Transparentes Energiemanagement
Eine Energiemanagement-Software sollte intuitiv nutzbar sein, sodass die Verantwortlichen gerne mit ihr arbeiten – so lassen sich Effizienzpotenziale maximal ausschöpfen.
Um ihre Energieeffizienz zu steigern, müssen Unternehmen wissen, wieviel Energie sie tatsächlich wann und wo verbrauchen. Nur so können sie gezielte und nachhaltig wirksame Maßnahmen ergreifen. Ein Energiemanagementsystem liefert diese Transparenz – und damit oft zahlreiche Aha-Effekte. Die Übersicht über die Energieflüsse und Verbräuche im Unternehmen ist nötig, um den Status Quo zu ermitteln, Effizienzmaßnahmen zu definieren und priorisieren und damit Fehlinvestitionen in wirkungslose Maßnahmen zu verhindern.
Dass man sich dabei nicht auf Schätzungen oder grobe Berechnungen verlassen sollte, zeigt die Erfahrung: Immer wieder sind Unternehmen überrascht, wenn sie anhand von Messungen und Auswertungen aus einem Energiemanagementsystem ihre tatsächlichen Verbräuche sehen. Das liegt daran, dass Laufzeiten oft falsch eingeschätzt werden oder der Verbrauch einer Maschine nicht (mehr) den Herstellerangaben entspricht.
Die meisten Unternehmen haben bereits Messgeräte im Einsatz, viele nehmen die Messdaten jedoch manuell auf und werten sie mit Hilfe von Excel oder ähnlichen Tools aus. Für ein systematisches Energiemanagement sind damit jedoch die Messintervalle in der Regel zu lang, die Datenqualität meist ungenügend und die Möglichkeiten an Auswertungen sehr eingeschränkt – dafür ist der Aufwand sehr hoch.
Ein Energiemanagementsystem automatisiert diesen Prozess: Die Messdaten fließen in eine Software, die diese stets aktuellen Daten mittels vielfältiger Auswertungen und Berichte visualisiert. Damit springen Effizienzpotenziale sofort ins Auge. Gleichzeitig reduziert sich der Aufwand erheblich und die Verantwortlichen können sich drauf konzentrieren, die Effizienz zu steigern, anstatt Daten zusammenzutragen und Berechnungen durchzuführen.
Wichtige Aspekte für ein Energiemanagementsystem
Wer sich dazu entschließt, ein solches System einzuführen, sollte ein paar Dinge beachten: Um vorhandene Messgeräte weiter nutzen zu können, muss das System hinsichtlich der Schnittstellen offen gestaltet sein und die verschiedenen Geräte herstellerunabhängig integrieren können. Auch Offenheit hinsichtlich der Energiearten (Strom, Gas, Wasser, Druckluft, Dampf, Wärme/Kälte) und Zustandsdaten wie Temperatur, Druck und andere können sich als extrem nützlich erweisen.
Eine schnelle und einfache Installation ermöglicht einen zügigen Start. Ist das System außerdem modular aufgebaut, kann mit wenigen Messgeräten gestartet und diese nach Bedarf erweitert werden. So können etwa andere Unternehmensbereiche oder Medien hinzukommen oder die Detailtiefe lässt sich in den Bereichen erhöhen, in denen sich ein hohes Effizienzpotenzial gezeigt hat.
Wie z. B. bei der Familienbrauerei Dinkelacker-Schwaben Bräu: Anfangs hatte Dinkelacker im Maschinen- und Kesselhaus fünf Stromzähler von Econ Solutions, vier Zähler für Druckluftvolumenströme und vier Dampfzähler in das Energiemanagementsystem integriert. Heute laufen alle Energiedaten, also Strom, Dampf, Gas, Wasser, Heißwasser und Lauge, von über 200 Zählern verschiedener Hersteller zur Auswertung in die Energiemanagement-Software Econ4 von Econ Solutions. Damit hat die Brauerei Transparenz über sämtliche Verbräuche im Unternehmen.
Fördermittel
Vor allem die Messtechnik kann mit hohen Kosten verbunden sein. Doch auch der Staat hat den Nutzen eines betrieblichen Energiemanagements erkannt und fördert es über verschiedene Förderprogramme. Zu den wichtigsten gehört die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle). Mit dem Modul 3: Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR), Sensorik und Energiemanagement-Software werden deren Erwerb und Installation inklusive Schulungen mit bis zu 40 % gefördert
Erste Schritte
Steht das System, kommt ein entscheidender Erfolgsfaktor zum Tragen: Wie einfach lässt es sich nutzen? Vor allem mächtige Software-Lösungen mit zahlreichen Funktionen überfordern die Anwender häufig. Je intuitiver die Software bedient werden kann, desto umfassender wird sie genutzt - und desto stärker kann das Unternehmen seine Effizienzpotenziale ausschöpfen. Häufig führt das zu einer Art internem Wettbewerb, weitere Ansatzpunkte zu finden und auszureizen.
Der wichtigste Bericht zum Start ist in der Regel die ABC-Analyse, um die größten Verbraucher zu erkennen. Sie bieten das größte Effizienzpotenzial, sodass es sinnvoll ist, hier mit Maßnahmen zu beginnen. Nicht selten bringt diese Analyse bereits die erste Überraschung mit sich.
Auch bei Dinkelacker standen anfangs die energieintensiven Bereiche im Vordergrund. Das bislang größte Potenzial lag im Bereich der Wärmerückgewinnung, hier konnten Einsparungen im fünfstelligen Bereich realisiert werden. Mit Daten zur Leistungsaufnahme wurde danach der Zustand der Anlage bestimmt. Damit kann die Instandsetzung genau dann erfolgen, wenn es nötig ist, und nicht mehr nach starren Intervallen, bei denen es immer wieder bereits zu Leistungseinbußen gekommen war. Allein damit, so Dinkelacker, hat sich das Energiemanagementsystem schon mehrfach amortisiert.
Auch bei der Reduzierung des Druckluftverbrauchs in den Abfüllanlagen rechnet die Brauerei mit Einsparungen im fünfstelligen Bereich. Hierfür werden mithilfe der Auswertungen die Flaschenabfüllanlagen optimiert. Zudem geht es um die Reduktion von Dampfspitzen im Sudhaus.
Durch die fortlaufenden Auswertungen können die Verantwortlichen auch sofort die Auswirkungen einer Effizienzmaßnahme erkennen und beziffern. So besteht auch die Möglichkeit, im Sinne eines Regelkreises weiter zu optimieren.
Energie-Kennzahlen
Die Energiedaten alleine sind jedoch nicht immer aussagekräftig. Denn viele Verbräuche hängen mit anderen Faktoren zusammen, z. B. der Produktionsleistung. Dann gilt es, die entsprechenden Daten in Form von Energie-Kennzahlen in eine sinnvolle Verbindung zu bringen. Für Lebensmittelproduzenten und -verarbeiter ist die entscheidende Kennziffer meist der Energieverbrauch pro produziertes Teil, pro Charge oder Tonne verarbeitetes Rohmaterial. Auch der Verbrauch eines Prozesses oder Bereichs im Verhältnis zum Gesamtenergieverbrauch oder die Energiekosten im Verhältnis zu den Produktionskosten können sinnvolle Kennzahlen sein.
Manchmal sind auch andere Abhängigkeiten zu berücksichtigen, z. B. von der Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. Die meisten der Daten, die für die Kennziffern gebraucht werden, liegen im Unternehmen bereits vor – jedoch in unterschiedlichen Geräten oder Systemen, etwa der Gebäudeleittechnik (GLT), der Betriebs- oder Maschinendatenerfassung (BDE/MDE) oder dem ERP-System.
Mit einem offenen Energiemanagementsystem, das über alle gängigen Schnittstellen verfügt, können alle relevanten Daten aus den entsprechenden Systemen automatisiert übernommen und zu Kennziffern verrechnet werden. Daten, die sich nur selten oder gar nicht ändern, z. B. die Lagerfläche, lassen sich im Idealfall händisch eintragen.
Bei den Ensinger Mineral-Heilquellen wurden die Impulse der Flaschen, die durch die Abfüllanlage gehen, in das Energiemanagementsystem von Econ Solutions integriert und die Kennziffer „Energieeinsatz pro 1.000 Flaschen“ gebildet. Nachdem Ensinger im Regelbetrieb einen Wert von etwa 160 kWh pro 1.000 Flaschen ermittelt hatte, setzte der Energiebeauftragte den oberen Grenzwert bei 180 kWh pro 1.000 Flaschen. Schon nach kurzer Zeit wurde dieser überschritten und er bekam eine Meldung auf seinen PC. Der Wert stieg dann schnell auf 200 kWh pro 1.000 Flaschen.
Anhand der Messdaten konnte Ensinger die Ursache im Bereich des Blasprozesses der PET-Anlage lokalisieren, wo ein defektes Ventil entdeckt wurde. Das befand sich innerhalb der Einhausung, sodass der Defekt ohne Messungen wochen- oder monatelang unerkannt geblieben wäre – und die ganze Zeit für einen deutlich erhöhten Energieverbrauch gesorgt hätte.
Energiemanagement und mehr
Zudem hat Ensinger eine Reihe von Messgebern unterschiedlicher Maschinen in das Energiemanagementsystem eingebunden, z. B. für den pH-Wert, die Leitfähigkeit oder die Temperatur. Die Software Econ4 generiert auch aus diesen Messwerten Schaubilder, die jeden Tag automatisch an die Produktionsleiter gehen. „Mit Energiemanagement hat das zwar nichts mehr zu tun, doch die Messgeräte lassen sich so einfach integrieren und liefern den Produktionsleitern interessante Auswertungen, mit denen sie sofort erkennen, wenn irgendwo etwas aus dem Ruder laufen könnte“, sagt Siegfried Winkler, technischer Leiter und Energiebeauftragter bei Ensinger.
Autor: Rolf Wagner, Prokurist und Leiter Vertrieb, Econ Solutions