Effizienz bis in das schwächste Kettenglied

Um Energie-Einsparpotenziale zu identifizieren, muss die Produktionskette bis ins Detail analysiert werden, nicht nur Backöfen und Kälteanlagen.

Abb. 1: Rund 10 % des gesamten Strom- und Wärmeverbrauchs aller...
Abb. 1: Rund 10 % des gesamten Strom- und Wärmeverbrauchs aller Handwerksbetriebe entfallen auf die Bäckerbranche. Neben dem Personalmangel geben steigende Energie- und Rohstoffpreise Anlass zur Sorge in den Betrieben. | ©Vladimir Gerasimov - stock.adobe.com

Bäckereien gehören zu den energieintensiven Betrieben. Rund 10 % des gesamten Strom- und Wärmeverbrauchs aller Handwerksbetriebe entfallen auf die Bäckerbranche. Verständlich, wenn sich in der aktuellen Situation die Unternehmen des Backgewerbes neben dem Personalmangel vor allem Sorgen um die steigenden Energie- und Rohstoffpreise machen. Was viele übersehen: Um Einsparpotenziale beim Energieverbrauch zu identifizieren muss die gesamte Produktionskette bis ins Detail analysiert werden und nicht nur Backöfen und Kälteanlagen, die unbestritten die größten Kostenfaktoren sind.

Gleichzeitig bietet die Optimierung vor allem der Energieeffizienz die große Chance zum Einstieg in eine Nachhaltigkeitsstrategie und eine umweltschonende Produktion. Hierbei kommt Schmierstoffen eine wichtige Bedeutung bei.
Auf den ersten Blick handelt es sich bei Schmierstoffen um ein eher unscheinbares Produkt. Wenn man aber bedenkt, dass rund 30 % des weltweiten Energieaufwands in Reibungs- und Verschleißvorgängen verzehrt werden, wird deutlich, dass in der Reduzierung von Reibung erhebliche Potenziale zur Einsparung von Energie und CO2 bestehen.

Kein Wunder, dass Schmierstoffe als Effizienztreiber im Rahmen von Nachhaltigkeitsüberlegungen zunehmend an Bedeutung gewinnen, sowohl bei der Produktion als auch bei der Entsorgung. Denn sie erhöhen die Anlageneffizienz und -lebensdauer und steigern die Ressourceneffizienz und die Nachhaltigkeit an diversen Stellen des Produktionsprozesses, durch:

  • geringeren Energieeinsatz aufgrund verringerter Reibung,
  • minimierte CO2 Emissionen durch reduzierten Energieaufwand,
  • reduzierter Produktionsausschuss durch weniger Kontaminationen,
  • verlängerte Wartungsintervalle,
  • weniger Schmierstoffverbrauch,
  • verringerter Reinigungsmittelverbrauch,
  • weniger Abfallaufkommen von Verpackungsmaterialien für Betriebsstoffe.

Extreme Anforderungen aus der Produktion

Speziell die Backindustrie stellt extreme Anforderungen an die eingesetzten Schmierstoffe. Sie sollen einen stabilen Betrieb

  • im 24 Stunden 7 Tage Modus sowie kurze Reinigungs- und Wartungszeiten garantieren,
  • auch unter extremen Produktionsbedingungen wie hoher Feuchtigkeit- und Staubbelastung, sowie sehr hohen bzw. sehr tiefen Betriebstemperaturen die notwendige Schmierung sicherstellen,
  • gleichzeitig die strengen Hygienestandards der Lebensmitteltechnik erfüllen, bspw. die physiologische Unbedenklichkeit oder Geruchs- und Geschmacksneutralität vor allem wenn der Kontakt mit den verarbeiteten Lebensmitteln nicht ausgeschlossen werden kann
  • und sie sollen helfen die Produktionsprozesse ressourcenschonend und nachhaltig zu gestalten.

Optimal abgestimmte Schmierstoffe

Die Prozessabläufe in modernen Großbäckereien sind hoch automatisiert. Förder- und Rollbänder und andere Transporteinrichtungen befördern Rohmaterialien, Teiglinge, Halb- und Fertigbackwaren zwischen den einzelnen Produktionsstufen innerhalb der Backanlagen. Maschinenkomponenten wie Ketten, Wälz- und Gleitlager benötigen auf die jeweilige Anwendung speziell zugeschnittene Spezialschmierstoffe.

Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl von Schmierstoffen für Lebensmittel produzierende und verarbeitende Betriebe ist gemäß der ISO 21469 die Zulassung durch die NSF (National Sanitation Foundation) nach den Vorgaben der FDA (Food and Drug Administration) für den Einsatz im Lebensmittelbereich.

  • NSF H1 bedeutet, der Schmierstoff darf eingesetzt werden, wenn ein Kontakt mit Lebensmitteln im Produktionsbereich bei einem Schadensfall nicht ausgeschlossen werden kann,
  • NSF H2 Schmierstoffe dürfen nur dann zum Einsatz kommen, wenn der Kontakt mit Lebensmittel technisch grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Um ein Maximum an Verfahrens- und somit Verbrauchersicherheit zu erzielen, ist deshalb kein anderes schmiertechnisches Anwendungsgebiet so umfassend gesetzlich geregelt wie die Verwendung von Betriebs- und Hilfsstoffen in der Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln.

In der Lebensmitteltechnik ­eingesetzte Schmierstoffe müssen also einerseits eine physiologische Unbedenklichkeit besitzen, andererseits sollen sie den Anforderungen der Betriebstechnik genügen, sprich hervorragende Schmiereigenschaften besitzen, um einen effizienten, verschleißarmen und dazu nachhaltigen Betrieb zu garantieren.

Aufgrund der hohen Anforderungen bezüglich der physiologischen Unbedenklichkeit basieren Schmierstoffe für die Lebensmitteltechnik häufig auf hochwertigen synthetischen Grundölen, die mit speziellen Additiven auf den jeweiligen Anwendungsbereich abgestimmt wurden. Die weiteren Auswahlkriterien richten sich nach der Art der zu schmierenden Maschinenkomponenten und Anlagen und den auftretenden Umgebungs- und Einsatzbedingungen, also z. B. Betriebstemperaturen, Durchlaufgeschwindigkeiten, Feuchtigkeit- und Staubeinfluss.

Neu in den Fokus gerückt sind Mineralölrückstände in Lebensmitteln – sogenannte MOSH/MOAH Substanzen. Diese stehen im Verdacht, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Auf diesen Umstand weisen Verbraucherschutzorganisationen in jüngster Zeit verstärkt hin. MOSH/MOAH-Substanzen gelangen hauptsächlich durch die, in Verpackungsmaterialien aus recyceltem Altpapier enthaltenen Druckfarben, Schmier- und Klebstoffe in die verpackten Lebensmittel. Auch wenn Schmierstoffe nicht die vorrangige Quelle für diese Art der Verunreinigung von Lebensmittel sind, tragen MOSH/MOAH-freie Schmierstoffe dazu bei, die möglichen Verunreinigungen von Lebensmittel bei der Produktion und der Weiterverarbeitung zu minimieren. Deshalb wurde OKS mit der Entwicklung entsprechender Schmierstoffe proaktiv tätig, noch bevor der Gesetzgeber Regelungen zum Schutz der Verbraucher festsetzt.

Schmierstoffe

Welche Schmierstoffe sind für welche Anwendungen in der Backindustrie geeignet?

  • Öle für den Tieftemperaturbereich
    Bei dauerhaft tiefen Temperaturen kommen vollsynthetische Kettenöle zum Einsatz, die mit ihrer Niederviskosität ein sehr gutes Fließverhalten bei tiefsten Temperaturen bis zu –60 °C garantieren. Außerdem müssen sie geruchs- und geschmacksneutral sein sowie beständig gegenüber Reinigern, Desinfektionsmitteln und Ammoniak. Diese Eigenschaften besitzt bspw. das vollsynthetische Kettenöl OKS 3710.
     
  • Öle für hohe Tieftemperaturen
    Bei sehr hohen Einsatztemperaturen bis 250 °C kommen in der Regel vollsynthetische Höchsttemperaturöle zum Einsatz, die einen sehr guten Verschleißschutz bieten und sich durch hohe Oxidationsstabilität und gutes Kriechvermögen auszeichnen. Außerdem sollten sie beständig gegenüber Wasser und Dampf und sauren Medien sein. Ein hochwirksamer Spezialschmierstoff für diesen Anwendungsbereich, insbesondere für die Schmierung von Ketten, Gelenken und Gleitbahnen in Transportsystemen, ist z. B. OKS 3570.

Fette für anspruchsvolle Betriebsbedingungen in der Lebensmitteltechnik
Bei starkem Wassereinfluss oder Kontakt mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, hohen Drücken, hohen Lasten und hohen Temperaturen kommen Universalfette zum Einsatz. Sie müssen über einen breiten Temperaturbereich einsetzbar sein und eignen sich ideal für die Wälz- und Gleitlagerschmierung sowie für die Schmierung von Mechaniken wie Hebel, Gelenken und Scharnieren. Ein Beispiel dafür ist das Calcium-Sulfonat-Komplexfett OKS 480.

Reinigung von Maschinen und Anlagenkomponenten

In besonders mehligen Produktionsbereichen und an wasserempfindlichen Anlagen, wie z. B. Backöfen wird in der Regel trocken gereinigt. Nassreinigung erfolgt dagegen in stark verschmutzten Produktionsbereichen mit Teiganbackungen, Fett- und Glasurrückständen, sowie an wasserdichten Maschinen und Anlagen. Reinigungsmittel zum Einsatz im Lebensmittelbereich unterliegen den Zulassungskriterien nach NSF A1, wie der wasserbasierende OKS Industriereiniger OKS 2650. Außerhalb des Produktionsbereichs von Lebensmitteln, z. B. im Rahmen von Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, kommen lösemittelhaltige Reiniger zum Einsatz die nach NSF K1 und K3 zertifiziert sein müssen, wie der Intensivreiniger OKS 2670, der speziell zur Reinigung von Lagern und Maschinenteilen und Entfernung gealterter und verharzter Öl- und Fettreste entwickelt wurde.

Fazit

Auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnittene NSF zertifizierte Spezialschmierstoffe, chemisch-technische Wartungsprodukte und Reiniger können wesentlich dazu beitragen, die Prozesssicherheit und Energieeffizienz von Maschinen und Anlagen in der Lebensmittelindustrie zu erhöhen, Wartungsintervalle zu verlängern und Ausfälle zu vermeiden. Deutlich ist dabei der Trend, durch intelligente Additive ohne kritische Bestandteile wie MOSH/MOAH Substanzen die Leistungsfähigkeit von Schmierstoffen weiter zu steigern. Biologisch abbaubare Schmierstoffe und Reiniger, sowie wasserbasierende Gleitlacke und Korrosionsschutzprodukte tragen ebenfalls dazu bei, die Umwelt nachhaltig zu entlasten und die Produktsicherheit in der Lebensmittelindustrie zu erhöhen.

Diese Spezialisierung bei Schmierstoffen führt dazu, dass sich auch für die Produzenten von industriell gefertigten Backwaren die Suche nach einem geeigneten Schmierstoff in Zukunft nicht mehr nur auf die Auswahl eines passenden Fettes oder Öls erstrecken wird, sondern die Optimierung des Schmiersystems für eine bestimmte Anwendung im Vordergrund stehen wird. Die Beratung durch Schmierstoffexperten wird weiter an Bedeutung gewinnen – denn nur Hersteller mit eigener Forschung und Entwicklung, wie OKS Spezialschmierstoffe, können hier kompetent beraten und innovative, sowie ökonomisch nachhaltige Schmierstofflösungen bereitstellen.

Autor: Dr. Markus Breitenbach, Leiter Marketing, OKS Spezialschmierstoffe

Abb. 2: Hoch automatisierte Förder- und Rollbänder in modernen...
Abb. 2: Hoch automatisierte Förder- und Rollbänder in modernen Großbäckereien befördern Rohmaterialien, Teiglinge, Halb- und Fertigbackwaren zwischen den einzelnen Produktionsstufen. | ©SemA - stock.adobe.com

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