Ein defekter Motor in einer der Produktionslinien der Konditorei Coppenrath & Wiese hat weitgehende Auswirkungen: Produktionsstillstände von mehreren Stunden drohen, wertvolle Waren wie Sahne, Teige oder Cremes müssen entsorgt werden. Der wirtschaftliche Schaden ist also immens. Seitdem das Unternehmen die Motoren regelmäßig in Rahmen der Serviceleistung „Kurzcheck“ durch Experten von SEW-Eurodrive überprüfen lässt, konnten die Ausfallzeiten deutlich verringert werden – zusammen mit anderen Maßnahmen um über 40 %.
Das Aroma von frischgebackenen Brötchen weht köstlich um die Nase, wenige Schritte weiter strömt der Duft von Bienenstich durch die Luft, um dann im nächsten Raum von dem süß-herben Geruch von Schokolade abgelöst zu werden. Schließt man die Augen, erinnert man sich an die kleine Konditorei aus der Kindheit.
Gänzlich andere Dimensionen als eine Dorfkonditorei weist das Mettinger Werk von Coppenrath & Wiese auf: hier werden 260.000 Sahnetorten, 4,2 Mio. Brötchen und 90.000 Kuchen gebacken – am Tag. Dazu verarbeiten die rund 3.000 Mitarbeiter vor Ort täglich 100.000 l Sahne, 80 t Äpfel und 900.000 Eier. Trotz dieser Dimensionen: „Die Prozesse und Arbeitsschritte sind die gleichen wie beim handwerklichen Konditor – nur eben ist vieles davon automatisiert“, betont Manfred Freude, Abteilungsleiter Instandhaltung für Produktionsanlagen „Wir sind aber immer noch eine Konditorei mit viel Handarbeit, weil wir mit Rohware arbeiten, die aus der Natur kommt.“
Ein Motorausfall hat immense Auswirkungen
Die Verwendung empfindlicher Rohware bedeutet aber auch, dass Ausfälle der Anlagen große Auswirkungen haben, so Freude weiter: „Bei einem Stillstand müssen wir viele Massen – Teige, geschlagene Sahne, Cremes – entsorgen. Denn wenn sie länger stehen, verändern sie sich so, dass wir sie nicht weiterverarbeiten können.“ Der Stillstand eines Anlagenteils wirkt sich also direkt auf vor- und nachgelagerte Prozesse aus. „Die Ursache eines Stillstands zu beheben, dauert vielleicht nur eine halbe Stunde. Aber insgesamt gehen im Prozess vier, fünf Stunden verloren. Jeder Stillstand bedeutet also einen großen wirtschaftlichen Schaden“, so der Abteilungsleiter. Um derartige Schäden immer weiter zu reduzieren bzw. zu eliminieren, verfolgt Freude mit seinem Team verschiedene Ansätze.
Instandhaltung als wichtiger Hebel der Gesamtanlageneffektivität
Ein Fokus dabei ist die
Antriebstechnik: Zwischen 5.000 und 7.000 elektrische Antriebe halten die Förderbänder, Mischer und Froster der Produktionslinien am Laufen. „Früher haben wir die Antriebe oft erst ausgetauscht, wenn ein Motor kaputt war, in der laufenden Produktion“, erinnert sich Freude. Entsprechend groß waren die Auswirkungen auf die Produktionseffizienz. „Um die Overall Equipment Effectiveness (Gesamtanlageneffektivität) zu steigern, war die Instandhaltung der Antriebstechnik daher ein wichtiger Hebel.“ Der Instandhaltungsleiter und sein Team entschlossen sich, dazu einen Mix verschiedener Maßnahmen umzusetzen – angefangen bei einer regelmäßigen Inspektion über eine zählerbasierte Instandhaltung bis hin zu einer entsprechenden Ausbildung des Produktionspersonals.
Hören, wie es einem Antrieb geht
Ein wichtiger Baustein dabei sind zudem die Kurzchecks, die Experten von SEW-Eurodrive regelmäßig an den Antrieben der Produktionsanlagen durchführen. Dabei werden die mechanischen Komponenten der Antriebe überprüft und ihr Zustand bewertet. Die Kurzchecks sind Teil des umfassenden Serviceportfolios „Life Cycle Service“ von SEW-Eurodrive rund um die Inspektion und Wartung von Antrieben. Wichtigster Bestandteil des Kurzchecks ist dabei das Abhören der Motor- und Getriebekomponenten.
Mit dem Stethoskop lauscht ein Servicetechniker von SEW-Eurodrive den Geräuschen des laufenden Antriebs, prüft so die Lager und Verzahnung von Motor und
Getriebe. Allein an den Laufgeräuschen kann man feststellen, in welchem Zustand der Antrieb ist und ob in absehbarer Zeit ein Ausfall droht. „Diese Beurteilung eines Antriebs erfordert sehr viel Know-how“, so Manfred Freude. „Eine Schwingungsanalyse oder das Beurteilen des Motorzustands mit dem Stethoskop kann ich als normaler Mechaniker nicht leisten. Jedes Getriebe, jeder Antrieb verhält sich anders. Daher nutzen wir das Wissen der Experten von SEW-Eurodrive, die speziell darauf geschult sind.“
Service, der sich schnell rechnet
Das Stethoskop ist zwar das wichtigste Werkzeug des Servicetechnikers, aber nicht das einzige. Zusätzlich wird das Öl gecheckt und im Klemmkasten nachgesehen, ob z. B. Wasser im Anschluss ist. Dabei konzentriert sich der Servicetechniker vor allem auf die kritischen Antriebe, also auf die, deren Ausfall längere Produktionsstillstände nach sich ziehen würde. So ein kritischer Antrieb ist zum Beispiel der Motor im Froster. Der Antrieb steht im Kältebereich. Nur selten kommen Mitarbeiter dorthin. Laufgeräusche durch einen Lagerschaden fallen daher im normalen Alltag nicht auf. Doch fällt dieser Motor aus, ist ein Austausch notwendig. Wenn ein versierter Servicetechniker mit dem Stethoskop dort reingeht, kann er sehr genau sagen, ob der Motor in Ordnung ist und wie lange der Antrieb noch halten wird. „Wenn ich die Kosten für solch einen Ausfall mit den Kosten für den Service von SEW-Eurodrive gegenrechne, dann amortisiert sich der Einsatz der SEW-Experten sehr schnell“, erläutert Manfred Freude.
Wartungsempfehlungen für jeden Antrieb
Bei Coppenrath & Wiese hat es sich bewährt, die Kurzchecks im Vorfeld der Jahresrevision durchzuführen. „Dabei nehmen wir gebäudeweise die zentralen Anlagen eines Werksbereichs für zwei Wochen aus der Produktion und haben so genügend Zeit für die Wartung und Instandhaltung“, erläutert Freude. Dafür erhält der Instandhaltungsleiter als Ergebnis der zuvor durchgeführten Kurzchecks vom Servicetechniker einen detaillierten Ergebnisbericht jedes einzelnen Antriebs. „Die Daten aus den Kurzchecks speichern wir zudem intern und nutzen sie für einen nachhaltigen Service, z. B. um den Kunden beizeiten daran zu erinnern, wenn ein erneuter Check eines Antriebs durchgeführt werden sollte“, erläutert Tilo Schröder, der im Technischen Büro von SEW-Eurodrive in Herford Ansprechpartner für Coppenrath & Wiese ist.
Kontinuierliche Verbesserung
Nachhaltig wirken die Kurzchecks auch auf andere Weise, wie Instandhaltungsleiter Manfred Freude erzählt: „Wenn wir im Rahmen der Kurzchecks die Häufung von Schäden an bestimmten Antrieben feststellen, prüfen wir gemeinsam mit SEW-Eurodrive, ob es sich dabei um ein generelles Problem in unseren Anlagen handelt und wie wir das künftig vermeiden können.“ Ein Beispiel für so eine Optimierung ist der Einsatz von lüfterlosen Antrieben, die bei Coppenrath & Wiese heute im Herstellungsbereich Standard sind. „Früher hatten die meisten Antriebe bei uns Lüfter. Weil viele Motoren mit dem Lüfter nach oben ausgerichtet waren, konnte immer wieder Wasser in das obere Lager eintreten. Die Folge war, dass in den Kurzchecks überdurchschnittlich oft Schäden an diesen Motoren festgestellt wurden.“ Durch den Wechsel auf lüfterlose Antriebe erledigte sich dieses Problem für Coppenrath & Wiese.
Aber die Nachhaltigkeit des Service von SEW-Eurodrive zeigt sich nicht nur in Antrieben, die immer besser auf die Produktionsbedingungen von Coppenrath & Wiese abgestimmt sind. Freude betont: „Wir können uns durch die enge Zusammenarbeit mit SEW-Eurodrive auch selbst weiterentwickeln und Know-how für die Instandhaltung der Antriebe aufbauen.“ So nutzen die Instandhalter von Coppenrath & Wiese jetzt selbst einen Ölcheck-Monitor, wie SEW-Eurodrive ihn bei den Kurzchecks einsetzt. „Wir wenden den bei unseren Großgetrieben an“, so Freude. „Damit können wir beurteilen, ob wir mit dem Öl noch ein halbes Jahr länger fahren können oder ob ein Ölwechsel notwendig ist.“
Ungeplante Ausfälle wesentlich reduziert
Entsprechend ist Manfred Freude überzeugt vom Service von SEW-Eurodrive: „Ich kenne keinen anderen Antriebshersteller, der Kurzchecks in diesem Umfang anbietet. Wir haben jetzt wesentlich weniger ungeplante Ausfälle durch defekte elektrische Antriebe. Durch all unsere Maßnahmen, bei denen die Kurzchecks von SEW-Eurodrive ein wichtiger Baustein sind, konnten wir die Ausfallzeiten in den letzten fünf Jahren um mindestens 40 % senken.“
Kurzschecks in der Servicephase Nutzung
Neben den Antriebs- und Automatisierungsprodukten werden begleitende Dienstleistungen und unterstützende Tools immer wichtiger. Das Service- und Dienstleistungskonzept „Life Cycle Services“ von SEW-Eurodrive ist den sechs Lebenszyklusphasen einer Maschine bzw. Anlage zugeordnet. In der Nutzungsphase geht es darum, die Verfügbarkeit und Produktivität der Anlage stetig zu verbessern.
Mit dem Service Kurzcheck lassen sich die Betriebssicherheit und Anlagenverfügbarkeit erhöhen sowie die Instandhaltungskosten optimieren. Die Durchführung der Kurzchecks kann sowohl für Antriebskomponenten von SEW-Eurodrive erfolgen als auch für Fremdfabrikate. Dabei erfolgt eine visuelle Überprüfung auf Ölleckagen, eine Kontrolle des Ölstandes sowie aller Wellendichtringen und Dichtungen am Getriebe.
Bei der Klemmkastenkontrolle werden die Dichtungen, Verschraubungen und die Verdrahtung am Klemmbrett überprüft sowie ein möglicher Wasser-/Öleintritt. Ferner erfolgt eine Bremsenverschleißkontrolle sowie eine mechanische und elektrische Funktionsprüfung der Bremse (einschließlich Reinigung der Bremse und Überprüfung der Verdrahtung auf festen Sitz am Gleichrichter bzw. an der Klemmleiste). Das Servicepersonal von SEW-Eurodrive führt eine Sichtprüfung auf Beschädigungen und einwandfreie Installation durch bei aufgesetzter Antriebselektronik (z. B. Movimot oder Movigear) sowie bei Servo-Antriebstechnik (mit Motorfeedbacksystemen). Schließlich erfolgt eine Sichtkontrolle von Anbauteilen (z. B. Riemenscheiben, Kettenräder, Kupplungen usw.) auf oberflächliche Beschädigungen, fehlende oder unzureichende Schutzabdeckungen sowie Ölleckagen.
Auf die überprüften und in Ordnung befundeten Antriebskomponenten (Dichtelemente ausgenommen) werden zwölf Monate SEW-Funktionsgarantie gegeben. Die eindeutige Kennzeichnung der überprüften Antriebstechnik sowie Erinnerung nach Ablauf der SEW-Funktionsgarantie schafft Transparenz. Der Kunde erhält eine umfassende Dokumentation in Form des Kurzscheck-Ergebnisberichts (einschließlich Handlungsempfehlungen). SEW-Eurodrive archiviert die aufgenommenen Daten in einer zentralen Datenbank – als Basis für weiterführende Betriebs- und Wartungskonzepte. Die Service-Experten von SEW-Eurodrive führen bei der Durchführung des Kurzchecks einen Wissenstransfer für Instandhaltungsmitarbeiter des Kunden durch und stehen beratend zur Seite, auch bei der Planung und Durchführung abgeleiteter und nachfolgender Instandhaltungsmaßnahmen.