Europas erste Bio-Tortilleria
In der Nixtamalisation kochen die Maiskörner in Wasser mit Kalziumhydroxid. Nach dem Mahlen wird ein Teig bereitet und auf gusseisernen Platten (Comales) gebacken.
Wenn ein Unternehmen durch Energiesparmaßnahmen seine Kosten senkt, leistet es nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern stärkt auch seine Wettbewerbsfähigkeit am Markt. Unternehmen mit einem Gesamt-Endenergie-Verbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden sind inzwischen verpflichtet, so genannte Umsetzungspläne für wirtschaftliche Endenergieeinsparmaßnahmen zu erstellen und zu veröffentlichen. Unternehmen mit einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 7,5 Gigawattstunden sind sogar verpflichtet, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem nach ISO 50001 oder EMAS einzuführen.
Ziel ist es, die Energieflüsse zu erfassen und gezielt zu steuern, um Energieeffizienzpotenziale zu erschließen und letztlich Energiekosten einzusparen. Kleine und mittlere Unternehmen sind in der Regel nicht von der Pflicht zur Einführung eines Energiemanagements betroffen. Aber auch bei ihnen gibt es erhebliche Energieeinsparpotenziale, die bereits mit geringinvestiven Maßnahmen erschlossen werden können. Oft fehlt es nur an kompetenter Beratung.
Diese Aufgabe übernehmen die Energieagenturen, die es in Deutschland flächendeckend gibt und eine neutrale Beratung in der Regel kostenlos anbieten. In den Energieagenturen arbeiten Expert*innen, die alle Gewerbetreibenden zum optimalen Energieeinsatz in ihrem Betrieb beraten können. Bei einer Erstberatung vor Ort werden bspw. die Einsparpotenziale der vorhandenen Technik wie Heizung, Kühlung, Beleuchtung oder Antriebe untersucht. Diese erste Analyse gibt Aufschluss darüber, wo das Unternehmen bereits heute Energie optimal einsetzt und wo zu viel verbraucht wird. Gerade die überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen der Lebensmittelindustrie können vom Know-how der Energieagenturen profitieren.
Zahlreiche Beratungen aus dem Arbeitsalltag der Energieagenturen dokumentieren, wie durch deren Analysen große Effizienzpotenziale identifiziert, bewertet und entsprechende Maßnahmen umgesetzt und damit Kosteneinsparungen realisiert werden konnten. Ein Beispiel ist die Tlaxcalli GmbH aus Rothenklempenow in Mecklenburg-Vorpommern, die von MVeffizient beraten wurde, dem Beratungsangebot für Unternehmen der Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV).
Bio-Tortillas aus MV
Seit 2020 produziert Europas erste Bio-Tortilleria frische Tortillas, Tostadas und Totopos aus „Null-Kilometer-Mais“. Dem Ziel folgend, möglichst klimaneutral zu produzieren, hat sich das bereits 2016 in Berlin gegründete Unternehmen direkt am Maisfeld der Höfegemeinschaft Pommern angesiedelt. Diese gehört zur Bioboden Genossenschaft und liefert den Mais auf dem kürzesten Weg. In der alten, denkmalgeschützten Feldsteinscheune auf dem Gutshof der Höfegemeinschaft fanden die Gründer Daniel Möhler und Carl Eugen Jahke ein gut saniertes Betriebsgebäude vor, das allerdings noch nicht für die Lebensmittelproduktion ausgelegt war. Daneben gehören mehrere angemietete Lagerhallen zum Unternehmen. Derzeit beschäftigt der Lebensmittelhersteller neun Mitarbeiter, die jährlich rund 50 t Mais verarbeiten. Im gesamten Betrieb gab es einige Energieeinsparpotenziale und verschiedene Möglichkeiten, die Energieeffizienz deutlich zu steigern.
Energieintensive Produktion
Wie überall in der Lebensmittelindustrie ist der Produktionsprozess energieintensiv. Dies beginnt mit der Nixtamalisation, bei der das ganze Maiskorn in Wasser mit Kalziumhydroxid gekocht und ziehen gelassen wird. Nach dem Mahlen des Nixtamals auf dem Vulkanstein wird der Mais zu einem Teig (Masa) verarbeitet und anschließend auf sogenannten Comales, gusseisernen Platten, über offenem Feuer gebacken. Beim Besuch des technischen Beraters von MVeffizient im Herbst 2023 konnten zahlreiche Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz in der Produktion identifiziert werden.
An erster Stelle steht der Einsatz energieeffizienter Maschinen, um den Energieverbrauch zu senken. Dazu wurde die Umstellung von Gas auf Elektro empfohlen. Darüber hinaus ist die Nutzung der vorhandenen Abwärme der Öfen und die Wärmerückgewinnung ein wichtiges Thema. Auch eine veränderte Anordnung der Kühlzellen und Backöfen wurde vorgeschlagen, denn noch befinden sich alle Geräte in einem Raum. In Zukunft will Tlaxcalli auch möglichst viel erneuerbare Energie nutzen.
Geplant ist eine PV-Anlage auf dem Dach der Scheune, die der Gemeinde gehört und die ein „Mieterstrommodell“ prüft. Auch die Verpackung der Chips aus Verbundmaterial soll durch eine bereits angeschaffte neue Verpackungsmaschine mit umweltfreundlicherer Verpackung ersetzt werden. Plastik soll hier kompostierbaren Beuteln weichen.
Auch im Bereich der Logistik und des Warentransportes ist das Unternehmen motiviert, die Umweltbelastung so gering wie möglich zu halten und organisiert derzeit den Transport per Spedition in Leicht- und Tiefkühlung europaweit. Die Lieferungen nach Berlin werden wöchentlich mit den Partnern der Höfegemeinschaft Pommern koordiniert.
Nach dem Besuch der Energieagentur MV hat Tlaxcalli inzwischen erste Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung umgesetzt. Eine Maschine wurde komplett neu isoliert und mit einem neuen, effizienteren Gasbrenner ausgestattet. Dies führte zu sofort spürbaren Einsparungen.
Die Backöfen werden räumlich von den Kühlräumen getrennt, sobald die Platzsituation es zulässt. Zusätzlich wurde eine neue Lüftungsanlage mit Wärmetauscher installiert. Abwärme wird künftig außerdem genutzt, um das Kochwasser für die Nixtamalisierung auf ca. 60 °C vorzuwärmen. Die Fördermittel für die Anschaffung einer solchen Anlage sind bereits bewilligt. Auch wenn die endgültigen Zahlen noch nicht vorliegen, sind sich die Geschäftsführer sicher, dass auch diese Maßnahmen in Summe zu enormen Einsparungen führen werden.
Tlaxcalli kombiniert inzwischen traditionelles Handwerk und moderne Technologie und zeigt so, dass es möglich ist, hochwertige Produkte herzustellen, die sowohl umweltfreundlich als auch wirtschaftlich rentabel sind.
Energie- und Klimaschutzagenturen
Wer ebenfalls in den Bereichen Energieeinsparung, Energieeffizienz und dem Einsatz erneuerbarer Energien aktiv werden will, kann sich von den Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands beraten lassen. Diese sind je nach Region unterschiedlich organisiert, setzen sich aber immer für eine effiziente, klimaverträgliche und ressourcenschonende Energiebereitstellung und -verwendung ein. Sie sind oft ganz oder teilweise öffentlich getragen und gemeinnützig aktiv. Die Energie- und Klimaschutzagenturen agieren unabhängig und arbeiten sachorientiert, produktneutral und überparteilich. Sie kooperieren vor Ort eng mit dem Handwerk, Ingenieur*innen, Architekt*innen, Energieberatungen und kommunalen Energieversorgern.
Im Bundesverband sind derzeit 39 Mitgliedsunternehmen organisiert, die auf verschiedenen Wegen aktiv sind und je nach ihrer Struktur und Ausrichtung unterschiedliche Themenfelder abdecken. Welche Agentur in der jeweiligen Region zuständig ist, zeigt die Website des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) e. V. (https://energieagenturen.de/).
Autor: Thomas Stritz, Öffentlichkeitsarbeit
Energieeffizienz und Klimaschutz, Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-
Vorpommern GmbH (LEKA MV)