Die Interpack 2017 zeigt die Trends der modernen Lebensmittel- und Getränkeverpackung
Moderne Verpackungen – sie denken mit, erinnern uns, machen Lebensmittel haltbarer, man kann sie auf Knopfdruck erwärmen, sie beeinflussen unsere Sinne mit Aussehen, Geruch und Haptik und manchmal können sie sogar sprechen.
Moderne Verpackungen – sie denken mit, erinnern uns, machen Lebensmittel haltbarer, man kann sie auf Knopfdruck erwärmen, sie beeinflussen unsere Sinne mit Aussehen, Geruch und Haptik und manchmal können sie sogar sprechen. Was Verpackungen im Lebensmittelsektor heutzutage leisten, geht weit über die ursprüngliche Funktion des Schutzes der Nahrungsmittel hinaus.
Verpackungen müssen zahlreichen Ansprüchen zugleich gerecht werden: Marketing- und Vertriebswünschen, gesetzlichen Vorschriften zu Sicherheit und Hygiene, Verbraucheranforderungen wie Nachhaltigkeit oder leichterem Handling bei gleichzeitig niedrigen Kosten für Produktion, Transport und Lagerung. Dank modernster Maschinen mit hoch automatisierter, sensor- und mikroprozessgesteuerter Antriebstechnik, innovativen Materialien, die nachhaltig hergestellt und entsorgt werden können, ist es der Verpackungsindustrie gelungen, aus einer 6.000 Jahre alten Idee ein modernes Hightech-Produkt zu machen.
Schutz durch Verpackung
Und doch ist und bleibt es Hauptzweck jeder Verpackung, den Inhalt während Transport und Lagerung zu schützen. Verpackungen verhindern Verschmutzungen oder Beschädigungen und bewahren Nahrungsmittel vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Licht, Sauerstoff oder Feuchtigkeit. Sie schützen vor Verderb durch Mikroorganismen und verhindern Aroma- und Vitaminverluste.
Bis zu 1,3 Mrd. t Lebensmittel gehen laut der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) weltweit verloren. Teils verderben die frischen Waren während des Transports, werden nicht rechtzeitig konsumiert oder gelten als unverkäuflich, weil sie vorgegebenen Standards nicht entsprechen. Und oft genug kommt es vor, dass noch genießbare Nahrungsmittel vom Verbraucher entsorgt werden, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde.
Dieser Gesamtproblematik angenommen hat sich vor mittlerweile über sechs Jahren die Initiative Save Food von FAO, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP und der Messe Düsseldorf in Kooperation mit weltweit führenden Unternehmen, Organisationen und Forschungsinstituten. Ihr gemeinsames Ziel: Lösungen zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung entlang der gesamten Wertschöpfungskette schaffen. Dafür muss geeignete Infrastruktur zur Verfügung stehen, Normen und Standards für Verpackungen hinterfragt und angepasst, Aufklärung betrieben werden und nicht zuletzt an der Verpackung selbst gearbeitet werden.
Bereits zum dritten Mal in Folge erhält die Initiative mit dem international besetzten Save Food Kongress zum Auftakt der interpack vom 4. bis 10. Mai 2017 in Düsseldorf eine geeignete Plattform und bringt unterschiedliche Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung zusammen. Innerhalb der Messe läuft zum zweiten Mal die Save Food Sonderausstellung im Innovationparc, der sich seit 2008 bei jeder interpack einem ausgewählten Branchenthema dezidiert annimmt.
Hygiene
Vor allem bei der Lebensmittelverpackung ist Hygiene oberstes Gebot; insbesondere bei sensiblen Fleisch- und Wurstprodukten gelten höchste Hygieneanforderungen. Komplette Hochleistungslinien inklusive Fleischwolf, Portionierer und Schalenversiegelungsanlage legen das Augenmerk aber nicht nur auf Leistung, Flexibilität und Produktqualität, sondern insbesondere auf die Schnittstellen. Denn sie haben größten Einfluss auf die Produktivität.
Die Verantwortung für sichere Lebensmittel liegt beim Unternehmen selbst. Hygiene-Eigenkontrollen sind geboten, noch wichtiger jedoch ist es, mögliche Hygienefallen von Anfang an auszuschließen. Beginnend beim grundlegenden Hygienic Design über mühelos zu reinigende Komponenten bis zur Sterilisierung der Umgebungsluft durch kurzwellige UV-Strahlung bieten hochmoderne Anlagen höchste Hygienestandards.
Vor allem im SB-Bereich hat in den letzten Jahren die Skin-Verpackung, eine aus zwei Komponenten bestehende SB-Verpackung mit Schale aus PP oder CPET und versiegelter Skinfolie, an Bedeutung gewonnen. „Die Haltbarkeit von Produkten lässt sich durch Vakuum-Skin-Verpackungen deutlich verlängern“, erklärt Stefan Dangel, Sales und Marketing Manager bei Sealpac.
Die intelligente Verpackung
Die Innovationskraft der Verpackungsindustrie ist enorm. Wer sich mit modernsten Verpackungstechnologien auseinandersetzt, kommt an Nanotechnologie, Printed oder Organic Electronics nicht vorbei. Intelligente und smarte Hüllen, die den Frischegrad von Lebensmitteln erkennen und gezielt beeinflussen können, sind längst weit mehr als eine Utopie.
Aktive Verpackungen regeln das Feuchtigkeitsniveau, verhindern Keimbildung oder töten diese sogar gezielt ab – z. B. durch sogenannte Absorber. Eisen sorgt bei sauerstoffempfindlichen Getränken wie Bier oder Säften für längere Frische. Kochsalz in der Verpackung hemmt Kondenswasser-Bildung und lässt beispielsweise Champignons, die sich in der Regel schon nach kurzer Zeit farblich verändern, länger gut aussehen. "Die Idee war es, eine Verpackung zu entwickeln, die Feuchtigkeit aufnehmen und regulieren kann", erklärt Frau Dr. Cornelia Stramm vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV Freising den Ansatz des Forschungsvorhabens.
Erkennbar frisch
Ob Lebensmittel noch genießbar sind, können bei modernen Verpackungen spezielle Sensoren sichtbar machen. Sie reagieren, wenn bestimmte Stoffe oder Gase abgesondert werden, und zeigen dies per Farb- oder Fluoreszenzwechsel an. So wird auf den ersten Blick erkennbar, in welchem Zustand sich die Nahrungsmittel befinden. Einer der häufigsten Gründe für Lebensmittelverderb ist die Unterbrechung der Kühlkette. Mithilfe intelligenter Zeit-Temperatur-Indikatoren können diese angezeigt werden, meist als Farbveränderung.
Nachhaltigkeit als Grunddisziplin
Die Ansprüche der Verbraucher an Lebensmittelverpackungen sind hoch. Nicht nur Sicherheit und Hygiene, sondern auch Nachhaltigkeit gehört zu den Forderungen an die Verpackungsbranche. In erster Linie verbinden die Konsumenten mit Nachhaltigkeit die Themen Recycling und Entsorgung. Der Ausbau von Pfand- und Recyclingsystemen sowie nicht zuletzt klare Vorgaben haben dazu geführt, dass die Wiederverwertung von Verpackungen in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Vor allem in Europa wird vermehrt recycelt; bis 2020 sollen alle EU-Staaten die Hälfte ihres Müllaufkommens verwerten.
Darüber hinaus spielen bei der Beurteilung von nachhaltigen Verpackungen auch das verwendete Material und dessen eingesetzte Menge sowie die Verpackungsgröße im Vergleich zum Inhalt wesentliche Rollen. Klarer Trend der Branche: Die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen. Diese werden mit dem Ziel einer verbesserten CO2-Bilanz an Stelle von konventionellen Materialien eingesetzt und häufig als besonders nachhaltig kommuniziert. Untersuchungen zeigen jedoch, dass auch eben jene konventionellen Materialien wie beispielsweise klassische Kunststoffe bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Produkts Umweltvorteile mit sich bringen können – etwa durch effiziente Recyclingsysteme. Letztlich erfordert die Beurteilung der nachhaltigsten Lösung eine ganzheitliche Betrachtung eines jeden Anwendungsfalles unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Faktoren für alle Stadien der Wertschöpfungskette.
Verpackt 4.0
Neben der Erwartungshaltung der Verbraucher sieht sich die Verpackungsindustrie auch erhöhten Ansprüchen ihrer Kundschaft ausgesetzt. Auf Wünsche nach mehr Flexibilität und Effizienz reagiert die Branche u. a. mit einer intelligenten und vernetzten Fabrik, in der klassischer Maschinenbau mit Sensoren, Software und Services effizient verknüpft wird.
Industrie 4.0 ist längst zum Standard in der Lebensmittelindustrie geworden und ist eng mit der Komponentenindustrie verknüpft, die als Wegbereiter für den technologischen Fortschritt betrachtet werden kann. In der Sonderschau „components – special trade fair by interpack“ werden neben hochmoderner Antriebs-, Steuer- und Sensortechnik auch Produkte zur industriellen Bildverarbeitung, Handhabungstechnik, industrielle Software und Kommunikation sowie komplette Automatisierungssysteme für Verpackungsmaschinen vorgestellt.
Moderne Anlagen sind in der Lage, nicht nur eigenständig Informationen zu Prozess- und Systemzuständen zu liefern, sondern untereinander zu kommunizieren und Prozessabläufe selbstständig zu korrigieren, wo es notwendig ist. „Intelligente Produkte steuern dann individuell den eigenen Produktionsprozess. Mehr noch: Durch die Kommunikation über die Wertschöpfungskette hinweg wird der Lebenszyklus eines Produktes lückenlos nachvollziehbar. Völlig neue Geschäftsmodelle sind möglich“, erläutert Hartmut Rauen, Stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer.
Ein Vorreiter bei der Nutzung solch fortschrittlicher Technologien ist Bosch Packaging Technology, die plant, ab der Interpack im Mai 2017 alle neuen Prozess- und Verpackungsmaschinen mit dem sogenannten Human Machine Interface der nächsten Generation – HMI 4.0, auszustatten. Neu ist u. a. die geführte intuitive Bedienung per Multi-Touch-Technologie – ähnlich wie bei Smartphones oder Tablets. Das System meldet Fehlfunktionen umgehend und gibt zusätzlich Information zur möglichen Ursache und Hilfestellung zur Fehlerbehebung an die Hand. „Dies ist eine revolutionäre Neuerung“, so Stefan König, Mitglied des Bereichsvorstands bei Bosch Packaging Technology.
Verpackungen sind unverzichtbar für moderne Gesellschaften. Dies gilt ganz besonders für Lebensmittel und wird vor allem dort deutlich, wo sie fehlen – in sich entwickelnden Ländern. Oft verderben Nahrungsmittel u. a. durch mangelhafte oder fehlende Verpackung für Transport und Lagerung, bevor sie den Konsumenten erreichen. In den Industrienationen wiederum muss eine Verpackung nicht nur gut schützen, sie muss zudem gut aussehen. Und sie muss sich durchsetzen in den überfüllten Regalen der Supermärkte, denn die Mehrzahl der Kundschaft entscheidet erst beim Einkauf, welches Produkt tatsächlich im Warenkorb landet.