31.01.2024 • NachrichtenMultivac#ServiceNachhaltigkeit

Multivac liefert Ersatzteile für Verpackungslinien in aller Welt

Welche Rolle der Ausbau eines globalen Netzwerks, Automation und Nachhaltigkeit spielen, erklärt Dr. Christian Lau, geschäftsführender Direktor der Multivac Group.

Dr. Christian Lau, geschäftsführender Direktor der Multivac Group | ©...
Dr. Christian Lau, geschäftsführender Direktor der Multivac Group | © Multivac Sepp Haggenmüller

Die ­Multivac Group investiert rund 60 Mio. € in den Neubau eines zweiten Werks mit 35.000 m2 nur 800 m entfernt von seinem Stammsitz in Wolfertschwenden und verfolgt ambitionierte Wachstumsziele. Welche Rolle dabei der Ausbau eines weltweiten Netzwerks, Automation und Nachhaltigkeit spielen, erklärt Dr. Christian Lau, Geschäftsführender Direktor und COO der ­Multivac Group, im Interview.

Herr Dr. Lau, die ­Multivac Group plant aktuell am Hauptsitz im Allgäu den Neubau eines weiteren Werks. Welche strategischen Vorteile erhoffen Sie sich?

Christian Lau: Unser Unternehmen verzeichnet in den letzten Jahren kontinuierliches Wachstum. Einer der Gründe für dieses Wachstum: Immer mehr Kunden fragen nicht mehr nach einzelnen Maschinen, sondern nach maßgeschneiderten Linien aus einer Hand, zum Verarbeiten und Verpacken von Lebensmitteln bzw. Pharma- und Medizintechnikprodukten. One-Stop-Shopping Lösungen zum Schneiden, Verpacken, Inspizieren, Kennzeichnen und Handling. Und diese Linien, in vielen Fällen über 20 m lang, benötigen viel Montagefläche. Unser Werk in Wolfertschwenden stößt trotz 90.000 m2 Nutzfläche an seine Grenze.
Deshalb beginnen wir nun mit dem Neubau eines zweiten Werks mit 35.000 m2 und einer Investitionssumme von rund 60 Mio. €, nur 800 m vom Stammsitz entfernt. In dieses verlagern wir dann die Fertigung von Bauteilen für unsere Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen, die derzeit im Hauptwerk stattfindet. Im jetzigen Werk werden wir durch den gewonnenen Platz mehr Fläche für unser Liniengeschäft haben. Gleichzeitig nutzen wir das neue Werk, das ab 2025 sukzessive in Betrieb gehen soll, um die Ersatzteilversorgung für unsere Kunden auf der ganzen Welt weiter zu optimieren. Wir werden dort tausende Ersatzteile für Maschinen der gesamten ­Multivac Group, also ­Multivac, TVI und Fritsch lagern. Und Bauteile, bestellt über einen Webshop, im Notfall noch am gleichen Tag ausliefern können. Somit können Kunden teure Standzeiten reduzieren. Auch das ist ein deutlicher Benefit des Neubaus.

Smart Factory und Industrie 4.0 sollen die Wirtschaft in die Zukunft führen. Nutzt ­­Multivac entsprechende Technologien bereits?

C. Lau: Automation spielt beim Bau unseres neuen Produktionswerks eine Schlüsselrolle. Einige Prozessketten werden vollautomatisiert sein – beim Einlagern, in der Produktion und am Warenausgang. Dort kommen bspw. fahrerlose Transportsysteme zum Einsatz, die Material befördern. Oder Industrieroboter, die CNC-Bearbeitungsmaschinen be- und entladen. Wir wappnen uns mit dieser Technologie auch gegen den zukünftigen durch den demografischen Wandel verursachten Mangel an Nachwuchskräften.
Solche produktivitätssteigernden Technologien rund um das Mega-Thema Industrie 4.0 spielen aber nicht nur für unsere Produktion eine wichtige Rolle. Davon profitieren auch unsere Kunden. Denn wir entwickeln bereits seit einigen Jahren sogenannte Smart Services für unsere Verpackungs- und Verarbeitungsmaschinen. Unsere Anlagen sind dabei mit Sensoren ausgestattet und schicken Live-Daten aus der Produktion in die ­Multivac Cloud. Dort übernimmt intelligente Software die Auswertung. Auf einem Dashboard zeigt sie dann an, ob sich die Produktion optimal verhält. Und was Anwender tun können, um Standzeiten und Produktivität zu erhöhen sowie den Einsatz von Verpackungsmaterial und den Wartungsaufwand zu senken.

Abb. 1: Spatenstich am 4. Dezember 2023 (v.l.n.r.): Björn Glass (Glass...
Abb. 1: Spatenstich am 4. Dezember 2023 (v.l.n.r.): Björn Glass (Glass Bauunternehmung), Uli Eitle (Eitle Metallbau), Dr. Christian Lau (Multivac), Beate Ullrich (Gemeindeverwaltung Wolfertschwenden), Christian Traumann (Multivac), Dr. Tobias Richter (Multivac), Bernd Höpner (Multivac), Alex Eder (Landratsamt Unterallgäu), Volker Starrach (Multivac) | © Multivac Sepp Haggenmüller

Mittlerweile produziert ­Multivac nicht nur in Wolfertschwenden, sondern auch in Bulgarien, Japan und demnächst in Indien. Welche Strategie verfolgen Sie mit ihrem globalen Netzwerk?

C. Lau: 1961 als kleine Garagenfirma gegründet, ist die ­Multivac Group mittlerweile auf allen Kontinenten vertreten – mit mehr als 80 Vertriebs- und Servicegesellschaften, rund 7.000 Mitarbeitern, darunter 1.300 Berater und Servicetechniker, sowie bald 14 Produktionsstandorten in Deutschland, Österreich, Bulgarien, Spanien, Brasilien, China, Japan, Indien und den USA. Durch dieses flächendeckende Netz ist es uns gelungen, Kunden überall auf der Welt reaktionsschnell zu betreuen – bei der Konzeption neuer Linienlösungen aus einer Hand, über Installation und Inbetriebnahme bis hin zum Service. Und so zunehmend mehr lokale Marktanteile zu gewinnen.
Eine Erweiterung haben wir zuletzt etwa am japanischen Produktionsstandort in Tsukuba, 60 km nordöstlich von Tokyo, vorgenommen. Denn Japan ist für ­Multivac ein bedeutender Markt. Mit dem neuen Gebäude konnten wir die Produktionskapazitäten vor Ort erweitern und gleichzeitig unsere Logistik optimieren. So auch in Indien. Dort ändert sich das Einkaufsverhalten, bedingt u. a. durch steigenden Wohlstand. Immer mehr Verbraucher kaufen nicht mehr nur lose Waren auf dem Markt, sondern auch verpackte Produkte in Supermärkten. Da Indien als Markt für ­Multivac somit immer wichtiger wird, haben wir aktuell in Ghiloth, 120 km von Delhi entfernt, einen Gebäudekomplex für Vertrieb und Produktion mit insgesamt 10.000 m2 Nutzfläche gebaut, der im Dezember offiziell eröffnet wird. Das Werk soll zudem ein Produktionshub für die südasiatische Region sein.

Corona hat die Welt in ein Lieferketten-Chaos gestürzt, das teilweise immer noch anhält. Wie hat ­Multivac die Krise erlebt?

C. Lau: Die Covid-19-Pandemie und damit verbundene Einschränkungen in den Lieferketten haben uns gefordert. Wir haben bspw. damit zu kämpfen gehabt, ausreichende Mengen Aluminium und Edelstahl für unsere Maschinen zu beziehen. Auch viele Elektronikbauteile waren plötzlich nicht mehr in ausreichenden Stückzahlen erhältlich. Doch wir haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt. Und stattdessen nach Alternativen gesucht. So haben wir Maschinen und Anlagen kurzerhand so umkonstruiert, dass wir auch Servomotoren anderer Hersteller nutzen konnten. Durch diese Flexibilität konnten wir während der gesamten Covid-19-Pandemie alle Bälle in der Luft halten. Wir hatten keinen einzigen Tag Produktionsausfall und konnten alle Kunden versorgen. Auf diese Leistung sind wir stolz. Und mittlerweile sind wir fast wieder in der Normalität angekommen. Die Lieferketten stabilisieren sich und durch verbesserte Prozesse und ein optimiertes Notlagenmanagement gingen wir gestärkt aus dieser Krise.

Auch in der Verpackungsbranche spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Wie reagiert ­Multivac auf dieses Mega-Thema?

C. Lau: Als internationales Unternehmen sehen wir uns in der Pflicht, so verantwortungsbewusst wie möglich mit Umwelt und Ressourcen umzugehen. Deshalb sind wir bemüht, den Energieverbrauch unserer Infrastruktur zu reduzieren und den Anteil der Energie-Eigenerzeugung zu erhöhen. So kommen mittlerweile an vielen Produktionsstandorten Photovoltaik-Anlagen, Blockheizkraftwerke und geothermische Wärmepumpen zum Einsatz. Bei zugekauftem Strom handelt es sich an den Standorten in Deutschland und Österreich zu 100 % um umweltfreundlichen Ökostrom. Am Firmensitz in Wolfertschwenden sind wir zudem dazu übergegangen, einen Teil unserer Bearbeitungsmaschinen in der Produktion mit kaltem Brunnenwasser anstatt mit Kühlaggregaten zu kühlen. Darüber hinaus achten wir auf eine verantwortungsvolle Ressourcenbeschaffung entlang der Lieferkette. Nicht zuletzt investieren wir in Forschung und Entwicklung, damit unsere Maschinen immer weniger Strom, Wasser und Druckluft verbrauchen. Hier kommen bspw. energieeffiziente Elektromotoren und moderne Stand-by-Methodiken zum Einsatz. Mit diesen Maßnahmen wollen wir zum Erhalt einer lebenswerten Umwelt für zukünftige Generationen beitragen.

Vielen Dank für Ihre Einblicke, Herr Lau.

Abb. 2: Linien zum Schneiden, Verpacken, Inspizieren und Kennzeichnen sind oft...
Abb. 2: Linien zum Schneiden, Verpacken, Inspizieren und Kennzeichnen sind oft über 20 m lang und benötigen entsprechend viel Montagefläche. Dabei stieß das Werk in Wolfertschwenden trotz seiner 90.000 m2 Nutzfläche an seine Grenze. | © Multivac Sepp Haggenmüller

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