Forschung vernetzen hilft Mehrwert erzielen
Das neue Innovationsnetzwerk ProPharm soll den Transfer von Forschungsergebnissen und den Austausch mit Pharmaproduzenten und Dienstleistern unterstützen.
Die Reduzierung der Time-to-Market, d.h. die Beschleunigung des Transfers von der Entwicklung eines neuen Produktionsverfahrens im Labor hin zu einem im Markt für den Kunden verfügbaren Produkt, leistet einen zentralen Beitrag zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Gerade für neue Arzneimittel und Diagnostika kann diese beschleunigte Verfügbarkeit zusätzliche wertreichende und positive Folgen haben, wie die aktuellen Bemühungen um die Entwicklung von Schnelltests, Medikamenten und Impfstoffen gegen das Covid-19-Virus eindrucksvoll belegen. Die stärkere Verzahnung der pharmazeutischen Wirkstoff- und Produktforschung mit der verfahrenstechnischen Entwicklung neuer und Optimierung bestehender Produktionsverfahren und Produkte ist die Mission des interdisziplinären Forschungszentrums für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) an der TU Braunschweig. Etwa 100 Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Pharmazie, Verfahrenstechnik, Mikrotechnik, Produktionstechnik sowie Messtechnik und Sensorik forschen experimentell und theoretisch an neuen Produkten und Verfahren für kostengünstig hergestellte, wirksame und maßgeschneiderte Arzneimittel. Zur Unterstützung des Transfers der dabei erzielten Forschungsergebnisse sowie zur Intensivierung des Austausches zwischen PVZ und den auf diesem Feld tätigen Unternehmern und Dienstleistern wurde im April 2020 das ZIM Innovationsnetzwerk Pharmaproduktionstechnologie – ProPharm ins Leben gerufen.
Bündelung komplementärer Expertisen
Auf Initiative von aktuell acht kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie neun akademischen Partnern (siehe Infokasten) wurde mit ProPharm eine Plattform geschaffen, die die Akteure auf dem Gebiet der Pharmaverfahrenstechnik stärker vernetzt, um durch die Bündelung komplementärer Expertisen, Ausstattung, Forschungsinfrastruktur und personellen Kapazitäten gemeinsam FuE-Ziele zu verfolgen. Primäres Ziel des Netzwerks ist die Entwicklung neuer oder Verbesserung bestehender Produkte, Prozesse und/oder Dienstleistungen der industriellen Partner. Durch innovative FuE-Projekte sollen grundlagenorientierte Forschung und Entwicklung überführt werden in marktfähige neue Produkte und/oder Dienstleistungen der beteiligten Unternehmen.
ProPharm wird in der dreijährigen Aufbauphase im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert.
Das Netzwerk ProPharm bietet insbesondere seinen industriellen Partnern durch die Ansiedlung am PVZ ein innovationsstarkes Umfeld mit einer hervorragenden Forschungsinfrastruktur. Zudem fördern die auf dem Gebiet der Pharmaverfahrenstechnik besonders qualifizierten und engagierten Forschungspartner sowie die dauerhafte Verlässlichkeit einer universitätsintegrierten Forschungseinrichtung die intensive Zusammenarbeit im Netzwerk. In diesem innovativen Umfeld lassen sich passgenaue Partnerschaften für unterschiedliche Fragestellungen über die gesamte Breite des Fachgebiets der Pharmaverfahrenstechnik entwickeln.
Gesamte Wertschöpfungskette der Pharmaverfahrenstechnik
Neben den Partnern aus der Industrie gehören dem ZIM-Innovationsnetzwerk verschiedene Institute der TU Braunschweig und der Leibniz Universität Hannover aus den Ingenieur- und Lebenswissenschaften an. Damit bilden die Netzwerkpartner die gesamte Wertschöpfungskette der Pharmaverfahrenstechnik ab. Die Kombination der verschiedenen Expertisen ermöglicht es den Netzwerkpartnern in kooperativen FuE-Projekten gemeinsam an neuen Produkt- und Prozessentwicklungen zu arbeiten, dabei frühzeitig sowohl Marktchancen wie Markteintrittshemmnisse zu erkennen und so letztlich das unternehmerische Risiko zu reduzieren.
Die unterschiedlichen Marktpositionen der Netzwerkpartner aus Industrie und Dienstleistung resultieren in einem breiten Spektrum an Forschungs- und Entwicklungsbedarfen hin zu neuen Produkten, Dienstleistungen und Verfahren. Diese FuE-Bedarfe sind in den sechs Entwicklungslinien der Forschungsroadmap des ProPharm-Netzwerks abgebildet:
- neue apparative Technologien,
- neue Herstellungsverfahren,
- neue Wirkstoffprodukte,
- neue Formulierungen,
- neue Testmethoden und -devices sowie
- neue Dienstleistungen.
Dabei sind die angewendeten verfahrenstechnischen Operationen und Prozesse, apparativen, anlagentechnischen wie Produktionstechnologien für pharmazeutische Produkte oft sehr ähnlich denen zur Herstellung von Kosmetika oder Nahrungsergänzungsmitteln. Auch diese Produkte bzw. Dienstleistungen auf diesem Feld sind daher mit im Fokus des ZIM-Netzwerks.
Aktuelle Kooperationsprojekte
Beispiele für aktuell in der Ausarbeitung und Beantragung befindliche Kooperationsprojekte sind die Entwicklung, Charakterisierung, Skalierung und Markteinführung eines neuen Screeningtools für kontinuierliche Kristallisationen, die Erhöhung der Wertstoffausbeute bei der Wirkstoffproduktion durch Aufarbeitung eines Abwasserstroms oder die Entwicklung eines neuen Konzentrierungsverfahrens für Wirkstofflösungen als Vorstufe einer Kristallisation oder Sprühtrocknung.
Die FuE-Aktivitäten der Partner zielgerichtet, effektiv und schneller zusammenzuführen um Innovationen voranzutreiben sind Antrieb und Ziel von ProPharm. Dabei konzentrieren wir uns in der Aufbauphase auf die Unterstützung der Netzwerkpartner bei der Beantragung von Fördermitteln im Rahmen des ZIM-Programms. Je nach Unternehmenstyp können hierbei bi- und multilaterale FuE-Projekte mit einem Fördersatz von bis zu 55 % gefördert werden. Im weiteren Ausbau des Netzwerks sind auch Kooperations- und Verbundprojekte bei anderen Mittelgebern und unter Nutzung weiterer Förderinstrumente und -programme angestrebt.
Unterstützung der Netzwerkpartner
Das Netzwerkmanagement unterstützt die Netzwerkpartner bei der Erstellung von Projektskizzen und Förderanträgen sowie bei der Bildung von Projektkonsortien entlang der gemeinsamen technologischen Roadmap. Bei der Projektdurchführung übernimmt das Netzwerkmanagement Projektadministration und -controlling, so dass die Netzwerkpartner bei der Durchführung der FuE-Aktivitäten entlastet werden.
Die projektspezifischen Aufgaben sind eingebunden in einen intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch, bei welchem die Netzwerkpartner neue branchen- und technologieübergreifende Kontakte knüpfen können. Halbjährliche, derzeit virtuell durchgeführte, Netzwerktreffen halten den Aufwand schlank, sichern aber dennoch den Informationsaustausch zwischen den Netzwerkpartnern. Das Netzwerk ist offen für neue Partner, gerade auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), um gemeinsam Fragestellungen der Pharmaverfahrenstechnik entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu bearbeiten.
Die Autoren
Partner im ZIM-Innovationsnetzwerk ProPharm
Unternehmen
- Amino GmbH, www.amino.de
- BSI Beauty Science Intelligence GmbH, www.bsi-cosmetics.de
- DEWA Engineering und Anlagenbau GmbH, www.dewa-anlagen.de
- FLAVEX Naturextrakte GmbH, www.flavex.com
- IBA GmbH, www.iba-lifesciences.com
- Martin Christ Gefriertrocknungsanlagen GmbH, www.martinchrist.de
- MH medical hemp GmbH, www.medicalhemp.de
- Wilk-Graphite GmbH, www.wilk-graphite.com
Forschungsinstitute
- Institut für Bioverfahrenstechnik, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/ibvt - Institut für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/ictv - Institut für Energie- und Systemverfahrenstechnik, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/ines - Institut für Mehrphasenprozesse, Leibniz Universität Hannover;
www.imp.uni-hannover.de - Institut für Mikrotechnik, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/imt - Institut für Partikeltechnik, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/ipat - Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/ipt - Institut für Pharmazeutische Biologie, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/ipb - Institut für Pharmazeutische Technologie & Biopharmazie, TU Braunschweig;
www.tu-braunschweig.de/pharmtech