Mobile Kleinsteuerung sichert Be- und Entladen von Wasserstoffspeichern

© GP Joule

In Bremerhaven verwandelt GP Joule überschüssigen Strom in CO2-neutralen Wasserstoff, der in speziellen Trailern an Wasserstofftankstellen verteilt wird. Eine mobile Kleinsteuerung überwacht das Befüllen und Entleeren der unter hohem Druck stehenden Transportbehälter und gewährleistet höchste Sicherheit. Diese innovative Lösung, entwickelt in Zusammenarbeit mit Pilz, nutzt die sichere Kleinsteuerung PNOZmulti 2, um kritische Parameter wie Druck, Temperatur und Fließgeschwindigkeit zu überwachen und den Prozess im Fehlerfall sofort zu stoppen. Harm Müller von GP Joule betont die Vorteile dieser Lösung für die gesamte Nutzungskette des grünen Wasserstoffs.

Autor: Thomas Braasch, Key Account Manager, Pilz

Eine innovative Kleinsteuerung überwacht das sichere Befüllen und Entleeren von Wasserstoffspeichern und gewährleistet höchste Anlagensicherheit.

Im Mai 2024 verzeichnete Norddeutschland einen signifikanten Überschuss an Strom aus erneuerbaren Energien: Laut Agorameter Review erreichten die erneuerbaren Energien in diesem Monat einen Anteil von 60 % am gesamtdeutschen Strommix, was einen neuen Monatsrekord darstellte. Eine Situation, die sich über das Jahr verteilt immer wiederholt. Doch was tun, wenn Strom im Überfluss vorhanden ist, das Netz jedoch mangels Nachfrage diesen nicht aufnehmen kann?

Wasserstoff als Energiespeicher

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft und hat das Potenzial, zentrale Herausforderungen der künftigen Energieversorgung zu lösen. Das Gas lässt sich vergleichsweise einfach speichern, wodurch saisonale Stromschwankungen ausgeglichen werden können. Im Vergleich zu Batterien besitzt das ungiftige Gas eine hohe spezifische Energiedichte und eröffnet vielseitige Nutzungsmöglichkeiten in zahlreichen Indus­triebranchen und im Bereich Mobilität. Für GP Joule mit Sitz in Reußenköge (Nordfriesland) ist Wasserstoff die „Batterie der Energiewende“ mit bei weitem nicht ausgeschöpftem Entwicklungspotenzial. Das 2009 gegründete Unternehmen sieht sich als integrierter Energieversorger, der nachhaltige und erneuerbare Energielösungen entwickelt und umsetzt.

Im Rahmen des von GP Joule und Greenfuels initiierten Projektes HY. City. Bremerhaven wandelt überschüssigen Strom in einem 2-MW-Elektrolyseur in CO2-neutralen Wasserstoff um und stellt diesen für den Verkehrssektor bereit. Zwei mit jeweils vier Hochdruckbehältersektionen ausgestattete Spezialtrailer werden dort vollautomatisch mit dem leicht entzündlichen Gas befüllt und bis zu 380 bar komprimiert. Der Befüllungsprozess erstreckt sich, je nach Stromaufkommen und Beladungsgeschwindigkeit, über einen unterschiedlich langen Zeitraum. Sowohl das Befüllen wie das Entleeren der unter Hochdruck stehenden Spezialbehälter birgt potenzielle Gefahren. Herstellung, Transport sowie Verarbeitung von Wasserstoff verlangen geeignete Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen.

Befüll- und Entleerungsprozesse sicher überwachen

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Die modulare sichere Kleinsteuerung fährt an Bord der Trailer mit. Die Sicherheitssteuerung erfüllt Anforderungen nach SIL 2 und kann bei Bedarf weitere, applikationsspezifische Sicherheitsfunktionen bis SIL 3 übernehmen.
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Harm Müller ist als Ingenieur bei GP Joule Hydrogen für die funktionale Sicherheit der Anlagen verantwortlich und mit Themen rund um Safety und Security vertraut. Um die gespeicherte Energie vom Ort der Erzeugung zu Tankstellen im Stadtgebiet oder zu industriellen Abnehmern transportieren zu können, hat das Unternehmen spezielle Trailer entwickelt. Der sogenannte HY. Runner ist eine smarte Trailersteuerung für den Wasserstofftransport mit einem mobilen Speichersystem. Damit einher gingen grundlegende Sicherheitsabwägungen sowie eine detaillierte Gefahrenanalyse.

Um Gefährdungen für Bediener und Personen im Umfeld der Übergabestellen in der Praxis auszuschließen, sind beim Befüllen und Entleeren der Tanks ausreichende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Relevant sind die Faktoren Druck, Temperatur und Geschwindigkeit: Der Be- und Entladeprozess muss einem vorgegebenen Druckgefälle folgen, einen definierten Temperaturkorridor und eine bestimmte Fließgeschwindigkeit einhalten. Das Sicherheitssystem soll in der Lage sein, die Daten der Druck- und Temperatursensoren sowie der Be- und Entladegeschwindigkeit und die Gasflussrichtung fehlersicher einzulesen und diese zu plausibilisieren. Ziel ist, dynamische Grenzwerte sicher und zuverlässig zu überwachen. Im Fehlerfall, so die zwingende Forderung, muss der Prozess in einen sicheren Zustand versetzt respektive der Befüll- oder Entleerungsprozess umgehend gestoppt werden.


Mobile Sicherheitslösung auf kleinstem Raum

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Vier bis jeweils 380 bar ausgelegte Sektionen im Trailer speichern den Wasserstoff. Das Befüllen und Entleeren überwacht eine auf die spezifischen Sicherheitsanforderungen der Wasserstoffindustrie adaptierbare sichere Kleinsteuerung PNOZmulti 2 von Pilz.
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„Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, das Befüllen und Entleeren der Trailer an unseren Tankstellen und sämtlichen anderen Abnehmerstationen einheitlich und für den Bediener gleichermaßen einfach und sicher zu gestalten. Nach unserer Vorstellung sollte die Sicherheitssteuerung nicht an den Stationen, sondern an Bord des Trailers verortet sein“, betont Harm Müller. Lösungen von der Stange gab es nicht. Durch eine frühere Tätigkeit in der industriellen Automatisierungstechnik war für Harm Müller das Thema Safety und damit die Maschinensicherheit eng mit Pilz verknüpft. Die von Pilz etablierten und leistungsfähigen Sicherheitslösungen sollten sich, so der Gedanke, auch auf die Anforderungen beim Be- und Entladen der Wasserstoff-Trailer adaptieren lassen.

Nach einem ersten Gespräch mit Pilz war klar: Gemeinsam wird man eine in dieser Form neu- und einzigartige mobile Sicherheitslösung auf Grundlage der sicheren Kleinsteuerung PNOZmulti 2 entwickeln. Im Detail umfasst das System das kompakte Basisgerät PNOZ m B1 mit mehreren Analogwert-Eingangsmodulen und einem Relais-Ausgangsmodul unter der Regie der Feldbusschnittstelle Profinet. Sowohl an der Elektrolysestation als auch bei der Übergabe an den jeweiligen Abnahmestellen überwacht PNOZmulti 2 mit fehlersicherer Analogwertverarbeitung die sichere Einhaltung relevanter Parameter respektive kritische Grenz­werte bei Druck, Temperatur sowie Be- und Entladegeschwindigkeit. Der im Softwaretool PNOZmulti Configurator integrierte Baustein „Sichere Rampenüberwachung“ garantiert die erforderliche hohe Auflösung mit geringer theoretischer Fehlerabweichung. Damit ist eine präzise Grenzwerteinstellung mit dynamischer Grenzwertüberwachung auf Sicherheitsniveau SIL 2 möglich. Grundsätzlich kann die von GP Joule gewählte Lösung auch Funktionen bis zu einem Sicherheitsniveau von SIL 3 darstellen.

Partnerschaftliche und fachlich versierte Zusammenarbeit

„Das mobile und modular aufgebaute Sicherheitssystem auf kleinstem Bauraum bietet uns ein Maximum an Präzision und Sicherheit. Von Vorteil ist, dass wir mit der sicheren Kleinsteuerung künftig zusätzliche Herausforderungen im Bereich der gesamten Nutzungskette des grünen Wasserstoffs bewältigen können“, stellt Harm Müller fest.

Pilz hat GP Joule über den gesamten Projektzeitraum hinweg bei Fragen zu Technik und Ausführung beraten und die Mitarbeiter bei der Parametrierung der sicheren Kleinsteuerung unterstützt. Die besondere Herausforderung lag insbesondere darin, die speziellen Anforderungen im Bereich Wasserstoff zu verstehen und daraus eine rundum verlässliche technische Gesamtlösung zu entwickeln. Aus Sicht von Harm Müller ist dies gelungen: „Die Zusammenarbeit mit Pilz verlief außergewöhnlich gut und partnerschaftlich. Geschätzt haben wir insbesondere, wie rasch und fundiert sich die beteiligten Pilz-Mitarbeitenden proaktiv in das bis dahin für sie nicht alltägliche Gebiet eingearbeitet haben!

Photo:

Thomas Braasch

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