R. Stahl Digital Twin Days: Experten diskutieren Praxiseinsatz von digitalen Zwillingen und Produktpässen
Die ersten R. Stahl Digital Twin Days boten Experten aus Industrie, Forschung und Verbänden eine Plattform für den Austausch über digitale Zwillinge, Verwaltungsschalen und digitale Produktpässe. Die Veranstaltung zeigte, wie diese Technologien Datenflüsse automatisieren, Nachhaltigkeit fördern und Unternehmen auf EU-Vorgaben ab 2026 vorbereiten. Praxisbeispiele demonstrierten Anwendungen in Engineering, Prozessindustrie und Asset Management.
Die ersten R. Stahl Digital Twin Days boten Experten aus Industrie, Forschung und Verbänden eine Plattform, um den praktischen Nutzen von digitalen Produktpässen (DPP) und Verwaltungsschalen (AAS) in der Industrie 4.0 zu diskutieren. Die Veranstaltung zielte darauf ab zu zeigen, wie diese Technologien Datenflüsse automatisieren, Nachhaltigkeit fördern und Unternehmen auf kommende EU-Vorgaben vorbereiten.
Digitaler Produktpass als zentrale Technologie

Dr. Stefan Schork vom ZVEI bezeichnete den digitalen Produktpass als zentrale Technologie der Industrie 4.0, die Unternehmen Transparenz, Effizienz und Nachhaltigkeit ermöglicht. Der DPP bündelt sämtliche Produktinformationen von Herstellung, Materialeinsatz und Nutzung bis zu Reparaturfähigkeit und Recycling in maschinenlesbarer Form und erlaubt automatisierte Datenflüsse über verschiedene Systeme hinweg.
Standardisierte Schnittstellen wie QR-Codes und Verwaltungsschalen erleichtern die Integration in bestehende Produktions- und Gebäudesysteme. Die Möglichkeit, Nachhaltigkeitsleistungen transparent darzustellen, macht den DPP für Unternehmen relevant. Wer seine Ressourcennutzung offenlegt, erschließt neue Geschäftsmodelle für Reparatur, Upgrades und nachhaltige Produktgestaltung.
Digitale Zwillinge reduzieren Datenverlust

Dr. Carl-Philipp Ding vom Digital Data Chain Consortium zeigte, wie digitale Zwillinge in Industrieprojekten eingesetzt werden. Klassisch gehen bis zu 80 Prozent der relevanten Daten zwischen Asset Management, Montage, Instandhaltung und Engineering verloren. Digitale Zwillinge verbinden physische Objekte eindeutig mit ihren digitalen Informationen, wodurch alle Daten effizient nutzbar werden. Die Harmonisierung von Standards wie VDI 2770 und der Asset Administration Shell ermöglicht datenübergreifenden Austausch und Interoperabilität zwischen Unternehmen.
Open-Source-Plattformen vereinfachen Umsetzung
Frank Schnicke von Fraunhofer IESE demonstrierte, wie Open-Source-Plattformen wie BaSyx digitale Anwendungen und Verwaltungsschalen vereinfachen. Die Plattform erlaubt es, Daten standardisiert zu erfassen, zu prüfen und zu teilen. Anwendungen reichen von Produktionsprozessen bis zur Überwachung kritischer Infrastruktur. Eclipse BaSyx ist eine Community-getriebene Initiative, in der Unternehmen von Best Practices lernen und Standards gemeinsam weiterentwickeln können.
Integration in Engineering-Prozesse steigert Effizienz
Constantin Liepert und Siegmund Broja von Siemens Industry Software zeigten, wie AAS-Integration in der PLM-Software Teamcenter und COMOS den manuellen Aufwand reduziert. Ingenieure können Daten zentral abrufen, prüfen und in Stücklisten integrieren. Durch die Nutzung von AAS sparen Ingenieure bis zu 60 Prozent Zeit. Henry Bloch und Richard Zielinski von Aucotec betonten die Vorteile einer kooperativen Plattform, die von Planung über Elektrotechnik und Steuerung bis zum Data Handover alle Phasen abbildet. Standardisierte Submodelle innerhalb der AAS sorgen für konsistente Datenstrukturen und ermöglichen Rückverfolgbarkeit. Johannes Geyrhalter von EPLAN ergänzte, dass verwaltete, standardisierte Datenflüsse die Grundlage für KI-Anwendungen bilden. Mit AAS können Produktionsbenachrichtigungen, End-of-Life-Erkennung und automatische Anpassungen in Projekten umgesetzt werden.
Anwendungen in der Prozessindustrie

Prof. Dr. Michael Hoffmeister von der IDTA unterstrich die Bedeutung digitaler Zwillinge für Frontloading. Prozesse werden bereits in der Planungsphase simuliert, bevor physische Maschinen gebaut werden. So lassen sich Fehler frühzeitig erkennen und kostspielige Nacharbeiten vermeiden. Digitale Zwillinge werden als modulare Verwaltungsschalen umgesetzt, die Mechanik, Elektrik und Software abbilden und interoperabel zwischen Partnern nutzbar sind.
Normung treibt Ökosystem voran
Sebastian Schröder von der DKE machte deutlich, dass Normen und digitale Produktpässe das gesamte Ökosystem unterstützen. Verwaltungsschalen integrieren regulatorische Anforderungen wie Ökodesign oder Cyber Resilience Act und schaffen eine standardisierte, dezentrale Datenbasis. Britta Waligora von conplement berichtete über praktische Erfahrungen. Pilotprojekte mit kleinen Produktgruppen erlauben einen schrittweisen Einstieg, der interne Ressourcen schont und erste Erfolge liefert.
Michael Riester von Endress + Hauser präsentierte, wie digitale Zwillinge und Verwaltungsschalen die Prozessindustrie effizienter machen. Sie erhöhen die Informationsverfügbarkeit, verbessern die Produktqualität und optimieren den Ressourceneinsatz. Durch den Abbau manueller Schnittstellen und Medienbrüche lassen sich Arbeitsabläufe verschlanken. Ronny Becker von der IGR demonstrierte, wie durch NOA und Verwaltungsschale Eigensicherheitsnachweise automatisiert werden. Sensorinformationen, Geräteseriennummern und Zertifikate fließen direkt in Anwendungen und werden sofort aktualisiert. Martin Mayer von ZETA zeigte, wie physikalische digitale Zwillinge für Reinraumprozesse oder Wartungsplanung genutzt werden. Durch Simulationen, 3D-Darstellung und standardisierte Bausteine können Betriebszustände vorausschauend geplant werden.
Fazit: Standardisierung und Vernetzung als Schlüssel
Roland Dunker, Head of Digital Services bei R. Stahl, fasste zusammen: Wer frühzeitig digitale Zwillinge implementiert, spart Zeit, Ressourcen und steigert die Transparenz entlang der Wertschöpfungskette. Die Kombination aus technologischen Lösungen, offenen Standards und praxisnaher Umsetzung schafft die Basis für die Industrie 4.0.
Die R. Stahl Digital Twin Days zeigten, dass Datenflüsse, Standardisierung und digitale Zwillinge die Zukunft der Industrie 4.0 bestimmen. Digitale Transformation gelingt durch das Zusammenspiel von Technologie, Standards und Anwendern.












