Alle sprechen von Clean Label – wirklich definiert ist dieser Begriff nicht. Er bezeichnet Lebensmittel, die frei von künstlichen Inhaltsstoffen sind, deren Zutatenliste gut verständlich ist oder die nur minimal verarbeitet sind. Inzwischen geht es jedoch um weit mehr: Neben möglichst natürlichen Zutaten stehen auch ernährungsphysiologische Aspekte bei Verbrauchern im Fokus, immer mehr Claims zieren die Verpackung und Bewertungssysteme sollen für Transparenz sorgen. Rudy Wouters, Vice President des Beneo-Technology Centers erläutert für die LVT, welche Chancen sich speziell bei Backwaren und Snacks bieten, und mit welchen Produktkonzepten Hersteller den wachsenden Anforderungen der Verbraucher gerecht werden können
Viele Menschen sind aufgeklärt wie nie zuvor über die Wechselwirkung zwischen einer guten Ernährungsweise und der Gesundheit – und hinterfragen Lebensmittel deshalb vermehrt. Der Blick aufs Etikett ist für viele Verbraucher generationenübergreifend inzwischen Standard – und was sie dort finden, trägt maßgeblich zur Kaufentscheidung bei. Jeder zweite im Alter zwischen 18 und 70 Jahren prüft vor dem Kauf die Zutatenliste eines neuen Produkts [1] und weltweit gibt jeder dritte Verbraucher an, dass er oder sie im vergangenen Jahr auf Inhaltsstoffe geachtet hat [2]. Diese Botschaft ist auch bei den Herstellern angekommen.
Funktionelle Zutaten schaffen USPs
Die Backwarenindustrie sollte heute nicht nur mit überwiegend natürlichen Zutaten arbeiten, sondern auch Themen wie Zucker- und Fettreduktion oder Bewertungssysteme wie den Nutri-Score im Blick haben. Um Verbrauchern bei Backwaren und Snacks dieses „Rundum-Sorglos-Paket“ aus natürlichen Zutaten, ansprechender Textur, gutem Geschmack und gesundheitlichem Mehrwert zu ermöglichen, sind funktionelle Inhaltsstoffe Mittel der Wahl. Dabei kann es für Hersteller durchaus lohnenswert sein, sich Reformulierungen und den damit verbundenen technologischen Herausforderungen zu stellen: 54 % der jüngeren Verbraucher (18 bis 24 Jahre) sind bereit, für gesunde Lebensmittel einen Aufpreis zu zahlen [3]. Im Bereich Backwaren bietet
Beneo mit seinen funktionellen Inhaltsstoffen aus Reis und der
Zichorienwurzel verschiedene Lösungen, um selbst als ungesunde Naschereien geltende Produkte wie Feingebäck, Blätterteigprodukte oder Kuchen mit genau jenen Eigenschaften zu versehen, die gesundheitsbewusste Verbraucher erwarten.
Fettreduktion und Texturoptimierung
Reis ist ein Grundnahrungsmittel, das uns allen aus der heimischen Speisekammer vertraut ist – und das macht
Reismehl und -stärke als Zutaten für
Clean Label-Rezepturen in der Lebensmittelindustrie so interessant. Zudem zeichnet sich Reisstärke im Gegensatz zu anderen pflanzlichen Stärken durch eine feine Partikelstruktur und eine Größe von gerade einmal zwei bis acht Mikrometern aus – vergleichbar mit Fetttröpfchen. Sie kann daher das Mundgefühl von Fett sehr gut imitieren. Deshalb ist native Reisstärke bspw. in Füllungen ideal, um Fett zu reduzieren bei einer weiterhin glatten, ansprechend cremigen Textur sowie einer hohen Stabilität. Wachsreisstärke hingegen sorgt in Teigen dafür, dass das spätere Produkt die gewünschte Textur erhält: Knusprigkeit bei Keksen und Crackern, eine softe Krume und lange Frischhaltung bei weichen Backwaren wie Biskuit. Ein weiterer Vorteil: Reiszutaten sind gut verdaulich und hypoallergen, weshalb sie auch für Babynahrung eingesetzt werden. Darüber hinaus sind sowohl reguläre Reisstärken als auch Wachsreisstärken in Bio-Qualität erhältlich.
Die Anwendungstechnologen des Beneo-Technology Center haben eine fettreduzierte Schokoladenfüllung für Backwaren sowie eine Clean Label-Backfüllung entwickelt – für Feingebäck und Torten, die gesundheitsbewusste Verbraucher gleich mehrfach überzeugen dürften. Die Rezeptur für die Schokoladenfüllung enthält dank Reisstärke oder Wachsreisstärke bis zu 20 % weniger Fett bei weiterhin cremiger Textur und ansprechendem Mundgefühl. Die Tortencreme ist Clean Label und gleichzeitig gefrier- und taustabil und damit auch eine Lösung für Tiefkühlbackwaren.
Zichorieninulin: mehrfach funktionell
Ballaststoffe sind wichtig für eine gesunde und geregelte Verdauung – und das Thema Darmgesundheit ist inzwischen sprichwörtlich auf dem Esstisch vieler Menschen angekommen. Hier kann eine Ballaststoffanreicherung von Backwaren für Verbraucher den gewünschten Mehrwert schaffen.
Der pflanzliche präbiotische Ballaststoff Orafti Inulin aus dem Hause Beneo wird mithilfe eines schonenden Heißwasser-Extraktionsverfahrens aus der Zichorienwurzel gewonnen. Er ist frei von Gentechnik, trägt keine E-Nummer und ist so bestens für Clean Label-Rezepturen geeignet. Darüber hinaus kann der Inhaltsstoff den Ballaststoffgehalt einer Backware deutlich erhöhen – und dadurch in Bewertungssystemen wie dem Nutri-Score sprichwörtlich punkten. Je nach Dosierung können auch EFSA-Health Claims nach Artikel 13.5 oder „Wellbeing-Claims“ nach Artikel 10.3 ausgelobt werden.
Ein weiterer Vorteil: Mit Orafti Inulin kann gleichzeitig der Zuckergehalt einer süßen Backware reduziert werden. So haben Experten des Beneo-Technology Centers ein Rezept für einen ballaststoffreichen Keks mit 30 % weniger Zucker entwickelt. Nach einer sensorischen Bewertung bestätigten die Tester, dass dieser es bei Biss, Textur und Geschmack mit dem Original aufnehmen konnte.
Die Ampelfarbe im Blick
Ob durch ein Plus an Ballaststoffen oder durch die Zucker- und Fettreduktion: Hersteller, denen es gelingt, mit innovativen Zutaten eine Backware ernährungsphysiologisch aufzuwerten, können so auch bei Lebensmittel-Bewertungssystemen Boden gut machen. Die verschiedenen internationalen Bewertungssysteme haben allesamt zum Ziel, Verbrauchern Orientierung bei der Lebensmittelauswahl zu geben, indem sie Lebensmittel einer Produktgruppe hinsichtlich ihres Nährwertes auf einen Blick vergleichbar machen. Sie sagen jedoch nichts darüber aus, wie gesund oder ungesund ein Lebensmittel an sich ist. Daher sind Bewertungssysteme teilweise umstritten.
Nichtsdestotrotz nutzt Iglo bereits den Nutri-Score, ebenso wie Nestlé in Südeuropa, und seit kurzem ist die Ampelleiste auch auf Produkten einer Eigenmarke des Discounters Penny zu finden.
Der Nutri-Score, der aktuell in Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Spanien empfohlen wird, bewertet u. a. Zucker und Fett mit Minuspunkten und Ballaststoffe mit Pluspunkten. Ähnlich arbeitet das australische Health Star Rating. Beim amerikanischen Facts up Front-System müssen in vier Pflichtwaben unter anderem der Zucker- und Fettgehalt angegeben werden. Der Ballaststoffgehalt kann optional benannt werden und den Verbraucher so auf die Vorzüge des Produkts aufmerksam machen. Ein Ampel-Label in Großbritannien beurteilt hingegen nur den Gehalt an Kalorien, Zucker, Salz und Fetten.
Zusammenfassung
Gerade bei Backwaren erlauben sich viele Verbraucher regelmäßig die kleine Sünde zwischendurch – ob süß gefüllte Blätterteigtasche oder Cookies. Backbetriebe können hier mit innovativen Zutaten bei gesundheitsbewussten Verbrauchern und auch bei Lebensmittelbewertungssystemen punkten und so Ansprüche an gesundheitlichen Mehrwert und höchste Transparenz erfüllen.
[1] Beneo Clean Label Consumer Research 2018, conducted by Haystack in Germany, UK, USA (N=3000, 1000 Befragte pro Land)
[2] Health Focus International Global Trend Study 2018
[3] Health and Nutrition Survey, FMCG Gurus 2019