Zum Tode des Leipziger Verlegers Dr. Erhard Walter

Am 5.

Am 5. September 2016 ist der Leipziger Verleger Dr. Erhard Walter, einer der Pioniere der Fachliteratur in Deutschland, im Alter von fast 84 Jahren verstorben. Dr. Walter ist vor allem als Chefredakteur der Zeitschriften des Leipziger Fachbuchverlages, sowie als späterer Verlagsleiter über die Fachkreise hinaus bekannt geworden.

Geboren wurde Erhard Walter am 26. September 1932 im nordböhmischen Komotau (tschechisch: Chomutov) am Fuße des Erzgebirges. Hier war ihm eine unbeschwerte und auch interessante Kindheit vergönnt. Komotau war in dieser Zeit nicht nur ein wichtiger Knotenpunkt der Eisenbahn und des Straßenverkehrs. Die Stadt Komotau war auch ein aufstrebender Industrieort, u.a. mit Braunkohleabbau, Eisen-, Stahl-, Glas und Chemischer Industrie. Für einen aufgeweckten Jungen ein sehr interessanter Ort, der technisches Interesse weckte.

Die Kindheit fand für ihn ein jähes Ende mit der Vertreibung der deutschstämmigen Einwohner. Die Familie Walter fand eine neue Heimat in Mitteldeutschland. Hier konnte der Sohn Erhard die Höhere Schule mit dem Abitur abschließen und an der Universität Leipzig Journalistik studieren. An seinem Hochschulort Leipzig begann man 1949 damit, einen Fachbuchverlag aufzubauen. Die SMAD, die sowjetische Militäradministration in Deutschland, hatte hierfür eine Lizenz erteilt. Im Februar 1949 begannen sieben Mitarbeiter mit der Arbeit. Zunächst hatte man hauptsächlich an Lehr- und Fachbücher sowie an Nachschlagewerke gedacht.

Berücksichtigt würden dabei 21 Gebiete:

  1. Technisches Allgemeinwissen und wissenschaftliche Grundlagen der Technik,
  2. Energiewesen,
  3. Bauwesen,
  4. Bergbau,
  5. Hüttenwesen-Metallkunde,
  6. Fertigungstechnik,
  7. Maschinenbau,
  8. Feinmechanik-Optik-Fotografie-Kinotechnik,
  9. Elektrotechnik,
  10. Fernmeldetechnik-Elektroakustik,
  11. Technik der Verkehrsmittel,
  12. Verkehr,
  13. chemische Industrie und Technik,
  14. Nahrungs- und Genussmittel,
  15. grafische Industrie,
  16. Textilindustrie,
  17. Lederindustrie,
  18. Holz- und Holzbearbeitungsindustrie,
  19. sonstige Zweige von Industrie und Handwerk,
  20. Handel und Gaststättenwesen,
  21. Bürowesen.

Als Dr. Walter 1957 die Arbeit im Verlag als Zeitschriftenredakteur aufnahm, fand er dieses Profil vor, das für die Jahre 1949 bis 1960 galt. Er begann als Zeitschriftenredakteur und war dabei auch für „Die Lebensmittelindustrie“ zuständig, die heute unter „LVT LEBENSMITTEL Industrie“ im Wiley-VCH Verlag erscheint. Dr. Walters Weg im Verlag führte zum Chefredakteur des Zeitschriftenbereichs in den Jahren 1968 bis 1983 und zum Cheflektor des Buchbereichs im gleichen Zeitraum. Von 1983 bis 1992 war er Verlagsleiter. Wenn sich der Fachbuchverlag eines guten Rufes – auch im Ausland – erfreute, so hat Dr. Erhard Walter hieran einen wesentlichen Anteil.

Als Autor bin ich oft gefragt worden, warum ich mit acht Büchern den größten Teil meiner Titel dem Fachbuchverlag übergeben habe, so gab es dafür mehrere Gründe: Der Hauptgrund war die Sorgfalt der Bearbeitung der Manuskripte. Hinzu kam die Wertschätzung, die man als Autor erfuhr. Dr. Walter und seine Mitarbeiter waren – wenn sie gebraucht wurden – stets zu sprechen; und dies bei einer außerordentlich umfangreichen Buch- und Zeitschriftenproduktion. So hatte der Verlag in 40 Jahren 60 unterschiedliche Fachzeitschriften (1).

Zwischen 1949 und 1988 sind im Leipziger Fachbuchverlag mehr als 6.400 Buchtitel mit fast 61 Millionen Exemplaren erschienen. Die Zeitschriftenauflagen erreichten insgesamt 100 Millionen Exemplare. 1989 wurden 171 Buchtitel in einer Auflage von 1.921.000 Exemplaren herausgegeben. Ein außerordentlich beachtenswertes Ergebnis!

Max Planck hat einmal die Frage gestellt, „welchen Sinn die wissenschaftliche Arbeit hat.“ Sein Ergebnis war: „Er liegt kurz gesagt in der Aufgabe, in die bunte Fülle der uns durch die verschiedenen Gebiete der Sinnenwelt übermittelten Erlebnisse Ordnung und Gesetzlichkeit hineinzubringen.“ (2) Dies war auch eine Orientierung für Dr. Erhard Walter für die tägliche Arbeit an der Entwicklung der Fachliteratur.


Der Autor Prof. em. Dr. Dr. Günter Grundke ist ehemaliger Direktor des Instituts für Warenkunde an der Hochschule für Binnenhandel und der Universität Leipzig sowie Direktor der Sektion Warenkunde und Technologie der Handelshochschule Leipzig.


  1. Näheres bei „50 Jahre Fachbuchverlag Leipzig 1949-1999“
    In: Beiträge zur Geschichte des Verlagswesens von Klaus Hilbert, Erhard Walter, Jochen Spencker, Klaus Weberbeck, und Hermann Riedel. Leipzig 1999.
  2. Planck, Max: Wege zur physikalischen Erkenntnis. Reden und Vorträge. 4. Auflage Leipzig 1944. S. 326

     

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