Ein Festival des Netzwerkens
Wissenschaft und Industrie im Dialog – beim ersten Dechema Forum konnte man das Motto der Dechema vor Ort in jeder Hinsicht erleben.
Ob zwischen Disziplinen, Organisationen oder Generationen: zwei Tage lang wurde Wissen geteilt, Standpunkte ausgetauscht und Kontakte geknüpft. Dabei lebte das neue Veranstaltungskonzept sowohl von den abwechslungsreichen Formaten als auch von den vielen eingebrachten Perspektiven.
Mit der Premiere des Dechema Forums wollte der Verein ein neues Format schaffen, das einerseits den geänderten Ansprüchen von Teilnehmenden in Richtung kürzerer, kompakter Veranstaltungen entgegenkommt, andererseits die Vielfalt der Themen und den Anspruch der Dechema, Netzwerke zu knüpfen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln, abbildet. Das ist bei der Auftaktveranstaltung in Friedrichshafen gelungen.
„Nachhaltig produzieren in Chemie, Pharma und Life Sciences“ war die übergreifende Fragestellung, unter der sich vom 11. bis zum 13. September 2024 hochrangige internationale Plenarvorträge, themenfokussierte Vortragssessions und Workshops versammelten. Platz war für Präsentationen von Nachwuchswissenschaftlern, die ihre Arbeiten in Postern und Vorträgen präsentierten, ebenso wie für etablierte Forschungspersönlichkeiten und Industrievertreterinnen, die ihre Lösungsansätze, aber auch offenen Fragen vorstellten.
Allein die Plenarvorträge zeigen schon, wie unterschiedlich Beiträge zur Nachhaltigkeit aussehen können: Ralf Düssel stellte die Sichtweise des Chemiekonzerns Evonik vor; dieser hat sich bereits auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht und sieht sich der Herausforderung gegenüber, eine langfristige Strategie auch angesichts volatiler Rahmenbedingungen und noch offener technischer Fragestellungen umzusetzen. Kami Krista verwies auf die Potenziale von künstlicher Intelligenz, um nachhaltige Prozessentwicklung anzugehen, auch wenn noch nicht der letzte Datensatz als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung steht. Und John Woodley zeigte nicht nur die Hürden bei der Entwicklung der Bioökonomie auf, sondern skizzierte auch Wege zu deren Überwindung – nämlich indem das Design eines Biokatalysators und des entsprechenden Prozesses integriert angegangen werden.
Zu diesen Programmhöhepunkten kamen weitere Plenar- und Tandemvorträge, darunter die CIT-Lecture der diesjährigen Preisträgerin Regina Palkovits. Allerdings stellen die Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Sektorübergreifende Transformation – wer macht den ersten Schritt“ die guten Ideen und Transformationskonzepte auf den Prüfstein der Machbarkeit. Aus dieser Veranstaltung ging so mancher wohl eher ernüchtert – denn den ersten Schritt müssen wohl alle gleichzeitig machen und sehen sich dabei doch nach eigener Aussage durch bürokratische Hürden, unzuverlässige Rahmenbedingungen und hohe Kosten gehindert. Die Forderungen waren eindeutig: Ein ausgeweiteter „Industrial Green Deal“, weniger und pragmatischere Regulatorik und günstige Energie, besonders in Form von Industriestrompreisen, das wären Faktoren, die aus dem Hürdenlauf ein Mittelstreckenrennen machen könnten. Und noch ein wichtiger Punkt: Alle Vertreterinnen und Vertreter auf dem Podium bekannten sich zu den Klimazielen, auch wenn diese schwierig zu erreichen seien.
In den Workshops hatten dann alle Beteiligten die Gelegenheit, aktiv mitzudiskutieren. So vielfältig die Themen und Formate – es ging unter anderem um Aus- und Neugründungen, um AI und IP, um Wasser für die Biotechnologie oder um die Zukunft von Industrieparks – so einhellig die Rückmeldung: Das ist eine Bereicherung des Programms. Das Gleiche galt für das Karriereforum, das am Freitag Arbeitgeber mit potenziell künftigen Mitarbeitenden zusammenführte.
Dafür, dass alle Generationen ihren Platz im Rampenlicht erhielten, sorgten die Preisverleihungen, die über die Veranstaltung verstreut waren. Mit den Studierendenpreisen wurde der junge wissenschaftliche Nachwuchs geehrt; die Hochschullehrer kürten ihre Nachwuchspreisträger, der Dechema-Preisträger Felix Löffler stellte seine beeindruckenden interdisziplinären Forschungen vor, und für ihr großartiges Engagement wurden Thomas Hirth und Roland Ulber mit der Dechema-Medaille geehrt.
Das Auflockern der Formate sorgte insgesamt dafür, dass neben dem Kennenlernen und Wiedersehen innerhalb der eigenen Community viele Zufallsbegegnungen zustande kamen. Davon können alle profitieren – egal an welchem Punkt der Karriere oder in welcher Organisation. Und dass das einen unschätzbaren Mehrwert bietet, zeigten die vielen Äußerungen am Rande, ob von Berufseinsteigern, die ihren ersten Arbeitsplatz dank eines Kontakts bei einer Dechema-Veranstaltung gefunden haben, oder arrivierten Wissenschaftlern, auf deren Karriereweg der Verein von der Promotion bis zur höchsten Auszeichnung eine stete Begleiterin war. Wir sind gespannt, wer in 20 Jahren vom Dechema Forum 2024 als wichtigem Meilenstein seiner Laufbahn berichten wird. Das nächste Forum findet 2026 in Frankfurt am Main statt.