Nachhaltige Fortschritte in der Dichtungstechnik
Interview mit Sven Wilken, Geschäftsbereichsleiter Dichtungsplatten bei Klinger Germany
Nachhaltigkeit wird von dem Dichtungshersteller Klinger Germany ganz konkret in einem Produkt umgesetzt. Das neue Dichtungsmaterial Gaja enthält die größtmögliche Anzahl an erneuerbaren Rohstoffen. Sven Wilken erläutert im Interview die Entwicklung und die Vorteile des neuen Dichtungswerkstoffs aus Naturkautschuk und welche Maßnahmen der Hersteller ergreift, um seinen CO2-Fußabruck zu senken.
Der Dichtungshersteller Klinger weiß, wie wichtig die Unterstützung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Initiativen (ESG) ist und setzt dies mit einem neuen Produkt um. Für das Dichtungskonzept Gaja verzichtet der Hersteller auf die Verwendung von Farbpigmenten und Mineralölen und verwendet die größtmögliche Anzahl an erneuerbaren Rohstoffen wie Naturkautschuk, organische Zellulosefasern und biologisch zirkulierende Kieselsäure. Das Material zeigt, dass Nachhaltigkeit nicht auf Kosten von Leistung oder Ästhetik gehen muss.
Klinger Gaja wurde auf der Achema 2024 vorgestellt und ist nun als Grundwerkstoff für Weiterverarbeiter oder Anwender von Dichtungen verfügbar.
Im Interview erläutert Sven Wilken die Hintergründe für diese Produktentwicklung, welche Vorteile darin für Anwender liegen und was Klinger tut, um seinen CO2-Fußabdruck zu senken.
Am Standort Idstein löst Sven Wilken Norbert Weimer ab. Weimer geht nach fast 33 Jahren bei Klinger Germany in den wohlverdienten Ruhestand. Das Unternehmen bedankt sich bei Norbert Weimer herzlich für die jahrzehntelange Zusammenarbeit und freut sich, Sven Wilken als seinen Nachfolger begrüßen zu dürfen.
CITplus: Welche Rolle spielt der CO2-Fußabdruck Ihrer Produkte bei Ihren Kunden?
Sven Wilken: Der CO2-Fußabdruck unserer Produkte ist für unsere Kunden von großer Bedeutung. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, erwarten Unternehmen von uns umweltfreundliche Lösungen, die ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele unterstützen und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Ein geringer CO2-Fußabdruck ist ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl unserer Produkte.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um den CO2-Fußabdruck Ihrer Dichtungen zu reduzieren?
S. Wilken: Wir setzen auf verschiedene Maßnahmen: Optimierung unserer Produktionsanlagen, um energieeffizienter zu produzieren und auf die Verwendung nachhaltiger Produktionsmittel und Materialien. Wir legen großen Wert auf langlebige Produkte, die seltener ausgetauscht werden müssen, was Ressourcen spart und den CO2-Ausstoß reduziert.
Können Sie das näher erläutern?
S. Wilken: Natürlich. Ein Beispiel ist die Umstellung auf energieeffiziente Produktionsverfahren. Wir haben in modernste Technologien investiert, die weniger Energie verbrauchen und gleichzeitig eine höhere Produktionskapazität ermöglichen. Dazu gehören unter anderem optimierte Heizsysteme und effizientere Motoren. Darüber hinaus nutzen wir, wo immer möglich, erneuerbare Energien, um unseren Energiebedarf zu decken. Dies reduziert nicht nur unsere CO2-Emissionen, sondern auch unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. 2023 wurde des Weiteren auf regional produziertes Bio-Ethanol als Lösungsmittel umgestellt, wodurch wir unsere CO2-Emissionen jährlich um 100 t reduzieren konnten.
Außerdem legen wir Wert auf einen effektiven Umgang mit Reststoffen und der Förderung von Recyclingaktivitäten. Durch die Reduktion von Abfall und die Wiederverwertung von Materialien können wir unseren ökologischen Fußabdruck weiter verkleinern. Dazu gehört auch, ein Bewusstsein für Ressourcenschonung und umweltbewusstes Handeln bei den Mitarbeitenden in allen Bereichen unseres Unternehmens zu fördern. Die regelmäßige Durchführung von Audits und Zertifizierungen stellt sicher, dass unsere Produktionsstandards den höchsten Umweltanforderungen entsprechen. Dies umfasst unter anderem die ISO 14001-Zertifizierung für Umweltmanagementsysteme. Und schließlich auch die Zusammenarbeit mit Lieferanten, um sicherzustellen, dass die von uns verwendeten Materialien und Komponenten umweltfreundlich und nachhaltig sind. Wir wählen unsere Lieferanten sorgfältig aus und arbeiten gemeinsam daran, die Umweltverträglichkeit unserer Produkte kontinuierlich zu verbessern.
Welche Rolle spielen nachwachsende Rohstoffe in Ihrer Produktion?
S. Wilken: Nachwachsende Rohstoffe sind eine vielversprechende Möglichkeit, noch ressourcenschonendere Produkte herzustellen. Diese Materialien wachsen in natürlichen Zyklen nach und können somit die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduzieren. In der Dichtungsindustrie ist der Einsatz nachwachsender Rohstoffe jedoch mit Herausforderungen verbunden, da nicht alle Rohstoffe durch nachwachsende Alternativen ersetzt werden können. Insbesondere bei Zusatzstoffen, die für spezielle chemische und physikalische Eigenschaften erforderlich sind, ist die Umstellung komplex. Dennoch forschen wir intensiv an der Integration solcher Materialien, um unsere Produkte nachhaltiger zu gestalten.
„Durch die Bereitstellung nachhaltiger, leistungsfähiger Produkte tragen wir dazu bei, dass unsere Kunden ihre Umweltziele erreichen und bauen so langfristige Partnerschaften auf.“
Können Sie Beispiele für angepasste Rohstoffe nennen?
S. Wilken: Sicher. Wir verwenden zum Beispiel bei unserem neuen nachhaltigen Produkt Klinger Gaja hauptsächlich Naturkautschuk anstelle von synthetischem Kautschuk. Auch bei der Auswahl von Füllstoffen und Weichmachern bevorzugen wir hier umweltfreundlichere Alternativen, die auf natürlichen Quellen basieren.
Beeinträchtigt das die Leistung Ihrer Produkte?
S. Wilken: Nein, durch intensive Forschung und Entwicklung haben wir Materialien identifiziert, die unseren hohen Qualitätsstandards und den spezifischen Anwendungsgebieten entsprechen. Unsere Produkte behalten ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit, auch wenn wir auf nachhaltige Rohstoffe umstellen.
Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung und Konstruktion?
S. Wilken: Die Umstellung auf nachhaltige Materialien ist verständlicherweise nicht von jetzt auf gleich zu realisieren. Insbesondere die Sicherstellung der Materialkompatibilität und Einhaltung technischer Spezifikationen waren Hürden. Dennoch ist es uns gelungen, zukunftsweisende Lösungen zu finden.
Können Sie uns mehr über die Entwicklungsschritte erzählen?
S. Wilken: Gerne. Einer der ersten Schritte war die umfassende Analyse unserer bestehenden Materialien und Produktionsprozesse. Wir mussten genau verstehen, welche Materialien durch nachhaltige Alternativen ersetzt werden können, ohne die Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Anschließend haben wir umfangreiche Tests durchgeführt, um die Kompatibilität und Qualität der neuen Materialien sicherzustellen. Dieser Prozess erforderte eine enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und Partnern, um innovative Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Was können Sie uns über das neue nachhaltige Dichtunskonzept sagen?
S. Wilken: Klinger Gaja ist ein Dichtungsmaterial für Anwendungen, die einen hohen Anspruch an Nachhaltigkeit haben, darunter die Automobil-, Chemie- und Lebensmittelindustrie. Das Dichtungsmaterial, hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelten Materialien, bietet eine hervorragende Umweltbilanz bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit. Es bietet somit eine umweltfreundliche Alternative, ohne Kompromisse bei der Qualität einzugehen. Durch die Umstellung auf nachhaltige Rohmaterialien wird der CO2-Ausstoß des Materials um 25 % reduziert.
Ist der Einsatz von Rezyklaten in Ihren Produkten möglich?
S. Wilken: Ja, der Einsatz von Rezyklaten ist eine effektive Methode zur CO2-Reduktion. Rezyklate sind aufbereitete Materialien, die aus recycelten Abfällen stammen. Wir integrieren bereits solche Materialien in einigen Produkte, um die Umweltbelastung zu senken, ohne die Qualität und Leistungsfähigkeit der Dichtungen zu beeinträchtigen. Durch den Einsatz von Rezyklaten können wir den Ressourcenverbrauch weiter reduzieren und gleichzeitig einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.