Wert und Preis von Fleischalternativen
Seit über einem Jahr spüren die Deutschen die Auswirkungen der angespannten politischen Situation auch im Geldbeutel.
Seit über einem Jahr spüren die Deutschen die Auswirkungen der angespannten politischen Situation auch im Geldbeutel. Energiepreise, Rohstoffknappheit und die Inflation: Verbraucher*innen im Supermarkt wägen stärker ab, was in den Einkaufskorb kommt. Auch beim Kauf von Fleisch und Fleischalternativen werden Abstriche gemacht. Dass sich die Preise für Fleischprodukte stark erhöht haben, ist u. a. auch auf die in den letzten zwölf Monaten überproportional gestiegenen Rohwarenpreise zurückzuführen. Doch bereits vor der angespannten Preissituation für Lebensmittel, hat der Preis von Fleischalternativen für viele Konsument*innen eine Rolle bei der Kaufentscheidung gespielt, wie eine Studie im Report „Angerichtet“ der Rügenwalder Mühle zeigt. Nach wie vor sind vegane und vegetarische Produkte oft teurer als ihre Vorbilder aus Fleisch.
Woran liegt das – auch abseits von Rohstoffpreisen und Inflation? Während die heutige Fleischwirtschaft aufgrund großer Mengen, ausgereifter Technik und jahrelanger Erfahrung sehr effizient ist, erfordert der vergleichsweise neue Markt der vegetarischen und veganen Alternativen noch höhere Kosten bei Forschung und Entwicklung.
Dies schlägt sich ebenso auf deren Preis nieder wie die unterschiedliche Rohstoffzusammensetzung: „Der Markt für pflanzliche Proteine wächst weltweit.
Dementsprechend stellen die Verfügbarkeit, Qualität und Herkunft der Rohstoffe eine große Herausforderung dar“, erklärte Michael Hähnel, Geschäftsführer der Rügenwalder Mühle, die seit 2014 auf diesem Markt vertreten ist. Trotzdem ist und bleibt für Hähnel der Bereich der veganen und vegetarischen Fleischalternativen ein Wachstumsmarkt mit viel Potenzial. Eine Möglichkeit, die Rohstoffversorgung sicherzustellen, sieht er im lokalen Anbau: „Beste Zutaten so regional wie möglich zu beschaffen, ist uns sehr wichtig. Durch unseren Sojaanbau in Deutschland bekommen wir z. B. mehr Nähe zu unseren Lieferanten und Erzeugern. Das spart nicht zuletzt auch CO2-Emissionen und verbessert die Nachhaltigkeit unserer Produkte.“
Mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) im Report „Angerichtet“ der Rügenwalder Mühle glauben, dass Menschen perspektivisch nur noch ab und zu Fleisch- und Wurstprodukte essen werden. Doch greifen Verbraucher*innen nicht eher zu Fleisch statt zu höherpreisigen Fleischalternativen, wenn die Preise im Supermarkt hoch sind? Darauf fand Handels-Expertin Birgit Schröder im Report „Angerichtet“ eine Antwort: „Bisher haben wir immer beobachtet, dass gerade die junge Zielgruppe die sprunghafteste ist und am stärksten reagiert. Bemerkenswerterweise sehen wir jetzt, dass sich die Jüngeren sowohl beim Thema Bio als auch beim Thema der nachhaltigen Produkte kaum bewegen bzw. sogar daran festhalten.“ Trotzdem spielt die Preisthematik laut Umfrageergebnissen weiterhin eine wichtige Rolle. So ist 61 % der befragten Fleischesser*innen Fleisch in Bio-Qualität zu teuer. Und während für 41 % der Befragten nichts dazu führen könnte, ihre Ernährung zu ändern, wären günstigere Fleischalternativen für 26 % ein möglicher Faktor, diesen Schritt zu gehen.
„In der jetzigen Situation, mit Inflation und gestiegenen Preisen, schauen die Verbraucher*innen mehr auf den Preis, aber trotzdem noch auf die Tierhaltungsform“, so Birgit Schröder. „Außerdem stellen sich Konsument*innen heute eine ganz neue Frage beim Einkaufen: Kaufe ich Fleisch, Fleischalternativen oder keines von beidem? Vor 2014 gab es keine Fleischalternativen. Da hat man sich nur gefragt: Kaufe ich Fleisch oder kein Fleisch?“ Es bleibt abzuwarten, wie sich die Kategorien Fleisch und vegetarisch/vegan mit Blick auf die aktuelle Lage entwickeln – und ob sich die Preise der beiden Sparten weiter annähern. „Die Inflation und das daraus resultierende Sparverhalten der Konsument*innen lassen vegetarische und vegane Fleischalternativen nicht mehr so stark wachsen und dämpfen zusätzlich die Nachfrage nach Markenprodukten zugunsten von Handelsmarken“, erklärte Michael Hähnel. Birgit Schröder stimmte dem zu: „Ich gehe davon aus, dass der Eigenmarkenanteil im Bereich Fleischalternativen signifikant wachsen wird.“ Dadurch erhöht sich das Angebot, mehr Verbraucher*innen greifen zu. Die Folge: Wenn die Nachfrage steigt, wird auch in größeren Stückzahlen produziert. Und das senkt am Ende wiederum die Preise.