Druckregelventile zur Notversorgung mit technischen Gasen
Scheinbar simpel, stellt die Versorgung mit technischen Gasen Nutzer schnell vor technische und logistische Herausforderungen, die innovative und verlässliche Lösungen erfordern. Eine solche Lösung sind Druckregelventile, die die Versorgung mit technischen Gasen in der geforderten Menge selbst bei einem Ausfall von Strom und Instrumentenluft durch eine mechanische Regelung sicherstellen.
Technische Gase werden oftmals durch Abkühlung bei hohem Druck verflüssigt und bei niedriger Temperatur gelagert und transportiert. Durch die Verflüssigung verringert sich das Volumen des Mediums signifikant: bei Umgebungsdruck werden bspw. aus 1 l Flüssigstickstoff ca. 800 l Gas. Die Lagerung des verflüssigten technischen Gases erfolgt in Standtanks. Eine vereinfachte Schaltung eines Standtanks zeigt die Abbildung.
Lösungsmöglichkeiten nach Bedarf technischer Gase
Durch die Entnahme des Mediums über die Verbraucherleitung sinkt der Druck im Tank. Um dem entgegenzuwirken, wird im Druckaufbaukreislauf durch teilweises Verdampfen des gelagerten Mediums der Druck konstant gehalten. Die Ventile am Standtank sind dabei herausfordernden Prozessbedingungen ausgesetzt. Sie müssen zahlreiche extreme Temperaturwechsel aushalten und ggf. gleichzeitig für den Einsatz von Sauerstoff geeignet sein. Werkstoffe, die diese Anforderungen erfüllen, sind Edelstahl, Sondermetalle, aber auch Messing oder Bronze.
Die Versorgung eines Verbrauchers mit technischen Gasen kann auf verschiedenen Wegen geschehen. Kleine Mengen werden bei Umgebungstemperatur in Druckzylindern gelagert und transportiert. Für mittlere Mengen wird das Medium verflüssigt und in dieser Form auf der Straße transportiert. Bei großen Mengen, z.B. bei Zusammenfassung mehrerer Nutzer an einem Standort, kann eine Versorgung mittels Pipeline wirtschaftlicher sein. Um bei Transportproblemen und anderen Notfällen die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, werden Reservestandtanks im Gasversorgungssystem eingebunden. Die Notversorgung muss auch beim Ausfall von Instrumentenluft oder elektrischem Strom funktionieren und bei einer großen Entnahmemenge durch den Verbraucher eine ausreichende Durchflusskapazität bieten. Traditionelle Ventile für tiefkalte Anwendungen können das nicht leisten. Der Anbieter Samson hat deshalb für große Entnahmemengen eine – rein mechanische – Lösung entwickelt.
Mechanik des Druckregelventils
Das Druckregelventil besteht im Wesentlichen aus einem Ventilkörper und einem Membranantrieb. Der Antrieb nutzt eine Rollmembran aus einem geeigneten Elastomer. Rollmembranen regeln generell genauer als vergleichbare Flachmembranen, weil keine zusätzlichen Kräfte durch Dehnung des Materials auftreten. Bei herkömmlichen Antrieben könnte diese Membran bei starker Abkühlung, an der sogenannten Glasübergangstemperatur, hart werden. Beim Druckregelventil reduziert ein Zwischenstück (Position 12 aus Abb. unten) mit einer internen Abdichtung mittels Metallbalg die Wärmeleitung vom Ventil zur Antriebsmembran, sodass die Antriebstemperatur kaum von der Mediumtemperatur beeinflusst wird und die Membran nicht in den kritischen Bereich herunterkühlt.
Bei einem Arbeitshub des Antriebs wird das kalte Medium aus dem Ventil durch eine Kapillare von mehreren Metern Länge auf Umgebungstemperatur aufgewärmt, bevor es den Antrieb erreicht. Einen zusätzlichen Schutz bietet die Wahl eines für die Prozessbedingungen geeigneten Membranwerkstoffs. Beide Maßnahmen zusammen – Tieftemperaturverlängerung mit Metallbalg und Wahl des Antriebswerkstoffs – erlauben auch bei tiefkalten Gasen den Betrieb des Antriebs ohne zusätzliche Beheizung.
Diese speziellen Druckregelventile von Samson sind vielseitig konfigurierbar. Aus einer Standardbaureihe von Ventilen steht eine Vielzahl von Nennweiten und Durchflusskapazitäten zur Auswahl. Durch die Wahl des Membranantriebs können Druckminderventile zum Schutz nachdruckseitiger Einrichtungen, aber auch Überströmventile zum Schutz vordruckseitiger Einrichtungen (manchmal Druckhalteventile genannt) realisiert werden. Sorgfältig abgestimmte Kombinationen aus Membranflächen und Federpaketen erlauben eine Vielzahl von Sollwertbereichen.
Ventillösung für hohe Durchflussmengen
Auch extreme Durchflusskapazitäten für hohe Versorgungsmengen, wie sie beim Anschluss ganzer Standorte benötigt werden, sind möglich. In solchen Fällen könnten pilotgesteuerte Ventile nochmals größere Ventilnennweiten erlauben, wobei das oben beschriebene Ventil als Pilotventil dienen würde. Eine solche Kombination hat einen weiteren Vorteil: Immer wieder findet sich im praktischen Betrieb eine geringe Grundlast, aber eine hohe Abnahmespitze, bspw. beim Spülen oder beim Inertisieren eines Behälters. Diese Verbrauchsspitzen (teilweise über 100:1 im Vergleich zur Grundlast) sind mit nur einem Druckregelventil praktisch nicht zu realisieren. Eine Kombination aus kleinem Pilotventil und großem Hauptventil erlaubt auch für diesen Fall eine Lösung ohne zusätzliche Hilfsenergie.
Als Systemlieferant entwickelt Samson nicht nur einzelne Ventile, sondern auch komplette Druckregelstationen, wie folgendes Beispiel zeigt. Zur Instandhaltung eines als Notversorgung eingesetzten Druckregelventils sollte eine Absperrung des Druckminderventils vorgesehen werden. Die Installation dient dazu Probleme zu verhindern, die nach Murphys Gesetz immer dann auftreten, wenn sie am wenigsten toleriert werden können. Eine Umgehungsleitung (oder sogar ein Stand-by-Ventil) stellt die Versorgung zuverlässig sicher. Zusätzlich zum Druckminderventil werden Beruhigungsstrecke, Manometer, Absperrventile, Umgehungsleitung sowie ein Rahmen als einbaufertige Lösung angeboten. Der Anbieter unterstützt sowohl bei der Planung als auch bei der Inbetriebnahme.
Technische Gase werden in vielen Anwendungsfällen eingesetzt. Die unterbrechungsfreie Versorgung – selbst bei Ausfall von Strom und Instrumentenluft – kann durch mechanische Druckregler sichergestellt werden. Es wurden verschiedene Beispiele mit ansteigender Komplexität vorgestellt. Als erfreulicher Nebeneffekt dieser Lösungen können die Kosten für Kabeltrassen und die Druckluftversorgung eingespart werden.
Autor
Frank-Detlef Karolius, Applikationssupport, Samson