22.04.2021 • PraxisberichteBernd ReichertBussystemCPT-2x

Füllstandskontrolle mittels Differenzdruckmessung

Die Füllstandskontrolle mittels Differenzdruckmessung hat eine neue Qualität bekommen: ein System mit zwei Prozesstransmittern in einer Primär- und Sekundär-Anordnung. Im Vergleich zu einer konventionellen Messlösung wird bei dieser Variante die Installation vereinfacht, der Temperaturfehler minimiert und eine höhere Genauigkeit ermöglicht. Für die Überwachung von Füllständen hält der Markt eine breite Auswahl an Messmethoden bereit. Bei Applikationen mit geschlossenen Tanks oder vergleichbaren Behältern wird das Niveau des Inhalts vielfach über einen Differenzdrucktransmitter ermittelt.

Diese Methode hat sich bewährt. Sie ist häufig einsetzbar, vor allem dort, wo ein Messgerät, z. B. wegen eines Mahlwerks oder eines aggressiven Mediums im Behälterinneren nicht in Frage kommt.

Zur Erfassung des Füllstands wird der Differenzdruck zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase im Behälter ermittelt. Für die genaue Berechnung des Inhaltes müssen neben dem hydrostatischen Druck noch die Tankgeometrie (liegender oder stehender Behälter, verschiedene Deckel und Böden) sowie die spezifische Dichte des Messstoffs in die Kalkulation einbezogen werden.

Differenzdrucktransmitter verfügen über zwei nebeneinander angeordnete 1/4NPT- Prozessanschlüsse gemäß IEC61518. Diese Konstruktion entspricht der genuinen Aufgabe solcher Messgeräte, einen Druckabfall z. B. in Leitungen, an Filtern oder Pumpen festzustellen. Bei einer Füllstandsmessung hingegen ist die Distanz zwischen den Messpunkten für die Drücke P1 und P2 deutlich größer. Sie muss daher mit Hilfe von Kapillarleitungen überbrückt werden. Deren Volumen ist aus Gründen einer störungsfreien Druckübertragung limitiert. Messlösungen mit einer derartigen Verbindung zu den Messpunkten sind anfällig für Temperatureinflüsse, die sich auf das Messergebnis auswirken. Starke Temperaturschwankungen können das Resultat sogar verfälschen.

Bei Applikationen, die eine höhere Genauigkeit erfordern, stößt diese Messmethode rasch an ihre Grenzen. Inzwischen aber lassen sich die negativen Auswirkungen der konventionellen Messung durch eine Alternativlösung minimieren, durch eine Füllstandskontrolle per elektronischer Differenzdruckmessung. Das von Wika entwickelte Messsystem basiert auf zwei einzelnen Prozesstransmittern, z. B. den Typen CPT-2x oder IPT-2x mit Genauigkeiten bis zu 0,05 % der eingestellten Spanne, in unterschiedlicher Konfiguration. Die beiden Geräte arbeiten als Primär- und Sekundär-Messer und sind über ein Signalkabel rein elektrisch und damit störunanfällig miteinander verbunden. Sie kommunizieren über einen internen Bus.

Das Sekundär-Messgerät wird über das Primär-Messgerät mit Strom versorgt und über die Schnittstellen bzw. über das Display am Primär-Messgerät parametriert. Es misst den Druck P1, z. B. den Gasdruck in einem geschlossenen Tank, und überträgt ihn an das Primär-Messgerät. Dieses erfasst den Druck P2, im Beispielfall also den Druck in der Flüssigkeitssäule am Tankboden. Aus P1 und P2 berechnet das Primär-Messgerät den Differenzdruck. Damit und unter Einbeziehung anderer notwendiger Prozessparameter wie Tankform und Dichte des Mediums bestimmt das Primär-Messgerät das Volumen im Tank als Angabe für das Niveau. Dieser Wert kann wahlweise als Anlog- oder Digitalsignal an die Leitwarte und/oder an das Anzeigendisplay des primären Messgeräts ausgegeben werden.

Praxisvorteile
Der Vorteil einer solchen Lösung besteht nicht allein in der Minimierung des Temperatureinflusses und der höheren Genauigkeit. Die elektronische Differenzdruckmessung kann zudem schneller in Betrieb genommen werden. Dem Einsatz einer Messanordnung mit Differenzdrucktransmitter hingegen muss ein Testlauf vorgeschaltet werden, um die reibungslose Funktion der Kapillarleitungen sicherzustellen, z. B. durch das Eliminieren von Lufteinschlüssen in den Impuls- bzw. Druckleitungen.

Auch der Austausch der Messgeräte ist bei der elektronischen Differenzdruckmessung weitaus weniger kompliziert. Hinzu kommt die Möglichkeit, bei Fehlfunktion nur eines der beiden Geräte auszuwechseln, während das andere mit dem Tauschgerät (Primär- und Sekundär-Messgerät) weiterbetrieben werden kann. Bei der Differenzdruckmessung mit Kapillaren ist im Fall eines Defekts immer ein Totaltausch notwendig, selbst wenn nur die Druckleitung an einer Stelle geknickt wurde.

Theoretisch ließe sich die hier beschriebene elektronische Differenzdruckmessung auch mit zwei Druckmessumformern verwirklichen. In diesem Fall müsste aber noch eine dritte Komponente mit der notwendigen Berechnungseinheit, einer zusätzlichen Spannungsquelle und zwei Druckeingängen in der Messanordnung verbaut werden. In Prozesstransmittern sind die notwendigen elektronischen Bausteine für die Informationsverwertung und die Berechnung des Differenzdrucks bereits integriert.

Zahlreichen Füllstandapplikationen kommt ein zusätzliches Feature der Prozesstransmitter zugute: der Turn Down, also die Möglichkeit, eine bestimmte Messspanne individuell einzustellen. Das bedeutet übertragen auf die Füllstandsmessung, dass ein Tankbetreiber den Messbereich des Transmitters auf die Spanne skaliert, die für den Prozess tatsächlich relevant ist. In dieser Spanne wird das Messsignal, z. B. 4…20 mA, optimal ausgenutzt.
Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass die Messgenauigkeit ab einer bestimmten Grenze proportional zum Turn Down abnimmt. Bei einem Turn Down bis 5:1 gibt es allerdings keine Einschränkung. Wenn also die eingestellte Spanne 200 mbar (= 2 m Wassersäule) abdeckt, kann das Messgerät mit 0 … 1 bar ohne Veränderung der Genauigkeit von z. B. 0,1 % eingesetzt werden: Bei 200 mbar läge die Messunsicherheit bei lediglich 0,2 mbar oder 2 mm.

Anwendungen
Die Eigenschaften der elektronischen Differenzdruckmessung ermöglichen eine hohe Einsatzflexibilität. Neben der tatsächlichen Niveau­erfassung kommt diese Methode vor allem für Applikationen mit unterschiedlichen Medien in Frage, z. B. in der Fruchtsaftproduktion, bei der das Mischungsverhältnis von Konzentrat und Wasser über die Veränderung der Dichte und damit des Drucks ermittelt werden kann. Der sich aus den im Tank auftretenden Messstoffdichten ergebende Differenzdruck signalisiert, wann der Wasserstand die definierte Obergrenze erreicht.

Angesichts der messtechnischen Eigenschaften liegt der Gedanke nahe, eine Primär- und Sekundär-Messanordnung auch für die Differenzdruck-basierte Durchflussmessung zu verwenden, z. B. bei Filtern oder Steckblenden in Rohrleitungen. Während in Tanks statische Druckverhältnisse herrschen, treten in Rohrleitungen vergleichsweise hohe Prozessdrücke auf. Die für diese Art der Messung entscheidenden Druckunterschiede bewegen sich jedoch eher im mbar-Bereich. Die Transmitter müssten also in dem Fall, bezogen auf die relevanten Messungen, mit einem viel zu großen Messbereich ausgelegt werden, um den statischen Druck erfassen und zur Verrechnung heranziehen zu können. Von einer genauen Messung kann dann nicht mehr gesprochen werden.
Für die Durchflussmessung empfiehlt sich daher der klassische Differenzdrucktransmitter. Er ermittelt den Differenzdruck über den Druckabfall im mbar-Bereich während der statische Druck problemlos mehr als 150 bar betragen kann.

Fazit
Das Differenzdruck-Messsystem mit zwei Prozess­transmittern in einer Primär-/Sekundär-Beziehung erweitert die Möglichkeiten zur Füllstandskon­trolle in geschlossenen Tanks und in Behältern mit gemischten Medien um eine Variante, die äußerst flexibel einsetzbar ist. Sie kommt v. a. für Applikationen mit höheren Genauigkeitsanforderungen in Frage, bei denen Temperatureinflüsse möglichst zu vermeiden sind.

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