Mehr Ressourceneffizienz durch biotechnologische Verfahren in der stoffumwandelnden Industrie

Das VDI Zentrum Ressourceneffizienz stellt Unternehmen kostenlose Instrumente für die Entwicklung und Optimierung eines eigenen biotechnologischen Verfahrens zur Verfügung.

© Fotolia: Zauberhut
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Der Einsatz biotechnologischer Verfahren in der stoffumwandelnden industriellen Produktion von Gütern führt zur Einsparung von Ressourcen aufgrund von effizienteren Produk­tionsweisen. Darüber hinaus schont der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen natürliche Ressourcen. Verglichen mit konventionellen Verfahren kann ein Produkt durch biotechnologische Verfahren bei milderen Reaktionsbedingungen (z. B. geringere Temperaturen und Drücke) und mit weniger Synthese- und Aufbereitungsschritten hergestellt werden. Gleichzeitig können hohe Raum-Zeit-Ausbeuten erzielt werden. Daraus ergeben sich zu geringere Rohstoffeinsätze, verringerte Energiebedarfe sowie niedrigere Wasserverbräuche. Zudem fallen weniger Nebenprodukte und toxische Substanzen an, welche in der Regel ressourcenintensiv behandelt, aufbereitet und ggf. entsorgt werden müssen. Dies führt oftmals insgesamt zu geringeren Betriebs- und Entsorgungskosten.

Nachwachsende Rohstoffe als Basis
In industriellen biotechnologischen Verfahren werden überwiegend nachwachsende Rohstoffe eingesetzt. Ihre Verwendung in der industriellen Produktion reduziert die Abhängigkeit von endlichen Ressourcen und trägt zum Umweltschutz und zur Reduktion von CO2-Emissionen bei. Denn die bei der energetischen Verwertung am Ende des Produktlebenszyklus freigesetzten CO2-Emmissionsmengen werden bei der Entstehung nachwachsender Rohstoffe zum Teil wieder verbraucht. Bei fossilen Rohstoffen besteht diese Möglichkeit naturgemäß nicht.

Die Verwendung nachwachsender Rohstoffe führt zu biobasierten Produkten, die bei den Verbrauchern aufgrund der positiven ökologischen Aspekte mittlerweile ein gutes Image haben. Früher wurden die Leistungsfähigkeit und die Anwendungsfreundlichkeit mit konventionellen Produkten verglichen und hinterfragt. Auch der zum Teil höhere Preis schreckte die Verbraucher ab. Im Zuge der Klimakrise weicht die Skepsis einem Umdenken und höhere Preise werden vom Verbraucher zunehmend akzeptiert. Dies spiegelt sich auch in dem stetig größer werdenden Marktanteil biobasierter Produkte wider.

Verfahrensentwicklung
Für die Herstellung und Verarbeitung biobasierter Produkte müssen neue biotechnologische Verfahren entwickelt oder bestehende konventionelle Verfahren modifiziert und optimiert werden. Dies ist oftmals nicht trivial und erfordert innovative Ideen und ein hohes technisches und naturwissenschaftliches Niveau in der Verfahrensentwicklung. Darüber hinaus ist der Entwicklungsprozess von wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägt. Diese ergeben sich aufgrund der schwierigen Einschätzung von Realisierbarkeit, Produktivität und Konkurrenzfähigkeit des zu entwickelnden Verfahrens, einer schwer vorhersagbaren Entwicklungszeit sowie einer variierenden Rohstoffbasis.

Um diese Herausforderungen zu meistern, bedarf es Lösungskonzepten wie Miniaturisierung, Automatisierung und Digitalisierung. Bereits heute ist eine beschleunigte Bioprozessentwicklung mittels des Einsatzes von Hochdurchsatzverfahren in Verbindung mit bioinformatischen Algorithmen möglich. Zukünftige Entwicklungen von innovativen Technologien könnten dazu beitragen, die bestehenden Risiken und Herausforderungen in der Verfahrensentwicklung zu überwinden und zu meistern. Dies trägt dazu bei, dass sich die Entwicklung von biotechnologischen Verfahren für Unternehmen lohnend darstellt und sich dementsprechend immer mehr Unternehmen für eine Entwicklung und Umsetzung entscheiden.

Wenn ein Unternehmen die technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen annimmt und den Produktionsprozess auf ein biotechnologisches Herstellungsverfahren umstellt, kann es von den erheblichen wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen profitieren. Bei dem Beispiel einer Vitamin-B2-Produk­tion wurde der Ressourceneinsatz (Material und Energie) bis zu 60 % verringert. Das Abfallaufkommen reduzierte sich bis zu 95 % und die emittierte CO2-Menge sank um bis zu 30 %. Die jährlichen Kosteneinsparungen in der Produktion belaufen sich auf bis zu 40 %.

 

Biotechnologische Herstellung von Ethanol: Ein Separator ermöglicht die...
Biotechnologische Herstellung von Ethanol: Ein Separator ermöglicht die Wiederverwendung der eingesetzten Mikroorganismen (Hefen) © VDI_ZRE

Biokatalysatoren
Um einen ressourceneffizienten und wirtschaftlichen biotechnologischen Produktionsprozess umzusetzen, ist die Identifizierung geeigneter Biokatalysatoren (Enzyme und Mikroorganismen) eine wichtige Voraussetzung. Ausgewählt werden können geeignete Biokatalysatoren mit Hilfe von innovativen Screening- und Analysemethoden. Effiziente Biokatalysatoren weisen eine hohe Katalysatoraktivität und Langzeitstabilität auf – verbunden mit einer geringen Deaktivierungsrate. Zudem zeichnen sich hocheffiziente Katalysatoren durch eine hohe Reaktions- und Bindungsselektivität sowie durch eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit aus.

Bioprozesskontrolle
Online-Sensorsysteme stellen für biotechnologische Produktionsprozesse ein zentrales Element der Bioprozesskontrolle dar. Sie tragen entscheidend dazu bei, dass ein Bioprozess ressourceneffizient und mit minimaler Anzahl an Fehlchargen das Produktionsziel erreicht. Für eine optimale Bioprozesskontrolle sind biochemische Leitgrößen notwendig, bei denen allerdings meist eine direkte Messung nicht möglich ist. Alternativ werden durch indirekte Messmethoden Datenmengen anderer Prozessgrößen ermittelt, aus denen sich anhand intelligenter Auswertungsalgorithmen relevante Informationen über den Prozesszustand gewinnen lassen.

Tendenzen hin zu immer kompakteren Messsystemen (Miniaturisierung) sowie der große Fortschritt in der Lasertechnologie und im Detektordesign haben den Einsatzbereich dieser Analysemethoden stark erweitert. Die oftmals komplizierte Integration der Sensorik wird durch die Kombination mit intelligenter Software erleichtert. Sie stellt die automatische Nachkalibrierung und damit deutlich längere Laufzeiten bereit. Die so entstehenden intelligenten Sensorsysteme sind in der Lage, eine Selbst­überwachung und -diagnose, eine integrierte Datenauswertung mit Logik- und Regelungsfunktionalität oder eine interaktive Vernetzung mit anderen Komponenten im Prozessumfeld durchzuführen.

Fazit
Die Nutzung biotechnologischer Verfahren zur industriellen Herstellung biobasierter Produkte birgt ein hohes Potenzial für Ressourceneffizienz. Die Entwicklung und Umsetzung biotechnologischer Verfahren sind jedoch mit einem gewissen wirtschaftlichen Risiko verbunden. Die ökologischen wie auch ökonomischen Vorteile überwiegen aber in vielen Fällen das unternehmerische Risiko. Es lohnt sich, sich der Herausforderung zu stellen. Als Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung wird die Entwicklung hocheffizienter Biokatalysatoren und leistungsstarker Bioprozesskontrolle angesehen.

 

Dr.-Ing. Katja Saulich, Wissenschaftliche ­Mitarbeiterin, VDI Zentrum...
Dr.-Ing. Katja Saulich, Wissenschaftliche ­Mitarbeiterin, VDI Zentrum Ressourceneffizienz

Anbieter

VDI Zentrum Ressourceneffizienz (VDI ZRE)

Bülowstraße 78
10783 Berlin
Deutschland

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