Der Intralogistik-Spezialist Beumer
Seit Anfang des Jahres leitet Peter Schmidt den Geschäftsbereichs Palettier- und Verpackungstechnik der Beumer Group in Beckum.
Seit Anfang des Jahres leitet Peter Schmidt den Geschäftsbereichs Palettier- und Verpackungstechnik der Beumer Group in Beckum. Der 48-jährige studierte Technologie und Biotechnologie der Lebensmittel an der technischen Universität München-Weihenstephan sowie Industriemarketing und technischen Vertrieb an der Hochschule für angewandte Wissenschaft in Landshut. LVT sprach mit Peter Schmidt über Anforderungen, Märkte und Wachstum des Intralogistik-Unternehmens aus Westfalen.
LVT LEBENSMITTEL Industrie: Herr Schmidt, in Ihrer neuen Funktion innerhalb der Beumer Group steuern und koordinieren Sie das globale Kompetenzzentrum. Was sind Ihre Aufgaben und welche Ziele möchten Sie erreichen?
P. Schmidt: Um unsere Kunden weltweit als Komplettanbieter von Abfüll-, Palettier- und Verpackungstechnik stets optimal unterstützen zu können, bündeln wir die Kompetenzen aller Niederlassungen der Beumer Group, die in dem jeweiligen Geschäftsfeld aktiv sind. Für diese Aufgabe haben wir verschiedene Centers of Competence (CoC) geschaffen. Diese weltweit zuständigen Zentralen bilden unter anderem die Schnittstelle zu Forschung und Entwicklung und organisieren den globalen Vertrieb, zusammen mit den Gruppengesellschaften und Vertretungen. Das erfordert eine reibungslose Kommunikation untereinander. Denn nur so lassen sich Synergien effizient nutzen. Unsere Aufgabe ist es, die weltweite Vertriebsorganisation mit entsprechenden Methoden, Instrumenten und dem aktuellen Know-how auszustatten, damit alle Kollegen stets auf dem neuesten Stand sind. Hierfür stehen uns verschiedene Kommunikationsplattformen zur Verfügung, auf denen wir unter anderem interaktive Schulungen anbieten, die auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmt sind. Somit lassen sich Informationen schnell, effizient und kostengünstig weitergeben. Gleichwohl sollen und werden diese Maßnahmen den persönlichen Kontakt untereinander nie völlig ersetzen. Zentrales Ziel der Kompetenzzentren ist eine gleichermaßen effiziente und kundenfokussierte Ausrichtung aller Vertriebsaktivitäten. Auch hier steht der persönliche Kontakt im Vordergrund.
Geht die Kommunikation mit den Tochtergesellschaften nur in eine Richtung?
P. Schmidt: Nein, das darf auch nicht sein. Wir tauschen uns ständig aus. Denn nur unsere Kollegen vor Ort kennen die jeweiligen Markt- bzw. Kundenanforderungen. Sie erkennen entsprechende Potenziale und eventuellen Handlungsbedarf. In den Tochtergesellschaften sind lokale Mitarbeiter, die sich mit den länderspezifischen Gepflogenheiten auskennen und die jeweilige Landessprache beherrschen. Das macht eine starke weltweite Vertriebsorganisation aus. Und nur mit dem Feedback unserer Kollegen vor Ort können wir unsere Anlagen und Systeme nachhaltig weiterentwickeln und damit die Märkte aktiv mitgestalten. Somit ist das CoC auch eine entscheidende Schnittstelle zur Produktentwicklung.
Wollen Sie Ihre Märkte auf der Landkarte erweitern und wenn ja: Welche weißen Flecken gibt es noch?
P. Schmidt: Weiße Flecken gibt es in der Tat nicht mehr viele. Mit 28 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften auf allen Kontinenten sowie Vertretungen in mehr als 70 Ländern ist die Beumer Group weltweit vertreten. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir alle Märkte komplett durchdrungen haben. Hier wartet noch eine Menge spannender Arbeit auf uns.
Kann sich Beumer auf die unterschiedlichen Anforderungen in den verschiedenen Branchen einstellen? Und welche Rolle spielt konkret die Lebensmittelindustrie?
P. Schmidt: Als Komplett- bzw. Systemanbieter für Intralogistik-Anwendungen mit einem intelligent diversifizierten Produktprogramm sind wir zwischenzeitlich in einer Vielzahl von Industriezweigen vertreten, darunter in der chemischen, pharmazeutischen, der Automobil-, Mining-, Baustoff-, Logistik- und natürlich auch der Lebensmittelindustrie. Unsere Anlagen und Systeme sind dabei grundsätzlich so konzipiert, dass sie sich nicht nur auf die jeweiligen Spezifika der verschiedenen Industriezweige sondern auch projektspezifisch bzw. kundenindividuell auf die jeweiligen Anforderungen anpassen lassen. Und wenn sie dabei doch an ihre Grenzen stoßen sollten, entwickeln wir sie entsprechend weiter. Der Umsatzanteil in der Lebensmittelbranche im Geschäftsbereich Palettier- und Verpackungstechnik bei Beumer beträgt derzeit rund 10% mit steigender Tendenz. Insgesamt sehen wir hier – insbesondere in den klassischen Wachstumsmärkten – ein großes Potenzial.
Was ist das Besondere an der Lebensmittelindustrie als Absatzbranche und in welchen der Lebensmittel-Subbranchen sind die Lösungen von Beumer im Einsatz?
P. Schmidt: An Verpackungen für die Lebensmittelbranche steigen die Anforderungen stetig. Zum einen verschärfen sich über den Handel der Margen- und der Preisdruck und zum anderen werden immer hochwertigere Verpackungen gefordert. Denn diese sind ein Schlüssel, um Lebensmittelverluste und -verschwendung zu bekämpfen. Integriert werden bspw. wirksamere Barrieren, keimtötende Folien und Frischeindikatoren. Diese sollen die Produkte länger haltbar machen und die Wegwerf-Mentalität der Verbraucher stoppen. Gleichzeitig soll im Sinne einer nachhaltigen Ressourcenschonung der Materialeinsatz bei Verpackungen reduziert werden. Bei allen Verbesserungen müssen Lebensmittelhersteller dabei eine sichere Produktion der Lebensmittel ebenso gewährleisten wie effiziente und damit kostengünstige Prozesse. Der höhere Aufwand für die sogenannten smarten Verpackungen muss durch Einsparungen an anderer Stelle der Wertschöpfungskette kompensiert werden. Damit sind wir als Hersteller von Abfüll-. Palettier- und Verpackungstechnik gefordert, die Effizienz der Linien durch stärkere Automation und optimierte Prozesse zu erhöhen. Unsere Lösungen sind z. B. bei Herstellern von Kakao, Milchpulver, Zucker, Getränken oder Lebensmittelzusatzstoffen im Einsatz.
Sind die Anforderungen in der Palettier- und Verpackungstechnik grundsätzlich gestiegen?
P. Schmidt: Der Wettbewerb wird international immer stärker. Ich sehe darin aber eine positive Entwicklung. Denn dieser Druck hält uns wach – und innovativ. Wir stellen fest, dass die Produktentwicklungszyklen immer kürzer werden. Wurden Maschinen, Anlagen oder Systeme neu entwickelt, müssen sie sehr schnell auf den Markt. Nur so können wir unseren Vorsprung halten. Die Anwender stellen immer höhere Anforderungen an die Maschinenverfügbarkeit und damit an den Kundenservice. Denn Störungen und Maschinenstillstände sind kostenintensiv. Diese lassen sich zwar bereits im Vorfeld durch hochwertige Anlagen vermindern, doch Wartung und Service sind trotzdem erforderlich. Wir haben deshalb mit unserem Customer Support weltweit Fachleute an Bord, die sich bei den Anwendern genau darum kümmern und für eine hohe Anlagenverfügbarkeit sorgen. Dabei bieten wir vom Teleservice über turnusmäßige Wartungs- und Inspektionsarbeiten bis hin zum Residential Service, bei dem wir mit eigenem Personal beim Kunden eine vertraglich vereinbarte Verfügbarkeit sicherstellen, das komplette Spektrum an Dienstleistungen.
Die Servicekonzepte werden jeweils individuell mit den Kunden entwickelt und auf dessen Anforderungen angepasst. Und damit intralogistische Prozesse stets reibungslos ablaufen und ein wertschöpfender Materialfluss sichergestellt ist, übernehmen unsere Mitarbeiter auch die Modernisierung der Anlagen und Systeme. Damit können die Anwender künftigen Leistungs- und Technologieanforderungen stets gerecht werden. Ein weiteres zentrales Thema ist Nachhaltigkeit. Unser Anspruch ist es, Produktleistung und Verantwortung für Mensch und Umwelt miteinander zu verknüpfen und damit einen neuen Qualitätsstandard zu setzen. Denn für die Anwender werden Fragen nach den Betriebskosten, dem Energie- und dem Rohstoffverbrauch, aber auch nach den Arbeitsbedingungen immer wichtiger, um langfristig erfolgreich zu sein. Wir bewerten deshalb alle unsere Produkte mit einem Validierungssystem, dem Beumer Sustainability Index (BSI) ganzheitlich auf den drei Ebenen Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung. Wenn wir eine Anlage oder ein System als optimierungsfähig klassifizieren, unterziehen wir es einem Reengineering-Prozess. Ein weiterer Trend, den wir erkennen: Die Anwender wollen immer weniger Ansprechpartner und Schnittstellen. Gefragt sind Systeme und Komplettanbieter.
Auf der interpack 2014 präsentierte sich Beumer das erste Mal als Komplettanbieter. Was hat sich damit für Sie verändert und welche Herausforderungen kommen auf Sie zu?
P. Schmidt: Unsere Kunden tragen verstärkt den Wunsch an uns heran, „alles aus einer Hand“ beziehen zu wollen. Denn somit können sie Schnittstellen vermeiden beziehungsweise minimieren und nach Möglichkeit haben sie nur einen Ansprechpartner. Dies bedeutet für uns eine Ergänzung des Produktportfolios entlang der Wertschöpfungskette. Als Innovationsführer setzt Beumer hierbei mit einem eigenen F&E-Zentrum am Stammsitz in Beckum klare Akzente. Parallel dazu wurde das Portfolio in jüngerer Vergangenheit durch gezielte Akquisen im Bereich der Absacktechnik ergänzt. Entstanden ist die Produktfamilie Fillpac, die sich vor allem durch ihre Wägeelektronik auszeichnet. Diese stellt sicher, dass die Anlage immer exakte Füllungsgrade erzielt. Der Anwender kann damit seine Verpackungslinie optimieren, weil keine fehlgewichtigen Säcke aus dem Prozess ausgeschleust werden müssen. Durch diese gesunde Mischung aus Zukäufen und Eigenentwicklung waren wir in vergleichsweise kurzer Zeit in der Lage, uns als Komplettanbieter aufstellen zu können. Dazu zählt nicht nur die intelligente Verknüpfung der einzelnen Maschinen, sondern auch deren Integration in bestehende Prozessleit- oder Warenwirtschaftssysteme.
Als System-Provider sind wir auch in der Lage, aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Steuerungs- und Automatisierungstechnik komplexe intralogistische Aufgabenstellungen umzusetzen und in Eigenregie zu projektieren. Dazu gehören beispielsweise auch Lagerverwaltungs- sowie Stapler- und Lkw-Leitsysteme. Bei aller Euphorie für dieses Systemgeschäft bildet das Produktgeschäft weiter ein festes Standbein. Deswegen werden alle Produktlinien kontinuierlich weiterentwickelt. Beispielsweise haben wir unsere Hochleistungs-Verpackungsanlage Beumer Stretch Hood von Grund auf neu konzipiert. Bei der Entwicklung haben wir verschiedene Komponenten analysiert und diese auf ihre Funktion, Anordnung und Ergonomie optimiert. Dazu zählen unter anderem die verbesserte Menüführung der Maschinensteuerung, ein optimierter, ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz für den Bediener sowie ein innovativer materialschonender Folientransport. Der Kundennutzen liegt dabei in dem geringeren Platzbedarf der Maschine, den reduzierten Verbrauchswerten, der einfacheren Bedienung und Wartung sowie der höheren Ausbringleistung.
Was zeichnet für Sie eine gute Geschäftsbeziehung mit den Kunden aus?
P. Schmidt: Wir wollen nicht einfach nur Lieferant, sondern Partner sein. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Das bekommen Sie nicht von heute auf morgen. Das ist mit sehr viel Arbeit verbunden. Ich würde es so formulieren: „Sage, was du tust, und tue, was du sagst“. Darauf beruhen langfristige Beziehungen – nicht nur im Geschäftsleben. Und genau wie bei einer guten Freundschaft wollen diese nicht nur aufgebaut, sondern auch gepflegt werden. Das geht – auch oder vielleicht insbesondere in Zeiten von E-Commerce & Co. – nur über den persönlichen Kontakt. Und den gewährleisten wir weltweit mit unseren Mitarbeitern vor Ort, die ihr Ohr ständig am Markt beziehungsweise am Kunden haben.
Herr Schmidt, vielen Dank für das interessante Gespräch.