Objektschutz für die Lebensmittelindustrie

Man könne Feinde auch umbringen, indem man Wasser oder Essen vergifte, hieß es in einem Video der Organisation Islamischer Staat, das im November 2014 im Internet verbreitet wurde.

Man könne Feinde auch umbringen, indem man Wasser oder Essen vergifte, hieß es in einem Video der Organisation Islamischer Staat, das im November 2014 im Internet verbreitet wurde. Sicherheitsexperten deuteten dies als Alarmzeichen unter anderem für die Lebensmittelindustrie. Weitaus größer sind allerdings die Gefahren, die von „gewöhnlichen“ Einbrechern ausgehen. Deshalb sollte ein Firmengelände immer optimal gesichert sein. Durch den Einsatz elektronischer Überwachungssysteme lassen sich die Risiken deutlich reduzieren.

Jeder Eindringling kann Krankheitserreger einschleppen. Sobald auch nur der geringste Verdacht einer Kontamination besteht, fällt das Damoklesschwert, das über jedem Lebensmittelhersteller schwebt: Womöglich muss ein Teil der Produktion vernichtet, das Werk desinfiziert und womöglich sogar vorübergehend geschlossen werden. Aber auch Feuer, gelegt aus Enttäuschung über karge Beute oder um Spuren zu verwischen, gezielte Sabotageakte oder der Verlust von Firmengeheimnissen zählen zu den Top-Risiken eines Einbruchs.

Existenzbedrohung nicht ausgeschlossen

Eine Betriebsunterbrechung lässt sich versichern, eine auf Jahre beschädigte Reputation, Kundenverluste und Markteinbußen dagegen nicht. „Wenn Ware nicht geliefert wird, aus welchen Gründen auch immer, müssen wir uns nach Ersatz umsehen. So kommen neue Lieferanten ins Geschäft und verschwinden angestammte Sortimente womöglich für immer aus dem Regal“, sagt der Einkaufsleiter eines großen Lebensmittel-Discounters unumwunden. Viele Unternehmen sind sich der Risiken bewusst. Laut der Trendstudie Mittelstand 2014 der Deutsche Telekom AG treibt 54 % der Produktions- und 63 % der Handelsunternehmen die Sorge um, dass Einbrüche ihre Existenz grundlegend gefährden können. Zwar ist die Zahl der Fälle leicht gesunken; 2013 waren es laut der amtlichen Kriminalstatistik rund 94.000. Auffällig sind allerdings die steigenden Schadensvolumen, zum Beispiel von 220 Mio. € in 2010 auf 249 Mio. € in 2013 – ein Plus von 13,2%. Die Täter gehen gezielter vor.

Elektronische Sensorik erhöht das Täter-Risiko

Profis überwinden Zäune, Mauern und Türen in Sekundenschnelle. Experten empfehlen daher, die physischen Barrieren und elektronische Sensorik möglichst an die Grundstücksgrenze zu verschieben. Strategie: Die Eindringlinge orten, noch bevor sie das Werks- oder Bürogebäude überhaupt erreichen. Der ausgelöste Alarm vertreibt die Täter und ruft den Wachdienst oder die Polizei auf den Plan. Einbrecher werden ihrer wertvollsten Ressource beraubt: Zeit. „Dadurch lässt sich der Sicherheitsindex eines Objekts auf einer Scala von zehn um drei bis vier Punkte erhöhen“, so Dr. Urban Brauer, Geschäftsführer des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e. V. Ein großer Vorteil elektronischer Geländeüberwachung liege in der Variantenvielfalt. Der Eindringling wisse nicht, ob etwa im Erdreich Sensoren versteckt sind oder Laserschranken auf ihn warten. Im Zweifel gehe er das Risiko erst gar nicht ein.

Individuelles Risikoprofil als Planungsgrundlage

Inzwischen gibt es Systeme verschiedenster Technologien, zudem standardisierte Anwendungen, die auch kleinere Unternehmen finanziell nicht überfordern (siehe Kasten). Selbst größere Industrieanlagen bedürfen nicht immer einer aufwendigen Sicherheitsarchitektur. Entscheidend ist, dass eine Anlage auf das Objekt und auf die örtlichen Gegebenheiten exakt abgestimmt wird. So genannte Mikrowellenbarrieren eignen sich zum Beispiel für einen geraden Geländeverlauf, bei einem kurvigen kommt eine Bodendetektion in Betracht. Spezielle Lichtschrankensysteme reagieren auf Unterbrechung des Lichtstrahls, aber nicht auf Kleintiere. Intelligente Videoanalyse erkennt nicht nur Veränderungen im Bild, sondern analysiert Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit, um ein optimales Verhältnis unerwünschter Meldungen und echter Alarme zu erzielen. Die passende Lösung basiert auf einem Risikoprofil, das von einer spezialisierten Errichterfirma erstellt wird. Brauer: „Die Bezeichnung ‚BHE-zertifizierter Fachbetrieb Freigeländeüberwachungsanlagen‘ gewährleistet, dass nach den aktuellen Normen und Vorschriften gearbeitet wird.“ Dies ist unter anderem eine Bedingung für die Aufschaltung einer Alarmanlage bei der Polizei und im Schadensfall einer der ersten Punkte, die von der Versicherung überprüft werden.

„Food Defense“ schließt Geländesicherung zwingend ein

Abhängig von der Risikoeinschätzung forderten Versicherer verstärkte Sicherungsmaßnahmen, um überhaupt Versicherungsschutz zu gewähren, betont Nico Emde, Leiter Sachversicherung der Gossler, Gobert & Wolters Gruppe, eines der großen unabhängigen Industrieversicherungsmakler. Gleichzeitig belohnen immer mehr Assekuranzunternehmen effektive Vorsorge mit Prämiennachlässen. Präventionsmaßnahmen sind aber nicht nur ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft. Inzwischen sind sie Bestandteil der gesetzlich geregelten Compliance, die risikoadäquate Sicherheitskonzepte fordert. Zum Beispiel sind in der aktuellen Version (V 6) der IFS-Richtlinien im Kapitel „Food Defense“ organisatorisch-technische Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit erstmals zwingend vorgeschrieben. Demnach haben die Unternehmen ein geeignetes Alarmsystem zu definieren und dieses regelmäßig auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen. Unbefugtes Eindringen ist zu verhindern, indem Zugänge kontrolliert werden. Unternehmen, die sich nach IFS Food V6 zertifizieren lassen wollen, benötigen nicht nur ein Zutrittskontrollsystem und ein Zutrittsmanagement. Auch das Firmengelände – darüber hinaus natürlich die Gebäudezugänge sowie kritische Bereiche und Räume im Inneren – müssen adäquat gesichert sein. Nur wenn dies der Fall ist, wird das Zertifikat erteilt.

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