Effiziente Gastrennung dank poröser Flüssigkeiten

„Poröse Flüssigkeiten“ könnten zu Membranen verarbeitet, Propen als Ausgangsstoff für den Kunststoff Polypropylen effizient aus Gasgemischen trennen.

Das poröse Netzwerk von ZIF-67: Die Metallzentren aus Kobalt (Pyramiden) sind...
Das poröse Netzwerk von ZIF-67: Die Metallzentren aus Kobalt (Pyramiden) sind über Methylimidazolat (Stäbchen und Ringe) miteinander verbunden. © R. Ahmad

Propen, auch Propylen genannt, ist einer der wichtigsten Grundstoffe der chemischen Industrie, von dem jährlich weltweit rund 100 Mio. t verbraucht werden. Der daraus hergestellte „Massenkunststoff“ Polypropylen wird vor allem in Verpackungsmaterialien eingesetzt, aber bspw. auch in der Bau- oder Automobilbranche. Gewonnen wird Propen vor allem bei der Aufbereitung von Rohöl oder natürlichem Erdgas, wobei es durch Destillation von anderen Gasen separiert und gereinigt wird. „In der Fachliteratur geht man davon aus, dass die Gastrennung in der Petrochemie mit Hilfe von Membranen nur ein Fünftel der Energie kosten würde, die für Destillationen benötigt wird. Das bedeutet angesichts des hohen Propen-Bedarfs eine Einsparung riesiger Mengen des Treibhausgases CO2“, so Nachwuchsgruppenleiter Dr. Alexander Knebel vom Institut für Funktionelle Grenzflächen des KIT, der bis 2019 an der Leibniz Universität Hannover und in Saudi-­Arabien forschte.

So könnte es für die petrochemische Industrie erstmals wirtschaftlich interessant werden, für die Abtrennung von Propen auf Membranen zu setzen. In diesem Projekt arbeitete Knebel mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leibniz Universität Hannover, der King Abdullah University of Science and Technology und des Deutschen Instituts für Kautschuktechnologie zusammen.

Erstmals Metall-Organisches Netzwerk in Flüssigkeiten
Die Forschenden starteten bei ihrer Arbeit mit dem festen Material ZIF-67 (zeolitic imidazole framework), dessen Atome ein Metall-­Organisches Netzwerk mit 0,34 nm breiten Porenöffnungen bilden. Dabei veränderten sie Nanopartikel von ZIF-67 gezielt an der Oberfläche. „Dadurch gelang es uns, erstmals ein Metall-Organisches Netzwerk in Flüssigkeiten wie Cyclohexan, Cyclooctan oder Mesitylen fein zu verteilen, also zu dispergieren“, sagt Knebel. Die entstandene Dispersion nennen die Wissenschaftler poröse Flüssigkeit.

Für den Weg durch eine Säule, die mit der porösen Flüssigkeit gefüllt ist, braucht gasförmiges Propen deutlich länger als bspw.Methan. Denn Propen wird in den Poren der Nanopartikel gleichsam festgehalten, die kleineren Methanmoleküle hingegen nicht. „Diese Eigenschaft der Dispersion wollen wir künftig ausnutzen, um flüssige Trennmembranen zu erzeugen“, sagt Knebel.

Doch mit den porösen Flüssigkeiten lassen sich auch feste Trennmembranen mit besonders vorteilhaften Eigenschaften produzieren. So stellte das Team Membranen aus einem Kunststoff und dem chemisch modifizierten ZIF-67 her. Dabei konnte es den Anteil an modifiziertem ZIF-67 in der Membran bis auf 47,5 % erhöhen, ohne dass diese mechanisch instabil wurde. Leiteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Gasmischung aus gleichen Teilen Propen und Propan über zwei hintereinandergeschaltete Membranen, so erhielten sie Propen mit einem Reinheitsgrad von mindestens 99,9 %, obwohl sich die beiden Gasmoleküle nur um 0,2 nm in ihrer Größe unterscheiden.

Poröse Flüssigkeiten als Membran: Mit diesem Verfahren könnten sich in der...
Poröse Flüssigkeiten als Membran: Mit diesem Verfahren könnten sich in der Kunststoffindustrie enorme Mengen Energie und damit CO2 einsparen lassen. © Alexander Knebel, KIT

Praktischer Einsatz
Für den praktischen Einsatz einer solchen Membran ist neben dem Trennvermögen entscheidend, wie hoch die Menge eines Gasgemisches ist, die in einer bestimmten Zeit hindurchgeleitet werden kann. Diese Durchflussrate war bei den neuen Membranen mindestens dreimal so hoch wie bei bisherigen Materialien. Knebel ist aufgrund der erzielten Trennwerte davon überzeugt, dass es sich für die petrochemische Indus­trie erstmals auszahlen würde, zur Gastrennung Membranen statt herkömmlicher Destillationsverfahren einzusetzen.

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit der Membranen ist, dass möglichst viele Metall-­Organische Partikel einheitlich im Kunststoff verteilt werden können und dass die Poren in den Nanopartikeln bei der Membranherstellung nicht durch Lösemittel verstopft sind, also gleichsam leer bleiben. „Beides konnten wir erreichen, weil wir nicht direkt feste Partikel in die Membran eingearbeitet haben, sondern den scheinbaren Umweg über die porösen Flüssigkeiten gegangen sind“, erläutert Knebel.

Publikation
Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben die Forscher des KIT in Nature Materials veröffentlicht.
DOI: 10.1038/s41563-020-0764-y

Der Autor
Dr. Joachim Hoffmann, Pressereferent, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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