Wie authentisch und sicher sind unsere Lebensmittel?
Nach wie vor ist die Authentizitätsbestimmung ein wichtiges Thema in der Lebensmittelbranche.
Mit steigendem Bewusstsein der Verbraucher für eine gesunde Ernährung und der daraus resultierenden gesteigerten Nachfrage nach Bioprodukten und Lebensmitteln aus nachhaltiger regionaler Landwirtschaft und ökologischem Anbau gewinnt die Herkunftsanalytik neben der Pestizid-, Herbizid- und Hormonanalytik weiter an Bedeutung. Denn mit wachsendem Marktpotential erhöht sich auch die Gefahr von Lebensmittelverfälschungen und Täuschungen in diesem Segment.
Im Sinne des Verbraucherschutzes ist Lebensmittelbetrug, sogenannter Food Fraud, zwar verboten, aber die Praxis der amtlichen Überwachung zeigt das Gegenteil. Falsch deklarierte Angaben über den geographischen Ursprung, über die Differenzierung biologisch oder konventionell sowie non-gentechnisch und gentechnisch modifiziert sind allgegenwärtig. Auch Vermischungen mit günstigeren Inhaltsstoffen wie Sirup und Fett, Verdünnungen und Streckungen teurer Lebensmittel wie Öle und Weine oder falsche Sortenangaben beispielsweise bei Getreide sowie verbotene Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Aromastoffe und andere Additive tragen wesentlich zur Gewinnmaximierung bei. Selbst bei Missernten durch extreme Wetterbedingungen sind dem Einfallsreichtum im Food Fraud keine Grenzen gesetzt wie das folgende Beispiel zeigt. Nachdem 70 % der Haselnusstriebe im Hauptanbaugebiet Türkei 2017 wetterbedingt abstarben, tauchten im Markt mit anderen Nusssorten wie bspw. Erdnüssen gestreckte Haselnüsse und Haselnussprodukte auf.
Zwar werden die Nachweismöglichkeiten in der Lebensmittelanalytik ständig optimiert, um im Target wie auch im Non Target Bereich Verunreinigungen, verbotene Zusatzstoffe oder Allergene eindeutig identifizieren zu können. Professionelle Lebensmittelfälscher sind heute jedoch häufig auf dem gleichen technischen Niveau wie die amtliche Überwachung, weshalb es immer wieder zu öffentlichkeitswirksamen Skandalen kommt. Das gilt für Bio-Eier, Bio-Gemüse und Bio-Obst wie für besondere Honigsorten, für Milch, regionale Fleischerzeugnisse, Fisch und Meeresfrüchte aus bestimmten Fanggebieten oder Weine aus speziellen Anbaulagen ebenso wie für Gewürze, vegane und vegetarische oder gluten- und laktosefreie Produkte. Im Sinne des Verbraucherschutzes und zur Vermeidung von solchen Lebensmittelskandalen müssen die deklarierten Angaben eindeutig nachprüfbar sein. Unverzichtbar sind dabei hochleistungsfähige Analysensysteme und zukunftsfähige Nachweisverfahren zur Überprüfung von Herkunft und Echtheit wie sie auf der Analytica 2018 in München ausgestellt wurden. Ziel muss es sein, die Verfälschung und den Betrug bei Lebensmitteln, Getränken und Lebensmittelkontaktmaterialien aufzudecken. Bei einem Gesamtvolumen von 230 Mio. € an verfälschten beschlagnahmten Lebensmittelwaren durch Europol-Interpol gewinnt die Thematik aus der wirtschaftlichen Perspektive an Relevanz.
Letztlich müssen die auf Lebensmittel- und Getränkeverpackungen gemachten Angaben den Inhalts- und Zusatzstoffen entsprechen. Diese dürfen keine gesundheitlichen Risiken für den Verbraucher bergen. Der Verbraucher darf bei seiner Kaufentscheidung nicht getäuscht werden. Irreführende Angaben und unzutreffende Hinweise auf bestimmte Wirkungen sind ebenso verboten wie unerlaubte Zusatzstoffe. Prof. Markus Fischer, Direktor der Hamburg School of Food Science dazu: „Zwar waren unsere Lebensmittel noch nie so sicher wie heute. Dennoch: Vertrauen ist gut, doch Kontrollen sind besser – damit Betrug (Food Fraud) keine Chance hat.“
Pestizide, Herbizide, Insektizide und andere Rückstände in Lebensmitteln
In der Lebensmittelherstellung sind Eingangskontrollen der Rohstoffe und eine gesetzeskonforme rechtliche Qualitätsüberwachung Voraussetzung für die Lebensmittelsicherheit. Vor diesem Hintergrund wird die Einhaltung der geltenden Rückstandshöchstgehalte von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln, von Mykotoxinen und Mikroorganismen, aber auch von Tierarzneimitteln und Schwermetallen oder Dioxinen überwacht. Weltweit kommen im Pflanzenschutz mehr als 1.000 verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz. In der Pestizidanalytik sind insbesondere beim Non-Target Screening Multikomponentenmethoden notwendig. Mikroplasmen als Alternative zur Electrospray-Ionisierung eröffnen dabei in der LC/MS-Kopplung neue Detektionspotenziale. Nach wie vor steht der mengenmäßig bedeutendste Wirkstoff von Herbiziden, das Glyphosat, aufgrund seiner Gesundheitsgefahren und Pflanzenresistenz aus Sicht der Öffentlichkeit und der Wissenschaft heftig in der Kritik.
Mykotoxine
Extreme Niederschlagsmengen, die auf den Klimawandel zurückgeführt werden können, führen zu vermehrtem Schädlings- und Schimmelpilzbefall. Oft gehen dabei die eigentlichen Gefährdungspotenziale nicht nur von den Pflanzenpathogenen, sondern auch von den gebildeten toxischen Metaboliten aus. Die Zahl der mit Mykotoxinen kontaminierten Lebensmittel nimmt rasant zu. Weltweit rechnet man mit einem erheblichen Risiko durch Mykotoxine wie den kanzerogenen Aflatoxinen für Gesundheit und Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund wird die Entwicklung leistungsfähiger Analysenmethoden, die in der Lage sind, bisher unbekannte Metabolite und Toxine zu identifizieren immer wichtiger. Massenspektrometrische Verfahren wie die LC/MS/MS-Kopplungen als Basis für Metabolomics-Technologien werden zur Bestimmung bakterieller und fungaler Metabolite und ihrer Mykotoxine eingesetzt, um die Belastungssituation durch Schimmelgifte erfassen zu können. Ernteprodukte wie Mais, Raps, Soja, Gemüse, Nüsse, Kaffeebohnen oder Teepflanzen und daraus hergestellte Lebensmittel sind besonders betroffen.
Personalisierte Ernährung
In unserer Gesellschaft steht die gesunde Ernährung im Fokus. Damit steigen Nachfrage und Bedarf an funktionellen Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmitteln. Prä- und Probiotika sowie Nutrazeutika werden immer beliebter. Sekundäre Pflanzenwirkstoffe und funktionelle Inhaltsstoffe werden heute schon gezielt für spezifische diätische Ernährungsmodelle im Hochleistungssport, bei Allergien sowie bei bestimmten Krebs- und Stoffwechselerkrankungen oder zur Vorbeugung und Verhinderungen von Arteriosklerose genutzt. Der Markt für gluten- und laktosefreie Produkte wächst stetig und damit auch hier die Zahl an Verfälschungen, so dass die Auflagen innerhalb der EU strenger werden. Eine zukunftsfähige Lebensmittelanalytik ist von zentraler Bedeutung, damit Grenzwerte eingehalten und Gefährdungspotenziale ausgeschlossen werden können.
Original oder Fälschung
Um bei Lebensmitteln die biologische Identität, den geographischen Ursprung und spezifische Produktionsfaktoren eindeutig identifizieren zu können, bedarf es der referenzbasierten Erfassung molekularer und submolekularer Fingerabdrücke. Dabei macht es Sinn, mehrere Technologien mit maximal möglicher Auflösung zu kombinieren.
Sogenannte Omics-Technologien wie Genomics, Proteomics, Metabolomics und Isotopolomics liefern ein hochaufgelöstes Bild der Probe mit maximalem Informationsgehalt. Die Kopplung chromatographischer und spektrometrischer Analysenmethoden sowie Sequencing- und Next Generation Sequencing Verfahren definieren heute die moderne Lebensmittelanalytik. Die multidimensionale Datenerfassung stellt dabei die Rohdatenprozessierung und eine sinnvolle Auswertung vor besondere Herausforderungen. Ein stetiger Referenzabgleich, chemometrische Grundlagen und neue Entwicklungen im Bereich Software und Bioinformatik sind auch für das Datenmanagement in der Lebensmittelanalytik wichtig geworden. Die Archivierung großer Datenmengen macht dabei die Entwicklung von Datenbanken und deren Einbindung in die Prozesse notwendig.
Bei all dieser Komplexität sollen in der Routine die Analysenmethoden für den Nutzer einfacher und auch günstiger werden. Eine Analysenvereinfachung kann über Food Targeting bis zum Food Sensing als Einzelmarkernachweis möglich werden. Ziel ist es, mit Barcoding und einfachen Fertigtests, die mit solchen aus der medizinischen Diagnostik vergleichbar sind und die vom Personal nach kurzer Einarbeitungszeit routinemäßig angewendet werden können, schnell und kostengünstig quantifizierbare Ergebnisse zu erhalten. Mit Blick in die Zukunft könnten auch im Bereich Home Testing und Point-of-care Testing solche einfach anzuwendenden Testsysteme für den Verbraucher Realität werden.
Lebensmittelanalytik der Zukunft – leistungsstark und datensicher
Von der Probenahme über die Analytik bis zur Auswertung und Speicherung in Datenbanken wird auf der Analytica das gesamte Spektrum der Lebensmittelanalytik abgebildet. Dabei werden Hightech-Entwicklungen, Methodenoptimierungen und auch Routineapplikationen von namhaften Experten im Live Lab, in der Ausstellung und auf der Conference vorgestellt.
Informieren Sie sich vom 21.– 24. Juni in München auf der Analytica über die neuesten Trends der Branche und machen Sie sich vor Ort ein Bild vom Lebensmittellabor der Zukunft.
Weitere Informationen zur Messe finden Sie unter: www.analytica.de
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