Betriebsstörung Kommunikationsfehler

Kommunikationsfehler sind Alltag in jedem Anlagenbetrieb. Es lohnt sich daher, die so selbstverständliche Verständigung zwischen Menschen im betrieblichen Umfeld etwas intensiver zu beleuchten und herauszufinden, was man besser machen kann.

© pathdoc - stock.adobe.com
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Was ist Kommunikation? Eigentlich ganz einfach: Austausch von Informationen zwischen einer sendenden und einer empfangenden Person. Und was ist gute Kommunikation? Wenn alles gesagt und verstanden wird.

Fangen wir mit den Problemen an und nennen sie nicht vernebelnd und umständlich Herausforderungen. Gehen wir trotz des problembehafteten Wortes Problem davon aus, dass wir ein gutes Stück der Kommunikationsprobleme auch lösen oder zumindest in ihren Auswirkungen verkleinern können. Ingenieure sagten ja schon immer, in der guten, vollständigen und ehrlichen Problembeschreibung liegt schon ein gutes Stück der Lösung. Wesentliche Kommunikationsprobleme in der Praxis sind die Lüge, die Vergesslichkeit, zu wenig und zu viel Information und die machtbedingte Unterdrückung von Informationen.

Idealfall Schichtübergabe?

Die kritischste Kommunikationssituation in einer Chemieanlage ist die Übergabe von der Nachtschicht an die Frühschicht. Damit hier nichts verloren geht, gibt es das Schichtbuch, eine (kurze) Überlappungszeit beider Schichten und einen routinierten oder auch mit Checkliste geregelten Übergabeprozess. Schichtleitungen und Mannschaften informieren über den aktuellen Zustand der Anlage und den Stand sowie den Fortschritt von Wartungs- und Umbauarbeiten. Kritisch ist die Situation zunächst, weil sie ex­trem wichtig ist. Werden entscheidende Informationen, wie z.B. veränderte Handventilstellungen oder geöffnete Umläufe nicht übergeben, ist die Anlage von der Folgeschicht nicht sicher beherrschbar.

Kritisch ist die Situation aber auch, weil sie extrem belastet ist. Die Nachtschicht, die alle Informationen hat, ist abgearbeitet und müde und wünscht sich endlich Feierabend. Die Frühschicht ist mitten in der Nacht aus den Federn gekrochen und noch nicht richtig wach. Da ist kein Gespräch munter, nicht alles wird schnell verstanden oder besonders durchsichtig erklärt.

Im Idealfall findet man folgende vorbildhafte Kommunikation:

  • Beide Schichten nehmen sich für die Übergabe ausreichend Zeit und halten andere Termine aus der Übergabezeit heraus.
  • Die anstehenden Themen werden strukturiert anhand des Schichtbuchs abgearbeitet, die wichtigste Information liegt also auch zum Nachlesen bereit oder kann im Prozessleitsystem und der Anlagendokumentation nachvollzogen werden.
  • Was nicht verstanden wird, wird nachgefragt und geklärt.
  • Der sichere Weiterbetrieb der Anlage ist das gemeinsame Ziel, andere Wünsche werden diesem Ziel untergeordnet.
  • Es wird offen unter Gleichrangigen gesprochen und jeder kommuniziert so, dass der andere möglichst wenig Arbeit hat.

Störungen der Kommunikation entwickeln sich, wenn es nicht ideal zugeht. Wenn sich eine Schicht für besser als die andere hält, der Konkurrenzvorteil wichtiger ist als die Anlage, wenn keine Struktur und Routine gelebt wird und nicht ausreichend gefragt und geklärt werden kann, weil keine Zeit ist. Oder einfach, wenn  die Schichten durch Krankheit unterbesetzt sind und ausgerechnet die gründlichen Absprachen eingespart werden.

 

Reden hilft – die Wahrheit beginnt zu zweit. © Kirchner Umwelttechnik
Reden hilft – die Wahrheit beginnt zu zweit. © Kirchner Umwelttechnik

Verbesserungspotenzial auch für KMUs

Schichtübergaben und Sicherheitsgespräche gibt es in kleineren mittelständischen Unternehmen der Spezialchemie selten, dafür häufiger Kommunikationsprobleme.

In einem Betrieb wurde eine verbrennende Abluftreinigungsanlage bestellt. Dass die Abluft in bestimmten Produktionssituationen zündfähig sein konnte, war der Abluftbeschreibung in den Ausschreibungsunterlagen nicht sofort anzusehen, aber auch nicht auszuschließen. Eine verbrennende Abluftreinigung hätte, so wie bestellt, zur Rückzündung und Explosion im Betrieb führen können. Warum wurde über die Explosionsgefahr nicht gesprochen? Der Lieferant sah keine Hinweise auf die Gefahr in der Abluftbeschreibung und nur im Kleingedruckten seines Angebots war für den Kunden zu erkennen, dass die Reinigungsanlage nur Abluft mit begrenztem Lösemittelanteil vertrug.

Es wurde zu wenig gefragt und gesprochen, auch wenn viel geredet und getagt wurde. Das bewährte Kommunikationshilfsmittel Checkliste (für den Kauf einer Anlage zur Reinigung lösemittelhaltiger Abluft) kam nicht zum Einsatz. Aber es kam zum typischen „Schwarze-Peter-Spiel“, der Suche nach dem Schuldigen. Hilfreicher ist es, Lösungen zu suchen. Die alte Juristenregel, jeden Vertrag mit den entscheidenden Grundlagen vor allen fachlich Beteiligten zu verlesen und die Bedeutung wesentlicher Passagen nochmal zu erläutern, hätte die vorschnelle Unterschrift verhindert.

 

Alle wissen Bescheid

Die Einstellung „Ich habe alles im Griff“ führt fast zwangsläufig zu Kommunikationsmängeln. Die Einstellung „Es müssen alle Bescheid wissen“, ist besser. Weitere Aspekte wie Rollen- und Selbstreflexion, Werkzeuge zur Kommunikationsanalyse, Fehler- und Führungskommunikation und viel Erfahrungsaustausch bietet das Dechema Webinar: „Prozesssicherheit – Praktische Betriebs- und Führungswerkzeuge zur Störfallvermeidung“. Die vier Termine für die Halbtagesteile sind 23., 24., 30. und 31.3.2022.

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Robert Kirchner, selbständiger Berater u.a. im Bereich Anlagensicherheit mit...
Robert Kirchner, selbständiger Berater u.a. im Bereich Anlagensicherheit mit Spezialgebiet Sicherheitskommunikation, Inhaber des Unternehmens Verfahrens- & Umwelttechnik Kirchner.

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