Katalysatoren für nachhaltige Flugzeugtreibstoffe

Gefördert durch Wirtschaft und Politik arbeiten sieben deutsche und südafrikanische Partner nun gemeinsam an der Weiterentwicklung von Fischer-Tropsch-Katalysatoren für die effiziente und nachhaltige Produktion von grünen Flugzeugtreibstoffen. Das Projekt Care-O-Sene (Catalyst Research for Sustainable Kerosene) ist auf drei Jahre angelegt und hat die massentaugliche Kommerzialisierung grüner Kerosinprodukte ab 2025 zum Ziel.

© Shutterstock/ badahos
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Globale Klimaschutzbemühungen und regulatorische Vorgaben – unter anderem vorgegebene Beimischungsquoten der EU – treiben die Nachfrage nach nachhaltigem Kerosin. Hier soll Care-O-Sene einen entscheidenden Beitrag in der Entwicklung nachhaltiger Flugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) leisten. Zu den Partnern des Vorhabens gehören Sasol South Africa und Sasol Germany, das Helmholtz-Zentrum Berlin, das Fraunhofer IKTS, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Department of Chemical Engineering der University of Cape Town und Ineratec.

Knappe Güter optimal nutzen

Mit allein 2,14 Mio. t CO2-Ausstoß für innerdeutsche Flüge (2019)  ist der Flugsektor einer der großen Treibhausgasverursacher. Gleichzeitig wird die Luftfahrt auch langfristig auf Kerosin als Energiequelle angewiesen sein. Darum kommt den Sustainable Aviation Fuels (SAF) als Alternative eine besondere Bedeutung zu: Sie gelten als zukunftsweisend für die nachhaltige und dekarbonisierte Luftfahrt. SAF kann man auf unterschiedlichen Wegen herstellen, wobei derzeit primär natürlich basierte SAF eingesetzt werden – sogenannte HEFA (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids) – die aber u. a. wegen der Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion in begrenztem Maße zur Verfügung stehen. Alternative synthetische SAF basieren nicht auf fossilen Brennstoffen, sondern etwa auf regenerativ erzeugtem Strom und Kohlendioxid. Dreh- und Angelpunkt der Care-O-Sene Forschung  soll entsprechend sein, Katalysatoren zu entwickeln und zu optimieren, die für die Herstellung von SAF benötigt werden.

Zurzeit können synthetische SAF die weltweite Kerosinnachfrage noch nicht ausreichend decken. Gründe dafür sind etwa die Verfügbarkeit von grünem Strom und Wasserstoff, passende Marktbedingungen und entsprechende Anlagen für die Herstellung im industriellen Maßstab. Da grüner Strom und Wasserstoff absehbar verhältnismäßig knappe Güter sein werden, ist eine möglichst ertragreiche Nutzung dieser Rohstoffe unabdingbar. Care-O-Sene hat daher den Anspruch, die Prozessausbeute des Fischer-Tropsch (FT) Schrittes dank neuer Katalysatoren von 50 bis 70 % auf bis über 80 % zu erhöhen und so bei gleichem Ressourcen­einsatz deutlich mehr nachhaltigen Kraftstoff zu deutlich geringeren Kosten produzieren zu können. So können trotz hohem Transportbedarf die Klimaauswirkungen der Luftfahrt maßgeblich reduziert und Klimaschutzziele eingehalten werden.

Bekannte Katalysatoren optimieren und neue Potenziale ergründen

Der Power‐to-Liquids (PtL)‐Ansatz, der Energie in flüssige Energieträger umwandelt, macht nachhaltige Flugzeugtreibstoffe zugänglich. Eine der dafür genutzten Technologien ist die Fischer‐Tropsch‐Synthese, bei der Fischer-Tropsch-Katalysatoren zum Einsatz kommen. Im ersten Schritt werden hierfür Wasser und Strom aus regenerativen Quellen verwendet, um daraus grünen Wasserstoff herzustellen. In einem weiteren Schritt erfolgt dann die FT-Synthese, die den zuvor gewonnenen grünen Wasserstoff mit Kohlenmonoxid – welches aus Kohlendioxid aus unterschiedlichen Quellen (z.B. aus industriellen (nicht vermeidbarer Kohlendioxid) oder biogenen Prozessen oder Luftseparation) gewonnen wurde – zu Kohlenwasserstoff umwandelt. Dieser dient dann als Grundlage für nachhaltige, synthetische Kraftstoffe.

Ein wichtiges Teilziel des Vorhabens liegt in der Optimierung bestehender Katalysatoren, die schon jetzt für die Produktion von SAF verwendet werden. Im Vergleich zum derzeitigen Stand der Technik, sollen die weiterentwickelten Katalysatoren erhebliche Verbesserungen bei der Kerosinausbeute zeigen. Zum einen würden SAF ökologisch und wirtschaftlich attraktiver werden, da dadurch die Energieausbeute des eingesetzten grünen Stroms deutlich erhöht wird, zum anderen würde die Menge des benötigten Katalysators und dadurch auch die der verwendeten Metalle – einschließlich Metalle der Seltenen Erden – reduziert werden.

Zudem wollen die Care-O-Sene-Partner an der Entwicklung von neuartigen Dünnschicht-Katalysatoren forschen. Bei einem Dünnschicht-Katalysator werden auf einem beliebig geformten Substrat katalytisch aktive Materialien in äußerst dünnen Schichten aufgetragen. Dies erlaubt das Design neuartiger, optimierter Reaktoren. Das Potenzial von Dünnschicht-Katalysatoren für die FT-Synthese ist bislang weitgehend unbekannt und unerforscht. Es ist daher auch ein Ziel von Care-O-Sene den Stand der Technik deutlich voranzutreiben.

 

© Sasol
Neue Dünnschschichtkatalysatoren sollen die Ausbeute der Fischer-Tropsch-Synthese von Kerosin erhöhen und den Bedarf an seltenen Metallen für konventionelle Katalysatoren reduzieren.

Um diese Ziele zu erreichen, sind fünf Arbeitspakete vorgesehen:

  • Paket 1: Im ersten Paket sollen Synthesemethoden für FT-Katalysatoren weiterent­wickelt, diese Katalysatoren im Labormaßstab hergestellt und (u.a. mittels Mikroreaktorversuchen) getestet werden. Parallel ist die Forschung am Potenzial von Dünnschicht-Katalysatoren geplant. Insofern die grundlegenden Studien vielversprechend sind, können diese Katalysatoren den Stand der Technik hinsichtlich Trägermaterial, Herstellungszeitraum und Energiebedarf neu definieren.
  • Paket 2: Das zweite Paket beabsichtigt die strukturelle Charakterisierung von Katalysator-Materialien, um so die Katalysatorentwicklung und -testung in den Paketen 1
  • und 3 zu unterstützen.
  • Paket 3: Das dritte Arbeitspaket zielt auf die Herstellung größerer Mengen geeigneter Katalysator-Kandidaten, wobei dabei auch erste Produktionserfahrungen gewonnen werden sollen. Mit diesem Material sollen dann Tests in größerem Maßstab (Pilotierung) durchgeführt werden.
  • Paket 4: Im vierten Schritt ist die Wirkungsanalyse geplant. Neben einer Life-Cycle-­Analyse der neuen Katalysatoren, soll hier der Fokus auf dem Verständnis des Gesamtnutzens, den der verbesserte Katalysator auf die Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen haben könnte, liegen.
  • Paket 5: Das fünfte Arbeitspaket sieht schließlich die projektinterne Abstimmung und externe Kommunikation sowie den internationalen Austausch zwischen Süd­afrika und Deutschland vor.

Globale Zusammenarbeit für nachhaltige Luftfahrt

Bei jedem dieser Paketschritte plant Care-O-Sene, Kompetenzen zu bündeln und verschiedene deutsche und südafrikanische Unternehmen und Institute an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam daran zu arbeiten, fossile Brennstoffe in Sektoren wie der Luftfahrt vollständig zu ersetzen. Neue, langfristige, strategische Kooperationspartnerschaften sollen aufgebaut werden, die auch zukünftig eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Projekten im Bereich der Nutzung von grünem Wasserstoff spielen können. Deutschland ist gut positioniert, um im Rahmen von strategischen Allianzen eine führende Rolle bei der Herstellung und Verwendung von SAF und bei der Transformation der Luftfahrt einzunehmen. Durch Care-O-Sene kann dabei erstmalig im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie ein weltweites Problem in einer internationalen Zusammenarbeit angegangen werden.

Autor: Dirk Schär, Sasol Germany

Dirk Schär, Lead Technical Marketing Catalyst, Sasol Germany
Dirk Schär, Lead Technical Marketing Catalyst, Sasol Germany

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