Kontrollierte Keksqualität

Dank des Systems erkannte eine Industrie-Bäckerei das Problem, das zu Schwankungen des Fettgehalts führte. Durch den stabileren Fettgehalt sank der Ölverbrauch um 1,5%.

Abb. 1: IRIS Technology entwickelte ein System, um die hyperspektrale...
Abb. 1: IRIS Technology entwickelte ein System, um die hyperspektrale Bildgebung für die industrielle Inline-Inspektion im Lebensmittelsektor einzusetzen, wie z. B. für die Fettgehaltsbestimmung in der Keksproduktion. | © industrieblick - stock.adobe.com

Die hyperspektrale Bildgebung kann als Paradigmenwechsel bei Bildverarbeitung betrachtet werden − als Quelle einer Fülle hochwertiger Daten für Bildverarbeitungssysteme, die auf Algorithmen der künstlichen Intelligenz basieren. Anstelle der beim künstlichen Sehen üblichen drei Farbkanäle werden bei der hyperspektralen Bildgebung bis zu hunderte von Kanälen verwendet. Dies ermöglicht es, sehr feine Unterschiede zu erkennen. 

Außerdem verfügen Hyperspektralkameras oft über einen erweiterten Spektralbereich, der über das sichtbare hinausgeht, d. h. bis ins SWIR-Spektrum (short wavelength infrared, kurzwelliges Infrarot, 900 - 1.700 nm) reicht. Dadurch ermöglicht die hyperspektrale Bildgebung die Bestimmung chemischer und physikalischer Eigenschaften eines Produkts, z. B. die Sortierung von Kunststoffen in einer Recyclinganlage oder die Überprüfung der Qualität von Bio-Produkten in der Lebensmittelindustrie.

Bisher war der Einsatz dieser Technologie jedoch auf sehr spezielle Umgebungen beschränkt: militärische Anwendungen und Forschungslabors. Die spanische Firma IRIS Technology hat Lösungen entwickelt, um die hyperspektrale Bildgebung für die industrielle Inline-Inspektion einzusetzen. Dazu gehören sowohl geeignete Hardware als auch Algorithmen für maschinelles Lernen, die auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten sind.

Ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Implementierung von Hyperspectral Imaging in einer industriellen Anwendung ist die von IRIS entwickelte Lösung für eine große industrielle Bäckerei, um den Fettgehalt von Keksen und Gebäck in Echtzeit und kontinuierlich zu bestimmen.

Ungeklärte Veränderungen der Produkteigenschaften

In der Lebensmittelindustrie ist es unerlässlich, den Herstellungsprozess unter Kontrolle zu halten. So wird sichergestellt, dass die Qualität und der Geschmack des Produkts bei einer bestimmten Rezeptur konstant bleiben. Die Kontrolle des Fettgehalts ist besonders wichtig. Dies erwarten die Verbraucher. Außerdem führen große Schwankungen des Fettwerts zu Kostenüberschreitungen, die auf die suboptimale Nutzung des Rohstoffs Öl zurückzuführen sind, sowie zu unerwarteten Veränderungen der Schmackhaftigkeit des Produkts, wenn der Einsatz weit über oder unter dem optimalen Wert liegt.

Der Kunde von IRIS, ein führendes Lebensmittelunternehmen, das auf Kekse und Gebäck spezialisiert ist, beobachtete Veränderungen am Produkt, die sich kaum durch Rezepturänderungen erklären ließen. Daher wurde eine Untersuchung gestartet, um herauszufinden, welche Prozesse diese Veränderungen verursachten. 

Die Untersuchung war langwierig und kompliziert, da die derzeitigen Labortechniken zur Kontrolle des Fettwerts offline durchgeführt werden und spezielle Probenahmen, Vorbereitungen, Betriebsmittel und Personal erfordern. Es dauert mehrere Stunden, bis die Ergebnisse vorliegen und es ist nicht möglich, den Prozess in Echtzeit zu korrigieren. Dies macht diese Methoden unvereinbar mit der Idee der Standardisierung des Produkts und mit jedem Versuch, die kritischen Qualitätsparameter im Produktionsprozess zu optimieren. 

Inline-Messung für sofortige Korrektur

Was die Fabrik brauchte, war eine kontinuierliche Messung mit einer minimalen Fehlermarge, um den Fettgehalt schnell zu messen und ihn mit Änderungen in seinen Prozessen in Verbindung zu bringen. 

Das Unternehmen wandte sich an IRIS, um eine Inline-Hyperspectral-Imaging-Lösung zu implementieren, die eine 100%ige Inspektion der Produkte durchführt und deren Fettgehalt in Echtzeit bestimmt. Das System basiert auf der IRIS VISUM HSI Hardware-Plattform. VISUM HSI ist ein industrielles Inline-Hyperspectral-Imaging-Analysegerät, das in jede Art von Produktionslinie integriert werden kann, um die Produktqualität in Echtzeit zu überwachen, wenn die räumlichen Informationen (Form und Position) relevant sind. VISUM HSI basiert auf einer Zeilenkamera mit SWIR-Empfindlichkeit (900 - 1.700 nm). Dadurch eignet es sich gut für die Messung des Fettgehalts, der bei 1.200 nm und etwa 1.750 nm am besten erkannt werden kann. Das System kann bis zu 300 Zeilen pro Sekunde erfassen, um die Produkte ohne Verlangsamung des Prozesses zu prüfen. Die integrierte Software und die Chemometrie-Tools von IRIS Technology Solutions ermöglichen dem Benutzer eine Selbstkalibrierung des Geräts bei Änderungen der Produktzusammensetzung und es lässt sich nahtlos in die Betriebsinformationssysteme einbinden. 

SWIR-optimierten Objektive 

Eine besondere Herausforderung bei der SWIR-Bildgebung ist die Wahl der richtigen Optik. Objektive, die für das sichtbare Spektrum entwickelt wurden, sind für die hyperspektrale Bildgebung nicht geeignet. SWIR-Licht lässt sich nicht wie sichtbares Licht bündeln, was zu unscharfen Bildern führt. „Wir haben mehrere Objektivtypen von verschiedenen Herstellern getestet“, erklärt Joan Puig, stellvertretender Direktor bei IRIS. „Wir haben uns schließlich für das LM8HC-SW von Kowa entschieden, weil es eine hervorragende Leistung über den gesamten Spektralbereich unseres VISUM HIS-Systems bietet.“ 

Das LM8HC-SW von Kowa ist ein 8-mm-Industrieobjektiv mit C-Mount, das für das kurzwellige Infrarotspektrum (SWIR) optimiert ist, wodurch es sich ideal für die Erkennung von Fett bei 1.200 und 1.750 nm eignet. Es ist Teil der HC-SW-Serie mit SWIR-optimierten Objektiven, die auch Modelle mit 12,5 mm, 16 mm, 25 mm, 35 mm und 50 mm Brennweite umfasst. Das industrietaugliche Design von Kowa passte auch gut zur robusten Hardware des VISUM HIS, die für raue Umgebungen optimiert ist.

Das VISUM HIS-Inspektionssystem ist seit mehr als einem halben Jahr erfolgreich in der Produktionslinie der Bäckerei im Einsatz. Dank dieses Systems war die Bäckerei in der Lage, das Prozessproblem, das zu Schwankungen des Fettgehalts im Gärungsprozess führte, zu erkennen und Korrekturmaßnahmen zu ergreifen.

Infolgedessen konnte der Fettgehalt stabilisiert und der Ölverbrauch des Herstellungsprozesses um 1,5 % gesenkt werden. Mit der richtigen Hardware, den optischen Komponenten und der Software ist das Unternehmen in der Lage, den Fettgehalt seiner Produkte permanent zu überwachen. So werden eine konstante Produktqualität als auch optimierte Herstellungskosten ohne Ölverschwendung gewährleistet. Bei einer Abweichung der Parameter wird automatisch ein Alarm ausgelöst, so dass sofort Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können. Der Erfolg dieses Projekts hat den IRIS-Kunden davon überzeugt, das System auch an anderen Produk­tionsstandorten einzuführen. 

Ideale Lösung für die Lebensmittelkontrolle

Was für Fett gilt, gilt auch für andere Parameter in der Lebensmittelherstellung, wie Feuchtigkeit, Fett, Zucker, Gewürze oder andere. Es gibt einen „optimalen“ Wert in der Gleichung Qualität vs. Produktionskosten, der jedoch schwer zu erreichen ist, da es an Echtzeitmessungen und Informationen über die chemische Zusammensetzung des Produkts mangelt. Die hyperspektralen Bildgebungssysteme von IRIS Technology in Verbindung mit den SWIR-optimierten Industrieobjektiven von Kowa ermöglichen es Lebensmittelherstellern, die Übereinstimmung ihrer Produkte mit der Rezeptur in Echtzeit zu überwachen, ohne den Produktionsprozess zu verlangsamen.

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