ausgebreiten wurden. Hier können neben Straßenschmutz, Mikroorganismen und Kraftfahrzeugabgasen auch Mineralölrückstände aus dem Teer die Gewürze kontaminieren. An dieser Stelle tut Aufklärung vor Ort Not.

Aber kann man mit der Einsicht und dem Verständnis der Anbauer, die bestimmt keine bösen Absichten verfolgen, rechnen? Um die Sensibilität der Anbauer und Lieferanten in den tropischen und subtropischen Regionen aber auch in Europa und Deutschland zu erhöhen, führen die Kollegen aus dem Rohstoffeinkauf und der Qualitätssicherung jährlich zahlreiche Audits vor Ort durch. Wichtig ist es, die Lieferantenkette zu kennen und den Kontakt zu den Lieferanten und Anbauern zu pflegen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist wichtig.

Food Fraud

Dem Food Fraud bei gemahlenem Chili und Paprika begegnen wir bspw. mit Analysen auf die so genannten Sudanfarbstoffe, die von Fälschern den gemahlenen Gewürzen zum intensivieren der roten Farbe zugesetzt werden. Erst kürzlich wurde ein neuer Farbstoff dieser Gruppe, das Reactive Red 195, gefunden. Für jeden neuen Stoff, den die Fälscher einsetzen, muss eine geeignete Analysenmethode entwickelt und validiert werden, um die Verfälschung zweifelsfrei aufzudecken.

Greift die Analyse, wird der Stoff unattraktiv und die Gefahr einer Verfälschung mit einer neuen unbekannten Substanz steigt wieder. Da heißt es am Ball zu bleiben. Neueste Analysenmethoden, zurzeit noch im Aufbau, ermöglichen es die geografische Herkunft und die Authentizität von Gewürzen und Kräutern zu bestimmen. Dabei werden eventuell untergemischte Fremdpflanzen über ihre DNA identifiziert und damit der Reinheitsgrad des Gewürzes festgestellt. Die geografische Herkunft versucht man über Isotopenanalyse zu bestimmen.

Für Olivenöle, Wein und Honig gibt es schon größere Datenbanken. Bei den Gewürzen wie z.B. Oregano oder Thymian, werden die Datenbanken gerade aufgebaut. Wichtig sind hierfür authentische Referenzmuster, also reine Gewürzpflanzen aus definierten Anbaugebieten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis bei allen Gewürzen Beimischungen vom Fremdpflanzen oder Fremdstoffen und die Herkunft zweifelsfrei bestimmt werden können.

Fazit

Eins steht auf jeden Fall fest: Die Prüfpläne werden nicht kürzer werden. Mit steigender Analysengenauigkeit werden unsere hochwertigen Gewürze immer besser überprüfbar sein.


Literatur:

[1] Leitsätze für Gewürze und andere würzende Zutaten vom 27.5.1998 (BAnz. Nr. 183a vom 30.9.1998, GMBl. Nr. 30 S. 577 vom 30.9.1998)

[2] Dr. Uwe-Jens Salzer, Fred Siewek, Prof. Dr. Mechthild Busch-Stockfisch, Dr. Eva Derndorfer, Werner Frey, RA Peter Groß, LL.M., Brigitte Grothe, Dr. Markus Gruber, Dr. Christine Hupfer, Dr. Norbert Kolb, Bettina Muermann, Dr. Mareike Richter, Dr. Uwe-Jens Salzer, Hans-Ulrich Waiblinger, Dr. Markus Weck, Dr. Andreas Wehlau, Dr. Jutta Zagon, Prof. Dr. Matthias Wüst, Dr. Werner Strych, Dr. Carmen Diaz-Amigo, Dr. Adolf Kler, Erika Lorenzen, Dr. Günter Matheis, Dr. Robert Althage, Uwe Brennecke, Walter Bröckel, Gerd Lösing, Norbert Meier, Ute Riedel, Prof. Dr. Mathias Wenzel: Handbuch Aromen und Gewürze, Behr‘s Verlag


 

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