Explosionsschutz

Dieser erste Beitrag einer dreiteiligen Artikelserie geht auf die gesetzlichen Vorgaben ein, die durch die Hersteller von Maschinen berücksichtigt werden müssen.

Die Maschinenrichtlinie
In der Europäischen Union sind Hersteller dazu verpflichtet, nach der Richtlinie 2001/95/EG zur allgemeinen Produkthaftung, nur „sichere“ Produkte im europäischen Wirtschaftraum (EWR) „in Verkehr“ zu bringen. Der Richtlinie 2001/95/EG sind Einzelrichtlinien, wie bspw. die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG untergeordnet, in denen spezifische Sicherheitsanforderungen der einzelnen Produkte beschrieben werden.
Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist in der 9. Produktsicherheitsverordnung vollständig in deutsches Recht umgesetzt worden. Die Richtlinie regelt, unter welchen Voraussetzungen Maschinen und Anlagen im EWR in Verkehr gebracht bzw. vom Betreiber als Eigenhersteller in Betrieb genommen werden dürfen.
In der Maschinenrichtlinie sind im Anhang I die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen festgelegt. Eine Maschine muss so aufgebaut sein, dass Personen keiner Gefährdung ausgesetzt werden. Im Anhang I, Nr. 1.5.7 wird auf das Risiko durch Explosion eingegangen:
„Die Maschine muss so konstruiert und gebaut sein, dass jedes Explosionsrisiko vermieden wird, das von der Maschine selbst oder von Gasen, Flüssigkeiten, Stäuben, Dämpfen und anderen von der Maschine freigesetzten oder verwendeten Stoffen ausgeht.“

Die Atex-Richtlinie
Hinsichtlich des Explosionsrisikos, das sich aus dem Einsatz der Maschine in einer explosionsgefährdeten Umgebung ergibt, muss die Maschine neben der Maschinenrichtlinie den hierfür geltenden speziellen Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen. In Bezug auf das Explosionsrisiko ist die EU-Richtlinie für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen (Atex-Richtlinie) 2014/34/EU anzuwenden. Diese enthält Anforderungen für elektrische und nicht-elektrische Geräte sowie Schutzsysteme in Bereichen, in denen aufgrund der auftretenden Medien die Gefahr der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre besteht. Dabei ist wichtig, dass Geräte nur unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/34/EU fallen, wenn diese in einem explosionsgefährdeten Bereich aufgestellt werden oder wenn aus diesen eine explosionsfähige Atmosphäre austreten kann und diese eine potenzielle Zündquelle besitzen.

Harmonisierte Normen der EU
Die Atex-Richtlinie 2014/34/EU legt nur die wesentlichen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen fest. Die technische Ausführung erfolgt mittels europäisch harmonisierter Normen.
Wird nur innerhalb einer Maschine, bspw. aufgrund der eingesetzten Medien, eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre gebildet, ist ausschließlich die Maschinenrichtlinie (MRL) anzuwenden. Die Identifizierung von Gefährdungen, Gefährdungssituationen sowie die Beschreibung von erforderlichen Schutzmaßnahmen zur Risikominderung sowie gegebenenfalls vorhandene Restrisiken erfolgen im Rahmen der Risikobeurteilung nach Maschinenrichtlinie.
Zur Konkretisierung der Anforderungen aus der MRL sind harmonisierte Normen anzuwenden, die im Amtsblatt der EU veröffentlicht sind. Bei Anwendung dieser Normen wird durch die Behörden angenommen, dass eine Maschine den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entspricht. Zur Durchführung der Risikobeurteilung sind insbesondere folgende Normen relevant:
EN ISO 12100 – „Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung“. Die Norm beschreibt das generelle Verfahren der Risikobeurteilung. Sind bei der zu betrachtenden Maschine Explosionsgefährdungen zu erwarten, muss die Risikobeurteilung für die Explosionsgefährdung entsprechend der EN 1127-1 durchgeführt werden.
Die EN 1127-1 dient zur Erkennung und Beurteilung von Situationen, die zu einer Explosion führen können. Die Hauptelemente der Risikobeurteilung sind die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit eines Auftretens einer explosionsfähigen Atmosphäre und die Bewertung des Vorhandenseins einer wirksamen Zündquelle. Bei der Bewertung der Explosionsgefährdung fließen die gehandhabten, die be- und verarbeiteten Stoffe, als auch die Werkstoffe, aus denen die Maschine bzw. die einzelnen Maschinenteile hergestellt werden, ein.
Bei Identifikation einer Explosionsgefährdung ist eine Risikominderung unerlässlich. Hier sollten die allgemeinen Grundsätze des Explosionsschutzes angewendet werden:

  • vorbeugender Explosionsschutz (Vermeidung der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre oder Vermeiden einer Zündquelle)
  • konstruktiver Explosionsschutz (Begrenzen der Explosionsauswirkung)

Unter den vorbeugenden Schutz fallen die Vermeidung oder Einschränkung der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre. Diese können bspw. mittels Konzentrationsbegrenzungen, Inertisierung, Verdünnung oder Vermeidung von Staubansammlungen erreicht werden.
Ist eine Vermeidung oder Beschränkung nicht möglich, sind entsprechend der EN 1127- 1 explosionsgefährdete Bereiche einzuteilen. Diese sind abhängig von der Dauer und Häufigkeit des Auftretens einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, ob in der Maschine Zündgefahren auftreten können. Sind wirksame Zündquellen vorhanden, ist es notwendig die Zündquellen unwirksam zu machen oder die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer wirksamen Zündquelle zu verringern. Hierbei sollten die 13, in der EN 1127-1 genannten, möglichen Zündquellen berücksichtigt werden.
Wenn der Einsatz von wirksamen Zündquellen nicht verhindert werden kann, müssen die Auswirkungen einer Explosion mithilfe des konstruktiven Explosionsschutzes ausreichend gering gehalten werden. Dies kann durch:

  • explosionsfeste Bauweise,
  • Explosionsdruckentlastung,
  • Explosionsunterdrückung und
  • explosionsschutztechnische Entkopplung erfolgen.

Für die Ausführung der konstruktiven Explosionsschutzmaßnahmen sind weitere Normen zu berücksichtigen, die zusätzliche detaillierte Anforderungen an die einzelnen Anlagenteile definieren.
Die Maßnahmen zur Vermeidung und Einschränkung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre, zur Vermeidung von wirksamen Zündquellen und die Maßnahmen zum kon­struktiven Explosionsschutz können auch mittels Mess- und Regeleinrichtungen ausgeführt werden.
Mess- und Regeleinrichtungen zur Zündquellenvermeidung sind entsprechend der EN 50495 und EN 80079-37 auszuführen.
Werden Mess- und Regeleinrichtungen zur Vermeidung und Einschränkung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre eingesetzt, sind diese entsprechend der EN ISO 13489-1 bzw. EN 62061 auszuführen. Dabei wird mittels Risikographen ein erforderlicher Performance Level (PLr) bzw. ein Sicherheitsintegritätslevel (SIL) festgelegt. Faktoren zur Festlegung des PLr bzw. SIL sind die Schwere der Verletzung, die Häufigkeit und/ oder Dauer der Gefährdungsexposition und die Möglichkeit der Vermeidung der Gefährdungsereignisse sowie die Eintrittswahrscheinlichkeit. Bei einer Gefährdung durch eine Explosion ist bei Ausführung der steuerungstechnischen Wirkungskette Sensorik-Logik-Aktorik für eine Mess- und Regel­einrichtungen zur Vermeidung und Einschränkung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre entsprechend dem Risikographen mindestens PLr = d erforderlich. Überführt in die Funktionale Sicherheit von verfahrenstechnischen Anlagen wäre das Sicherheitsniveau in der Qualität SIL 2 auszuführen.

Fazit
Die Risikobeurteilung, die das erforderliche Sicherheitskonzept der Maschine beschreibt, sollte bereits in der Planungsphase erstellt und in einem Explosionsschutzkonzept beschrieben werden. Dabei sind eine Vielzahl an Normen und die daraus resultierenden notwendigen technischen Anforderungen zu berücksichtigen.
Um bei der Erstellung des Explosionsschutzkonzeptes alle notwendigen Aspekte zu berücksichtigen, empfiehlt es sich, die Erstellung des Konzeptes in Zusammenarbeit mit einem Experten des Explosionsschutzes durchzuführen und so die notwendige Erfahrung und Fachkenntnis im Explosionsschutz nutzen zu können.

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