Grüner Wasserstoff gilt als Schlüssel zur Dekarbonisierung der Industrie. Doch Herstellung, Transport und Speicherung stellen komplexe technische Herausforderungen dar. Präzise Messtechnik überwacht kritische Prozessstellen in Elektrolyseuren, sichert die Reinheit des Gases und ermöglicht den sicheren Transport. Innovative Lösungen wie der MEGC (Multiple-Element-Gas-Containe) mit Echtzeit-Überwachung und automatisierten Wartungsprozessen setzen neue Maßstäbe. Erst durch intelligente Sensorik, digitale Vernetzung und starke Partnerschaften entsteht ein belastbares Ökosystem.
Autor: Jens Hundrieser, Regional Industry Manager Europe Power & Energy, Endress+Hauser
Von der Elektrolyse bis zum Transport – präzise Sensorik und digitale Vernetzung bilden die Grundlage für eine zuverlässige Wasserstoffwirtschaft
Das Potenzial von Wasserstoff ist gewaltig. Vor allem grüner Wasserstoff bietet die Chance, in den kommenden Jahren die Dekarbonisierung maßgeblich voranzutreiben und den CO2-Ausstoß erheblich zu reduzieren. Wer Wasserstoff zum Einsatz bringen will, sollte sich mit dessen Herstellung beschäftigen, die vornehmlich durch Wasserelektrolyse erfolgt. Kommt für diesen Prozess ausschließlich erneuerbarer Strom zum Einsatz, spricht man von grünem Wasserstoff, der vollständig CO2-frei ist.
Den weltweiten Wasserstoffbedarf von etwa 90 Mio t deckt derzeit fast ausschließlich grauer Wasserstoff aus der Dampfreformierung mit einem erheblichen Anteil von CO2 als Nebenprodukt. Nur ein Bruchteil des Aufkommens entfällt auf grünen Wasserstoff. Indes setzen immer mehr Länder auf die Ausweitung der Produktion, um die Klimaziele zu erreichen. Unternehmen bündeln ihre Kräfte, um den Markthochlauf der Elektrolysetechnologie voranzutreiben. Dieser ist nötig, um das Gas bis zur Jahrhundertwende in den benötigten Mengen herstellen zu können.
Inhalt:
- Von der Elektrolyse bis zum Transport – präzise Sensorik und digitale Vernetzung bilden die Grundlage für eine zuverlässige Wasserstoffwirtschaft
- Vom Demonstrator in die Praxis
- Reinheit und Qualität von Wasserstoff
- Sichere Logistik für die Wasserstoffwirtschaft
- Zukunftsfähige Wasserstoffspeicherung
- Starke Allianzen für den Wasserstoffhochlauf
- Jens Hundrieser
Vom Demonstrator in die Praxis

Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) mit dem Schweizer Messtechnikspezialisten Endress+Hauser bei der Entwicklung eines modularen Alkalischen Elektrolyse-Demonstrators.
Damit der Übergang vom Testbetrieb in den regulären Betrieb gelingen konnte, war Messtechnik entscheidend: Mehr als 40 Geräte überwachen kritische Prozessstellen – von der Flüssigkeitsanalyse über Durchfluss und Temperatur bis hin zu Druck und Füllstand. Erst durch diese präzise Datenerfassung und -auswertung ließ sich der Betrieb sicherstellen. Neben der Alkalischen Elektrolyse (AEL) gewinnt auch die Protonenaustauschmembran-Elektrolyse (PEM) zunehmend an Bedeutung, wie sie etwa beim Wasserstoff-Unternehmen Quest One (ehemals H-TEC Systems) zum Einsatz kommt. Auch hier sorgt präzise Messtechnik des Schweizer Familienunternehmens für eine sichere und zuverlässige Wasserstoffproduktion.
Reinheit und Qualität von Wasserstoff
Nach der Produktion von Wasserstoff rücken die Qualitätssicherung und anschließend der sichere Transport in den Fokus. Nach dem H2-Separator bzw. der H2-Aufbereitung ist der Wasserstoff kontinuierlich auf seine Reinheit überprüfen, um eine effiziente Weiterverarbeitung gewährleisten zu können. Moderne, optische Analysegeräte messen in Echtzeit den Spurensauerstoffgehalt und die Spurenfeuchte, um sicherzustellen, dass der Wasserstoff die erforderlichen Spezifikationen erfüllt. Je nach Infrastruktur kann der Wasserstoff anschließend über umgewidmete Erdgasleitungen oder neu errichtete H2-Pipelines transportiert werden.
Sichere Logistik für die Wasserstoffwirtschaft

Doch gerade beim Transport zeigen sich bislang die größten Hürden. Ein flächendeckendes Pipelinenetz existiert nicht, daher erfolgt die Verteilung überwiegend per Lkw, Bahn oder Schiff. Diese Transportwege erfordern höchste Sicherheitsstandards sowie leistungsfähige Speicherlösungen. Druckbehälter, Handhabung und Überwachung sind komplex, zeitintensiv und fehleranfällig.
Um diese Herausforderungen zu meistern, hat ein Konsortium aus Endress+Hauser, Hexagon Purus, DB Cargo BTT, Infraserv Höchst und dem Fraunhofer IML den MEGC (Multiple-Element-Gas-Container) entwickelt. Gefördert durch das Bundeswirtschaftsministerium setzt dieses Projekt neue Maßstäbe im sicheren, effizienten und flexiblen Transport von Wasserstoff. Der als 40’-Container ausgelegte MEGC ist multimodal nutzbar – auf der Schiene, per Lkw oder Binnenschiff – und kann bis zu 1.250 kg Wasserstoff bei 500 bar Druck transportieren. Damit bietet er hohe Kapazität bei gleichzeitig maximaler Sicherheit. Eingebaute Sensoren überwachen in Echtzeit Druck, Temperatur und Standort. Die Daten werden dokumentiert, sicher übertragen und ermöglichen Betreibern eine lückenlose Kontrolle sowie die effiziente Steuerung ganzer Flotten.
Besonders innovativ ist die Vielseitigkeit im Betrieb: Im stationären Modus lassen sich Be- und Entladeprozesse präzise steuern und dokumentieren, einschließlich eichfähiger Mengenmessung für transparente Abrechnungen. Im mobilen Modus während des Transports erfasst der Container alle sicherheits- und logistikrelevanten Daten und überträgt sie via Mobilfunk – von Füllvolumen über Druck und Temperatur bis hin zur GPS-Position.
Auch die Wartung, ein oft unterschätzter Kostentreiber, wurde konsequent optimiert: Mit der Heartbeat Technology von Endress+Hauser lassen sich vorgeschriebene Sicherheitsprüfungen automatisiert, kontaktlos und in wenigen Minuten durchführen. So sinken Ausfallzeiten um über 90 %, während Sicherheit und Zuverlässigkeit steigen. Dank offener Schnittstellen kann der MEGC zudem nahtlos in digitale Wasserstoffnetzwerke eingebunden werden. Diese erfassen Angebot und Nachfrage, dokumentieren Daten transparent und ermöglichen eine flexible, bedarfsgerechte Versorgung. Mit der Kombination aus moderner Messtechnik, automatisierten Prozessen und intelligenter Vernetzung wird der MEGC zu einem Schlüsselbaustein für den Markthochlauf von Wasserstoff.
Zukunftsfähige Wasserstoffspeicherung
Wer über den Transport von Wasserstoff spricht, muss auch seine Speicherung mitdenken – beides ist entscheidend für eine verlässliche Versorgung. Ein großer Vorteil von Wasserstoff liegt darin, überschüssige erneuerbare Energie langfristig nutzbar zu machen: Strom aus Wind- und Solaranlagen kann in Wasserstoff umgewandelt, gespeichert und bei Bedarf wieder in Elektrizität zurückgeführt werden. Darüber hinaus lässt sich Wasserstoff flexibel in bestehende Infrastrukturen integrieren. So kann er in Gasturbinen entweder pur oder in Beimischung mit Erdgas eingesetzt werden, um sauberere Energie zu erzeugen und CO2-Emissionen deutlich zu senken.
Als großskalige Speicher bieten sich Salzkavernen an. Diese natürlichen, stabilen Hohlräume ermöglichen es, große Mengen grünen Wasserstoffs sicher einzuspeichern und bedarfsgerecht – etwa für Stromerzeugung oder industrielle Prozesse – auszuspeichern.
Starke Allianzen für den Wasserstoffhochlauf
Die erfolgreiche Nutzung von Wasserstoff als Energieträger hängt nicht nur von technologischen Fortschritten ab, sondern ebenso von starken Partnerschaften. Erst durch die enge Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen, Industrieunternehmen und politischen Entscheidungsträgern entstehen Lösungen, die den Markthochlauf beschleunigen und Investitionen in großem Maßstab ermöglichen. Innovationskraft, gegenseitiges Vertrauen und gemeinsame Ziele sind dabei die entscheidenden Treiber. So wächst Schritt für Schritt ein starkes Ökosystem rund um die Wasserstofftechnologie heran – und mit ihm die Grundlage für eine klimaneutrale Industrie der Zukunft.

Jens Hundrieser
Regional Industry Manager Europe Power & Energy, Endress+Hauser
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