Nachfrage nach Wellpappe ist nicht von Pappe
Dank ihrer kompakten, modularen Bauweise eignet sich die Drehkolbenpumpe Tornado T2 für den Einsatz in Anlagen zur Herstellung von Wellpappen.
Wellpappe ist das am weitesten verbreitete Verpackungsmaterial der Welt. Es entsteht durch das Verkleben von mindestens einer glatten Papierbahn – „Deckenpapier“ genannt – und einer gewellten, die entsprechend als „Welle“ bezeichnet wird. Bis zu sieben Papierbahnen können miteinander verklebt werden, um das Packmaterial herzustellen. Für diesen Prozess, bei dem das aus der Papierfabrik gelieferte Papier in mehreren Schritten konvertiert wird, stehen sowohl komplette Anlagen als auch einzelne Maschinen zur Verfügung. Ein wesentlicher Schritt im Rahmen dieses Verfahrens ist es, den scherempfindlichen Leim zum Kaschierwerk zu fördern, sowie ihn innerhalb der Wellpappenanlage zu zirkulieren. Der Stärkeleim kann aus Weizen, Mais, Kartoffeln, Maniok oder ähnlichen Rohstoffen gewonnen werden. In Deutschland wird ein Weizenstärkeleim mit einem Feststoffgehalt von circa 25 % am häufigsten verwendet.
Stärkeleimförderung mit geringerem Energieverbrauch
Für den Transport bzw. das Zirkulieren dieses Mediums werden in der Wellpappenindustrie bislang meist Druckluftmembran- oder elektromechanische Membranpumpen, seltener auch andere Verdrängerpumpentypen wie Zahnradpumpen eingesetzt. Drehkolbenpumpen wie die Tornado T2 von Netzsch hingegen kommen vergleichsweise selten zum Einsatz, obwohl sie in dieser Anwendung deutliche Vorteile bieten, was Energieverbrauch, Förderung sensibler Medien und Dosiergenauigkeit betrifft. Lange war nicht geklärt, inwieweit sich Drehkolbenpumpen für die Anwendung mit Stärkeleim in Wellpappenanlagen eignen. Im Jahr 2014 hat der Waldkraiburger Pumpenhersteller jedoch erste Tornado T2-Pumpen an einen weltweit tätigen Anlagenbauer geliefert. Zuvor war das Vorgängermodell der T2 über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren bereits bei verschiedenen Unternehmen im Bereich der Stärkeproduktion – bspw. bei deren Förderung – im Einsatz. Im Rahmen des Pilotprojekts mit dem Anlagenbauer wurden die Anwendung sowie die Erfolgsfaktoren für eine optimale Förderung genauer analysierts. Dabei zeigte sich, dass die T2 besonders beim Energieverbrauch gegenüber Druckluftmembranpumpen sehr gut abschneidet.
Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel aufzeigen: Wird Stärke mit einer Temperatur von 25 °C, einer relativen Dichte von 1,25 kg/ dm3 und einer Viskosität von 300 mPas gepumpt, beläuft sich der Druckluftbedarf einer 3‘‘-Druckluftmembranpumpe auf 2,1 m3/ min, wodurch an der Welle ein Leistungsbedarf von 5,77 kW/ m3/ min entsteht. Bei 0,1 € pro kWh entstehen somit Energiekosten von 3.562 € im Jahr. Bei einer konventionellen Drehkolbenpumpe mit einer Drehzahl von 356 U/min entsteht ein Leistungsbedarf von 4,8 kW, was 1.440 € Energiekosten pro Jahr entspricht.
Die Tornado T2 schneidet sogar noch besser ab: Bei gleicher Drehzahl liegt ihr Leistungsbedarf bei nur 4,2 kW und die jährlichen Energiekosten belaufen sich auf nur 1.260 € – das sind 12,5 % weniger als bei herkömmlichen Drehkolbenpumpen und 65 % weniger als bei 3‘‘-Druckluftmembranpumpen. Auf diese Weise ergibt sich ein enormes Energiesparpotenzial: Werden in einer Wellpappenanlage mit vier Druckluftmembranpumpen, die 24/7 in Betrieb sind, alle Pumpen durch T2 ersetzt, werden pro Jahr 110.000 kWh Energie weniger verbraucht. Dies ist Großteils darauf zurückzuführen, dass ein pneumatisches Antriebssystem 5 bis 10 kW Kompressorleistung benötigt, während sich dieser Wert bei einem elektrischen Antrieb lediglich auf etwa 1,5 kW beläuft.
Schonende Förderung und genaue Dosierung
Die Tornado T2-Drehkolbenpumpe zeichnet sich darüber hinaus durch weitere Eigenschaften aus, die sie für den Einsatz in Wellpappenanlagen besonders gut geeignet machen. Dazu zählt etwa eine äußerst schonende Förderung, die die Qualität des Stärkeleims nicht beeinträchtigt. Die Funktion der Pumpe basiert auf zwei Drehkolben, die gegenläufig rotieren und so das Medium von der Saug- zur Druckseite transportieren. Da hierbei rein nach dem Verdrängerprinzip gefördert wird, sind Druckschwankungen oder Scherkräfte ausgeschlossen. Tatsächlich erzeugt dieser Pumpentypus keinen Druck auf das Medium, sondern fördert lediglich gegen den vorhandenen Gegendruck. Zusätzlich hält die besonders gestaltete Innengeometrie des Förderraums jede Pulsation auf einem sehr niedrigen Niveau, so dass auch mit glatten Kolben Werte ähnlich denen komplex gewendelter, mehrflügliger Drehkolben erreicht werden. Auf diese Weise ist ein schonender, kontinuierlicher Förderstrom sichergestellt.
Ein weiterer Vorteil der T2 Pumpen ist die gleichbleibende, genau kontrollierbare Durchflussmenge. Das Fördervolumen ist unabhängig von Viskosität oder Konsistenz des Mediums und wird ausschließlich durch die Drehzahl der Kolben bestimmt. Dadurch lässt sich das Produkt über die Drehzahlregulierung präzise dosieren, was beim Stärkeleim-Aufbringen wichtig ist, weil eine Überdosierung einen negativen Einfluss auf der Qualität des Endproduktes hat.
Robuster und kompakter Antrieb
Statt des sonst üblichen, komplexen Gleichlaufgetriebes überträgt bei dieser von Netzsch entwickelten Bauform ein Zahnriemen das Drehmoment vom Motor auf die Drehkolben und synchronisiert zugleich deren Rotation. Sie läuft völlig ölfrei, so dass nicht nur der Wartungs-Aufwand für Schmierung und Ölwechsel entfällt, sondern auch Kontaminationen oder Umweltschäden völlig ausgeschlossen sind. Darüber hinaus macht der Riementrieb die Pumpe sehr robust und wartungsarm, da er unempfindlich gegenüber Havarien ist und der Hart-Weich-Kontakt zwischen Riemen und Zahnrädern für eine hohe Laufruhe sorgt. Sollte dennoch ein Defekt eintreten, lässt sich der Riemen durch das Lösen von nur zwei Schrauben abnehmen und austauschen, so dass die Pumpe ganz ohne Spezialwerkzeug innerhalb weniger Minuten wieder einsatzfähig ist.
Gleichzeitig macht die ungewöhnliche Antriebsform die T2-Serie sehr kompakt, da der Motor platzsparend über dem Förderraum angeflanscht ist. Durch den Verzicht auf ein Synchronisationsgetriebe ergeben sich ein vergleichsweise geringes Gewicht und eine extrem kurze Einbautiefe, dank der, das Aggregat sowohl in beengten Räumlichkeiten installiert als auch problemlos mobil eingesetzt werden kann.
Einfache Reinigung und Wartung
Um die Reinigung der Pumpe möglichst einfach zu gestalten, ist der Innenraum totraumfrei angelegt und strömungsoptimiert. Außerdem schließen die Gleitringdichtungen eben mit der Rückseite der Drehkolben ab. Die Kolben selbst zeichnen sich gegenüber dem Wettbewerb durch rundum glatte Flächen aus, da sie nicht im Pumpenraum verschraubt, sondern mittels Schnellspannelementen von außen fixiert werden. Auf diese Weise finden Produktreste keine Angriffspunkte für Anhaftungen und die Pumpe kann manuell oder im CIP-Verfahren vollständig und rückstandsfrei durchgespült werden.
Für umfassendere Säuberungs- oder Instandhaltungsarbeiten lässt sich zudem die gesamte Front mit wenigen Handgriffen abnehmen, so dass der Techniker freien Zugang zu allen Bereichen des Förderraums hat. Die Kolben können unkompliziert und unabhängig voneinander aus- und wieder eingebaut werden. So muss bspw. nicht auf einen korrekten Sitz von Passfedern geachtet werden und axiale Einstellarbeiten an den Kolben sind ebenfalls nicht notwendig. Bei der richtigen Positionierung während der Montage hilft eine im Deckel integrierte Einstell- und Montagelehre, während die in Cartridge-Bauweise ausgeführten Dichtungen einfach mit auf die Welle geschoben werden. Ein Ausbau der Pumpe aus der Leitung ist dafür nicht nötig, alle Maßnahmen können direkt am Platz erfolgen (Full Service in Place), was Zeit und Kosten spart sowie notwendige Betriebsunterbrechungen minimiert. Durch diese Kompaktheit und modulare Bauweise eignet sich die Drehkolbenpumpe besonders gut für den Einsatz in Kaschierwerken und lässt sich dort selbst bei großer Enge problemlos warten. In verschiedenen Wellpappenanlagen sind Tornado T2 daher bereits im Einsatz, in dem oben genannten Betrieb seit mittlerweile fast 6 Jahren.
Pakete aus Wellpappe
Laut Bundesverband Paket- und Express-Logistik (BIEK) wurden im Jahr 2018 in Deutschland 3,52 Mrd. Paket-, Express- und Kuriersendungen verschickt, somit fast 5 % mehr als im Jahr davor. Dafür verantwortlich ist in großen Teilen der boomende Bereich E-Commerce, der nach einer bevh-Studie (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland) im ersten Halbjahr 2019 ein weiteres Wachstum von 11,3 % verglichen mit dem Vorjahreszeitraum erreichte. Gerade der Online-Handel ist auf passende Verpackungslösungen angewiesen, die meist aus der Wellpappenindustrie kommen. Diese Branche gewinnt somit zunehmend an Bedeutung – auch deshalb, weil Wellpappe vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen besteht und sich komplett recyceln lässt.
Der Autor