Das Energierückgewinnungs-System Equitherm von Krones ist für die Privatbrauerei Gaffel die richtige Wahl
„Et bliev nix wie et wor“ („Nichts bleibt, wie es war“): So lautet Artikel 5 des Kölschen Grundgesetzes, eine Zusammenstellung elf mundartlicher Redewendungen aus dem Rheinland.
„Et bliev nix wie et wor“ („Nichts bleibt, wie es war“): So lautet Artikel 5 des Kölschen Grundgesetzes, eine Zusammenstellung elf mundartlicher Redewendungen aus dem Rheinland. Das gilt auch für die Kölner Privatbrauerei Gaffel: In der bisherigen Brauerei in der Innenstadt waren die Kapazitäten erschöpft – mehr Platz musste her. Natürlich wollte die Familienbrauerei dabei weiterhin eigenständig bleiben und effizient produzieren. Deshalb machte Gaffel einen großen Schritt in Richtung Zukunft – und legte seine zwei Braustätten zu einer zusammen.
Neuer Standort für die Brauerei Gaffel
Noch bis vor kurzem unterhielt die Privatbrauerei Gaffel zwei Braustätten. Seit 1908 braut sie ihr Gaffel-Kölsch traditionell mitten in Kölns Innenstadt, nur einen Katzensprung vom Kölner Dom entfernt. 1998 übernahm sie im Stadtteil Porz-Gremberghoven dann die Richmodis-Brauerei. Kegs und Pittermännchen werden zudem im Kölner Norden im Stadtteil Bilderstöckchen befüllt. Die Flaschen lässt Gaffel schon seit jeher bei einem Lohnabfüller abfüllen.
Doch die Innenstadt-Lage brachte einige Probleme mit sich: Die Versorgung mit Roh- und Hilfsstoffen und der Tank-Lkw-Verkehr gestaltete sich zunehmend als logistische Herausforderung. Die beengte Lage des Gebäudekomplexes inmitten eines Straßenzugs in der Nähe des Kölner Hauptbahnhofs ließ keine Möglichkeiten zur Expansion zu. Auf nur 2.000 Quadratmetern Fläche braute Gaffel fast eine halbe Million Hektoliter pro Jahr. Für Gaffel gab es deshalb nur eine logische Konsequenz: Mittelfristig die drei Standorte zu einem zusammenzuführen. Geradezu ideal bot sich dafür das Gelände der ehemaligen Richmodis-Braustätte an. Neben der kurzen Anbindung an die Autobahn passte auch die vorhandene Infrastruktur nahezu perfekt: Die Produktionsstätte liegt in einem ausgewiesenen Industriegebiet – dort kann problemlos rund um die Uhr produziert werden. Und das Gelände verfügt über einen eigenen Tiefbrunnen mit verbrieftem Wasserrecht. Was lag also näher?
Turnkey-Lösung von Krones
2012 begann Gaffel mit der Umzugsplanung, startete klassisch eine Ausschreibung unter den Anbietern von Brauerei-Prozesstechnik – und entschied sich am Ende für Krones. „Es war nicht unbedingt das günstigste Angebot, aber die beste technische Gesamtlösung“, sagt Reiner Radke, Geschäftsleitung Technik und Logistik, und hebt einige Punkte hervor: „Wir setzen in großem Umfang für die gesamte Produktion Doppelsitzventile von Evoguard ein. Sie sind deutlich kleiner als die des Wettbewerbs und alle Komponenten lassen sich auch ohne Spezialwerkzeug wechseln. Ähnliches gilt für die Evoguard Pumpen, die zusätzlich einen niedrigeren Energieverbrauch als vergleichbare Komponenten aufweisen. Außerdem waren unsere Mitarbeiter schon mit Krones Anlagen vertraut: Das vorhandene Richmodis-Sudhaus war von Steinecker und in der Gaffel-Braustätte am Eigelstein nutzten wir bereits das Prozessleitsystem Botec F1 mit integrierter Siemens-S7-Steuerung.“
Gaffel betraute Krones also mit einer Turnkey-Lösung, lediglich die Installation des neuen Kesselhauses nahm die Brauerei in Eigenregie vor. Die vorhandenen Anlagen von Richmodis wollte Gaffel teilweise weiter nutzen und sie mit neuen Aggregaten ergänzen. Die einzigen Komponenten, die Gaffel aus der im Herzen Kölns gelegenen Stamm-Braustätte mitnahm, waren ein Schichtenfilter und das Filtrationssystem TFS von Steinecker. „Den Schichtenfilter wollten wir behalten, weil wir kaltsteril abfüllen –ohne Kurzzeiterhitzung oder gar Pasteurisierung“, erläutert Reiner Radke. „Wir haben uns aus verschiedenen Gründen bewusst gegen eine Membranfiltration entschieden, unter anderem, weil wir davon ausgehen, dass wir den TFS in näherer Zukunft auch mit Zellulose statt Kieselgur fahren können.“
Die Neugestaltung der Braustätte in Porz hatte einen ambitionierte Zeitrahmen:
- Ende 2014: Letzte Produktion von Richmodis-Kölsch,
- ab März 2015: Umbau des Werks,
- ab März 2016: Produktionsstart.
Das neue Fünf-Geräte-Sudwerk
- produziert bis zu neun Sude pro Tag mit je 320 Hektolitern Kaltwürze.
- erhöht die Jahreskapazität von 500.000 hl auf 650.000 hl.
- wird fünf Tage in der Woche rund um die Uhr betrieben.
- erzielt eine Verdampfungsrate von unter 4% (früher über 10%).
35% weniger thermische Energie
Vor allem beim Thema Energieeinsparung konnte Gaffel mit dem neuen Sudhaus einige Vorteile erzielen:
- Die Entscheidung für das Energierückgewinnungs-System Equitherm trug wesentlich dazu bei, dass die neue Gaffel-Braustätte ihren Energieverbrauch reduzierte – und zwar um rund 35% thermische Energie und etwa 30% elektrische Energie, jeweils bezogen auf einen Hektoliter. „Equitherm ist energetisch betrachtet erste Wahl. Hinzu kommt, dass die thermische Belastung der Maische beim Aufheizvorgang gering ist“, urteilt Reiner Radke. „Wir haben eine ausgeglichene Energiebilanz: Die gesamte thermische Energie, die wir produzieren, verbrauchen wir auch. Gleichzeitig war der technische Aufwand dafür überschaubar.“
- Das neue Kesselhaus trägt ebenfalls zur Energieeinsparung bei: Der frühere Dampfverbrauch von rund zehn Tonnen Dampf pro Stunde konnte fast halbiert werden.
- Gaffel kann jetzt ausschließlich das in der Regel kostengünstigere Erdgas verwenden.
- Weiterhin schlägt die zentrale CIP-Anlage beim Energieverbrauch positiv zu Buche. Mit deren Zentralisierung, getrennt nach Unfiltrat und Filtrat, konnte die Produktpalette an Reinigungs- und Desinfektionsmitteln reduziert werden. Gaffel verwendet jetzt nur noch Natronlauge und Salpeter-/Phosphorsäure als Reinigungsmittel sowie Peressigsäure als Desinfektionsmittel. Auf Chlorprodukte oder ähnliche Mittel wird komplett verzichtet. „Das vereinfacht das Handling, reduziert den Verbrauch und entlastet das Abwasser“, sagt Reiner Radke. In jeder Abteilung nehmen induktive Durchflussmessgeräte Verbrauchsmessungen vor und sorgen so für eine genaue Zuordnung und Kontrolle der Verbräuche. Außerhalb des zentralen Chemikalienstandorts baute Krones einen Abtankplatz, um das Abwasser bei möglichen Havarien abzusichern.
Erweiterung des Gär- und Lagerkellers
Die Druck-, Gär- und Lagertank-Kapazitäten ließ Gaffel von Krones in einem Zuge ebenfalls erweitern. In der alten Braustätte hatte die Brauerei noch mit offener Gärung und Kräusen gearbeitet, jetzt stellt sie auf das Zwei-Tank-Gärverfahren in zylindrokonischen Tanks (ZKTs) um. Die hohen Qualitätsstandards mussten natürlich weiterhin sichergestellt werden. Dass dies gemeistert wurde, zeigen die Geschmackstests: „Den Kunden ist der Wechsel von der alten zur neuen Braustätte gar nicht aufgefallen – sie konnten wie gewohnt den guten Geschmack von Gaffel-Kölsch genießen“, erklärt Reiner Radke. „Den Kölner Karneval 2016 belieferten wir noch von der alten Brauerei aus. Dann stellten wir dort die Produktion ein, siedelten die Filteranlage in die neue Braustätte um und begannen hier fast nahtlos mit der Produktion – ohne dabei alte Bierbestände mit neuem Bier verschneiden zu müssen.“ Auch die Anlieferung der neuen Tanks lief problemlos. „Die neuen ZKTs haben eine Höhe von rund 22 Metern und einen Durchmesser von sechs Metern. Das war die maximale Größe, die wir vom Rheinufer durch Köln transportieren konnten – aber es hat funktioniert“, erläutert Reiner Radke. „Vor allem lag ein großer Vorteil darin, dass sie fertig isoliert auf der Baustelle eintrafen, dann auf Stahlzargen gesetzt wurden und nur noch miteinander gekoppelt werden mussten.“
Zentrale Filterhilfsmittel-Verwaltung
Die Filterhilfsmittel und Stabilisierungsmittel verwaltet Gaffel zentral. Krones installierte eine Big-Bag-Anlage mit Wägezellen-Technik, Dosiereinrichtung und Anmischbehälter. Das Dosieren und Anmischen erfolgt vollautomatisch. Die Mitarbeiter hängen mit einem Kran nach Bedarf neue Big Bags ein und kommen ansonsten nicht mit der Kieselgur in Berührung. „Das erhöht die Arbeitssicherheit und reduziert mögliche gesundheitliche Gefährdungen. In einem modernen Braubetrieb nimmt die körperliche Arbeit immer mehr ab, es kommt zunehmend auf intellektuelle Leistung an“, sagt Reiner Radke.
Für den Filterkeller lieferte Krones auch einen neuen Kieselgur-Entsorgungstank, eine Karbonisieranlage und eine Wasser-Entgasungsanlage. Die Wasseraufbereitungsanlage Hydronomic besteht aus einem Modul zur Entmanganung, einem Aktivkohlefilter und einer Umkehrosmose-Anlage. Diese verarbeiten das Wasser aus dem eigenen Tiefbrunnen. Ebenfalls zentral ließ Gaffel eine Be- und Entlüftungsanlage für die gesamte Brauerei einbauen, die eine potentielle Schimmelbildung verhindert. Die Steuerung der gesamten Brauerei übernehmen zwei Schaltzentralen mit redundantem Krones Prozessleitsystem Botec F1. Vektorbasierende und zoomfähige grafische Oberflächen ermöglichen eine intuitive Bedienung. Jeder Mitarbeiter kann sich über Mehrfachdarstellungen die einzelnen Module zur Programmsteuerung auf einem Monitorfenster nach eigenem Belieben konfigurieren (Dashboard-Funktion).
Gute Zusammenarbeit mit Krones
Zu Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 90 Monteure auf der Baustelle und die Sicherheitsmaßnahmen zahlten sich aus: Während der gesamten Zeit ereignete sich kein einziger Arbeitsunfall. Die Brauerei kann nun im Dreischichtbetrieb von nur zehn Mitarbeitern betrieben werden, davon sechs in der Produktion und vier in der Qualitätssicherung. „Theoretisch könnten wir die Braustätte mit einem Bediener pro Schicht fahren, wenn der Tankwagen- und Containerbetrieb einmal entfällt“, erklärt Reiner Radke. „Wir haben mit Krones gut und professionell zusammengearbeitet. Weil sich ein solches Projekt im Laufe der Zeit ja auch verändert, war es wichtig, dass beide Seiten bei notwendigen Anpassungen flexibel waren. Auftretende Schwierigkeiten wurden für beide Seiten zufriedenstellend gemeistert, Meinungsunterschiede fair ausgeräumt. Die Montage der Anlagen ist nach Plan termingerecht durchgeführt worden.“
Der Artikel 10 des Kölschen Grundgesetzes lautet: „Drinks de ejne met?“ („Trinkst du einen mit?“) – diese Frage kann Reiner Radke nach gelungenem Abschluss des Projekts nun getrost mit „Ja“ beantworten.
Ständig frisch aus der Stange
Kölsch ist eine helle, obergärige Bierspezialität, die nur in Köln und dem benachbarten Umland gebraut werden darf. Der Kölner Brauereiverband wacht mit der „Kölsch-Konvention“ über die Einhaltung der geschützten Herkunftsbezeichnung. Das hochvergorene, hopfenbetonte und blanke Bier wird traditionell in der so genannten „Kölsch-Stange“, einem schlichten, schlanken Glas kredenzt. Kölsch ist ein klassisches Kneipenbier, das am Besten in Gesellschaft und ständig frisch aus der Stange genossen wird.
Die Konzentration in der Brauindustrie hat auch vor dem Kölsch-Biermarkt nicht haltgemacht. Zwar gibt es noch immer 24 verschiedene Kölsch-Marken, gebraut werden sie aber nur noch von neun Kölsch-Braustätten. Der Gesamtausstoß von Kölsch-Bier dürfte sich zwischen 1,8 und 2,0 Mio. hl pro Jahr bewegen, davon werden etwa 700.000 hl in Fässer gefüllt. Mehr als 90% des Kölsch wird regional abgesetzt. Gaffel ist die zweitgrößte Kölsch-Brauerei und exportiert in europäische Länder, nach Südkorea und in die USA.