01.06.2023 • NachrichtenBSRBSR Ingenieur-BüroRRT0323

Maximale Schlauchlängen bei der ­Probenahme für Partikelzähler

Welche Schlauchlängen sind gefordert, erlaubt oder physikalisch sinnvoll?

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Bei Messungen mit Partikelzählern sind grundsätzliche Überlegungen durch Einflüsse der Probenahme auf die Messergebnisse durchzuführen. Bei diesen Messungen unterscheidet man den Einsatz von mobilen Partikelzählern, wie z.B. bei der Klassifizierung, und der Verwendung von festinstallierten Partikelzählern. Diese festin­stallierten Partikelzähler mit definiertem Aufbau, isokinetischer Probenahmesonde mit definierter Schlauchlänge, werden bei der permanenten Überwachung, dem Monitoring eingesetzt.

Vorgaben aus den Regelwerken

Seit einigen Jahren gibt es immer wieder Forderungen an maximale Schlauchlängen bei der Verwendung von Partikelzählern zur Partikelkonzentrationsbestimmung in Reinräumen. Für den Einsatz von mobilen Partikelzählern finden wir in der ISO 14644, Blatt 1: 2015 im Abschnitt C4.1.2 folgende Formulierung: „Das Übergangsstück vom Sondeneinlass zum Sensor des LSAPC sollte so kurz wie möglich sein. Bei der Probenahme von Partikeln mit einer Größe von 1 μm oder größer sollte die Länge des Übergangsstücks nicht die vom Hersteller empfohlenen Länge und den empfohlenen Durchmesser überschreiten, und diese Länge ist üblicherweise nicht länger als 1 m.“

Für den Einsatz von festinstallierten Partikelzähler finden wir in der ISO 14644, Blatt 2: 2015, keine Empfehlungen für die Schlauchlängen. In Abschnitt A 4.2 steht: Die Konfiguration des Systems beruht auf der Bewertung der folgenden Systemmerkmale: Wirksamkeit der Sammlung luftgetragener Partikel und Eignung des Systems für die Überwachung der ausgewählten Partikelgrößen. Nur in der Anmerkung 2 finden wir: „Die Anwendung von langen Transportleitungen für die Probe entsprechend den Anforderungen der Systeme mit mehrfach genutzten vielfältigen Leitungen ist für die Überwachung der Partikelgrößen ≥ 5 µm ungeeignet.“

Im neuen Annex 1: „Manufacture of Sterile Products“ (2022) zum EG-Leitfaden „The Rules Governing Medicinal Products in the European Union Volume 4 EU Guidelines for Good Manufacturing Practice for Medicinal Products for Human and Veterinary Use“ steht im Absatz 5.9: „Particle counters, including sampling tubing, should be qualified. The manufacturers recommended specifications should be considered for tube diameter and bend radii. Tube length should typically be no longer than 1m unless justified and the number of bends should be minimized.”

In der Richtlinie VDI 2083, Blatt 3.1: 2012 steht: „Um in Anlagen, bei denen Partikel ≥ 5 μm eine Rolle spielen, ein optimales Ergebnis der Partikelzählung zu erreichen, soll zwischen der Messstelle und dem Partikelsensor ein möglichst kurzer Probenahmeweg liegen. Wenn technische Gründe zu einem Probenahmeweg von mehr als 3 m führen, muss die Funktionalität in Bezug auf das Messergebnis nachgewiesen werden.“

Bereits 2010 wurde im PIC-Leitfaden PI 032-2 (08.01.2010) aufgeführt, dass bei mobilen Partikelzähler für die Reinraumklassenbestimmung ein kurzer Schlauch oder wenn möglich kein Schlauch verwendet werden sollte (Abschnitt 6). Bei festinstallierten Partikelzählern wird in Abschnitt 11 gefordert: „This section addresses concerns especially for the sedimentation of 5 μm particles in remote systems (as a rough example, s-shaped bent tubing of 1.5 m length can already absorb about 30 % of the 5 μm particles). The company must qualify their particle sampler and sampling system for both particle sizes, 0.5 μm and 5 μm”.

In allen Regelwerken wird mit Bezug auf eine maximale Schlauchlänge immer nur darauf hingewiesen, dass die Funktionalität der Probenahme nachzuweisen ist. Seit der Veröffentlichung der ISO 14644, Blatt 1 im Jahre 2015 ist die 1 m Schlauchlänge im Gespräch.

 

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Die Frage

Welche Partikelverluste bei der Probenahme für die Partikelzählung treten bei verschiedenen Schlauchlängen und Schlauchanordnungen für die beiden Partikelgrößen > 0,5 µm und > 5 µm auf?
 

Grundsätzliche Überlegungen für die ­Partikelverluste

  • Welche Art von Partikel sind für die Messungen zu betrachten?
  • Gehen Partikel verloren, wenn diese die Innenwand des Schlauches berühren?
  • Besteht ein Effekt durch wieder Ablösen der Partikel auf den Zählwirkungsgrad?

Aus all diesen Vorgaben und Überlegungen wurden Versuchsreihen festgelegt um die Zählwirkungsgrade für verschiedene Schlauchlängen (8 cm, 1 m und 3 m) für verschiedene Partikelgrößen (≥ 0,5 µm und ≥ 5 µm) zu ermitteln. Als Prüfaerosol wurden Latexpartikel verwendet.

Vorgaben für die Versuchsreihen

Für den Versuch sollen trockene Partikel verwendet werden. Da für die trockenen Latex-Partikel nicht genau mit der gewünschten Zielkonzentration eingestellt werden kann, soll so genau wie möglich die Zielkonzentration erzeugt werden.

  • Es werden pro Messreihe 10 Messungen á 1 Minute durchgeführt
  • Betrachtet werden die beiden Partikelgrößen ≥ 0,5 µm und ≥ 5 µm
  • Vergleichsmessung für 2 Partikelzähler mit gleicher
  • Schlauchlänge (< 10 cm) Partikelzähler 1 (Referenz­messgerät) und Partikelzähler 2 (Prüfling) Vergleichsmessung für 2 Partikelzähler mit unter­schiedlichen Schlauchlängen Partikelzähler 1: Referenzmessgerät: ca. 8 cm und Partikelzähler 2: Prüfling mit verschiedenen Schlauchlängen: 1 m, 3 m und verschiedenen Partikelkonzentrationen. Die Probenahmeschläuche wurden horizontal mit zwei 45° Winkel und einem Radius < 30 cm angeordnet

Verwendete Geräte und Materialien für den Versuch:

  • Latexgenerator Lighthouse, SN: 402965200-1
  • Trockene Latex Partikel mit der Partikelgröße 0,5 µm (Lot HS0050-20) und 5 µm (Lot HS0500-20)
  • Partikelzähler Lighthouse Solair 3100+ SN: 200104043 und 200104044
  • Probenahmeschläuche Bev-a-liner ∅innen ¼“ ,
  • Innenbeschichtung Hytrel Polyester und Außenhülle Polyvinylclorid.

Der Schlauch eignet sich besonders für den Transport von luftgetragenen Partikeln. Unabhängige Tests haben ergeben, dass die Partikelabscheiderate bei diesen Schläuchen die niedrigste Abscheiderate aller getesteten Schläuche ist. Die innere Schlauchbeschichtung ist chemisch inert und kann sich nicht von der Trägerfläche lösen. Die extrem glatte innere Oberfläche verhindert die Anlagerung von luftgetragenen Partikeln zuverlässig.

Versuchsaufbau

Auswertung

Zunächst wird der Einfluss der beiden Probenahmestellen ermittelt. Dies geschieht durch eine simultane Messung der Partikelkonzentrationen mit zwei Partikelzählern. Die Schlauchlänge beträgt < 10 cm. Mit dem Latexgenerator werden Konzentrationen von: 50, 100, 500, 2.000 und 10.000 P/cft angestrebt. Als Vorgabe darf diese mittlere Abweichung nicht größer als 10 % sein. Bei den anschließenden Versuchsreihen werden die Partikelkonzentrationen der beiden Probenahmen (Referenzgerät mit kurzem Schlauch und der Prüfling mit den entsprechenden Schlauchlängen) simultan gemessen. Für die entsprechenden Messreihen wird jeweils der Mittelwert gebildet. Aus den beiden Mittelwerten der Simultanmessung wird die Abweichung pro Messreihe berechnet.

Abweichung der Messreihe:

A = 1 – (CPrüfling / CReferenzgerät) = 1 – (P/R)
CPrüfling  ist die Partikelkonzentration der ­Messung mit verschiedenen Schlauchlängen
CReferenzgerät ist die Partikelkonzentration der Messung mit Schlauchlänge < 10cm

Anschließend wird die mittlere Abweichung für die Messungen mit verschiedenen Partikelkonzentrationen für die jeweilige Schlauchlänge berechnet.
Mittlere Abweichung = A* = ∑A / n
n ist die Anzahl der Abweichungen pro Partikelkonzentration

 

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Zusammenfassung und Fazit

Die beiden Probenahmestellen wurden simultan gemessen, dadurch kann auf eine Betrachtung der Schwankung der Konzentration über die Probenahmezeit verzichtet werden. Grundsätzliche gilt noch für die Betrachtung der Frage zu den Partikelverlusten: In dem verwendeten ¼“ Schlauch und einem Volumenstrom von 28,3 l (1ft3/min) hat man eine Transportgeschwindigkeit von 15 m/s. Dies bedeutet für eine Schlauchlänge von 1 m ist die Verweilzeit des Partikels ca. 0,06 s und bei einer Schlauchlänge von 3 m gerade mal 0,2 s. Findet aber eine Wandberührung des Partikels statt, so geht dieses Partikel aber nicht verloren. Diese trocken, kugelförmigen Partikel werden durch die Wandberührung langsamer durch den Schlauch transportiert. Entweder die Kugeln rollen ein Stück weit der Schlauchwand entlang und kommen dann wieder in den Volumenstrom oder gelangen nach der Wandberührung direkt wieder in den Volumenstrom. Da die Messzeiten für die Partikelmessungen im Reinraum aber standardmäßig immer pro Minute bewertet werden, ist bei einer Wandberührung und einer damit längeren Durchlaufzeit, kein Einfluss für die Partikelzählrate zu erkennen.

Bei der ersten Versuchsreihe wurde die Abweichung der Konzentrationen der beiden Probenahmestellen aus dem Ausgleichsgefäß ermittelt. Zusammenfassend lässt sich auf Grund der Versuche aussagen, dass die Abweichung der verschiedenen Partikelkonzertrationsmessungen bei den beiden Probenahmestellen mit kurzen Schlauchanschlüssen (ca. 8 cm), für die Partikelgröße 0,5 µm eine Abweichung der Zählrate von < 5 % aufweist. Und für die Partikelgröße von 5,0 µm, eine mittlere Abweichung von < 10 % aufweist. Diese mittleren Abweichungen können als grundsätzliche Messtoleranz für die weiteren Messungen für die unterschiedlichen Schlauchlängen angewendet werden.
Betrachtet man nun die Ergebnisse der Messungen für die Schlauchlängen von 1 m und 3 m, so hat man auch hier diese mittleren Abweichungen. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bis zu einer Schlauchlänge von 3 m die Verluste in den Probenahmeschläuche zu vernachlässigen sind. Jedoch gilt zu beachten, dass bei Probenahmeschläuchen mit einem oder mehreren 90° Winkel und engen Radien bereits ab 1 m Schlauchlänge Partikelverluste bis zu 80 % zu erwarten sind.

Autor: Jürgen Blattner, BSR Ingenieur-Büro, Oberhausen-Rheinhausen

 

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