Im Dunkeln lässt sich gut munkeln: Visualisierung von Kontaminationen

Kontaminationen sind nicht immer mit bloßem Auge sichtbar. Um ein Bewusstsein für Kontaminationen und deren Übertragungswege zu schaffen wurden sie in der Darkzone sichtbar gemacht.

Im Reinraum sind Kontaminationen zu vermeiden und vorhandene Kontaminationen effektiv zu entfernen. Um dies zu verwirklichen ist es wichtig Kontaminationen, deren Entstehung sowie deren Verteilung (Querkontamination) in der Produktionsumgebung und deren effektive Entfernung zu verstehen. Einige in Reinräumen kritische Kontaminationen sind nicht sichtbar und daher für viele Reinraummitarbeiter schlicht nicht vorhanden.  Nur durch das Schaffen eines Bewusstseins beim Reinraumnutzer und dem Reinigungspersonal für die insbesondere nicht sichtbaren Kontaminationen als auch für die Zusammenhänge zwischen Sauberkeit, Vermeidung von Kontaminationsquellen und Kontaminationsverschleppung sowie der Reinigung, kann die gewünschte Sauberkeit und Qualität in reinen Produktionsumgebungen erreicht werden.
Zum guten Verständnis gehören auch die Verwendung geeigneter Oberflächen, die Auswahl geeigneter Verbrauchsmaterialien und effektiver Reinigungstechniken. Durch den Einsatz von Hilfsmitteln können nicht nur die Kontaminationen sichtbar gemacht werden, sondern auch die richtige Auswahl der Oberflächen, Betriebsmittel und Verbrauchsmaterialien überprüft sowie die korrekte Umsetzung der Reinigungstechniken bewertet werden.
Neben dem Entfallen der Motivation durch den sichtbaren Reinigungserfolg ist an der Reinraumreinigung, welche häufig als „Königsdisziplin der Gebäudereinigung“ bezeichnet wird, noch eine weitere Tatsache irritierend. Die regelmäßige Reinigung eines Reinraums oder eines reinen Arbeitsplatzes, der doch aufgrund einer besonderen Lüftungstechnik sowie baulicher Maßnahmen sehr sauber ist, erscheint widersprüchlich. Hierbei wird gern übersehen, dass trotz baulicher Maßnahmen Kontaminationen durch die „Türen“ (Personal- und Materialschleusen) über Personen und Materialien in den Raum eingetragen werden können. Als Kontaminationsquellen müssen neben Personal und Materialien auch Betriebsmittel, Prozesse sowie das Produkt selbst berücksichtigt werden. Eine Verschleppung der Kontaminationen von diesen Quellen über den direkten Kontakt oder über die Luft auf andere Oberflächen und auf das herzustellende Produkt ist zu vermeiden.

Ziel der Darkzone
„Visualisierung von Kontaminationen“ und „Visualisierung von Querkontaminationen“ waren daher die Themen, innerhalb denen die Firmen CCI – von Kahlden, Das­tex Reinraumzubehör und Pfennig Reinigungstechnik eine Reihe von Demonstrationen in einem Dunkelraum auf den Lounges 2017 präsentierten. In einem 15-minütigen Rundgang wurden diese hochinteressanten Themen an insgesamt neun Stationen anschaulich und lebendig vermittelt. An jeder Station wurden hierzu Prüfkontaminationen auf Testoberflächen oder Testequipment aufgebracht. Durch unterschiedliche Visualisierungstechniken wie Weiß- oder UV-Licht oder mit Hilfe von Reinstwasserdampf wurden Kontaminationen auf den Oberflächen und Strukturen der Oberflächen sichtbar und damit für das bloße Auge erkennbar gemacht. Damit erfuhren die Besucher einerseits, dass überall Verunreinigungen bzw. Quellen für Kontaminationen zu finden sind, und andererseits, dass viele Einflüsse wie Oberflächenbeschaffenheit und Design oder eine falsche Handhabung zu einer mangelhaften Reinigung, aber auch zu einer unerwünschten Weitergabe von Kontaminationen führen können.

Stationen der Darkzone
Der Rundgang durch die Darkzone begann wie in einem herkömmlichen Reinraum üblich mit der Händehygiene, hier mit der Händedesinfektion. Ein fluoreszierendes Händedesinfektionsmittel wurde aufgetragen und die Effektivität, d. h. Benetzung aller Hautpartien, unter einer UV-Lampe überprüft. Die mangelnde Händedesinfektion ist ein großes Risiko in allen hygienischen Bereichen. Daher ist die richtige Durchführung der Händedesinfektion von großer Bedeutung und kann mit Hilfe von fluoreszierenden Schulungspräparaten sichtbar gemacht und überprüft werden.
Der Eintrag von Kontaminationen über mobile Betriebsmittel ist besonders in der Materialschleuse ein zentrales Thema, was an der zweiten Station anschaulich gezeigt wurde. Dazu wurde ein Rad mit fluoreszierenden Farbstoffen kontaminiert und über eine Klebematte gezogen. Mit dieser Demonstration konnte nicht nur die Übertragung von Kontaminationen verdeutlicht werden, sondern es wurde auch eine Lösungsmöglichkeit durch den Einsatz von Klebematten vorgestellt.
An den beiden nachfolgenden Stationen wurde der Begriff „hygienic design“ erläutert und die Einflüsse der Gestaltung und Oberflächenbeschaffenheit auf die Reinigungseffektivität mit Hilfe von fluoreszierenden Partikeln gezeigt. Dabei wurden je ein „schlechtes“ Beispiel (keine Gestaltung gemäß den Empfehlungen der European Hygienic Design Group) und ein „gutes“ Beispiel (Gestaltung nach den Empfehlungen der European Hygienic Design Group) mit den fluoreszierenden Partikeln kontaminiert und abgereinigt. Während abgerundete Ecken und glatte Oberflächen leicht zu reinigen sind, konnten Partikel in 90°-Ecken oder in Vertiefungen einer rauen Oberfläche deutlich sichtbar nicht entfernt werden. Durch die Demonstrationen wurde der Besucher gleichzeitig darauf hingewiesen, dass Betriebsmittel im Reinraum leicht Versteck- und Anlagemöglichkeiten für Kontaminationen bieten können. Diese Risiken aber durch einfache Maßnahmen wie eine entsprechende Verarbeitung, Gestaltung und Materialauswahl vermieden werden können.
Das Thema „reinraum- bzw. reinheitstaugliche Verbrauchsmaterialien“ stand im Mittelpunkt der nachfolgenden Station. Textilien geben grundsätzlich bedingt durch ihre Grundmaterialien Fasern bzw. Faserbruchstücke frei [Abb. 2]. Dennoch kann durch die Struktur und Verarbeitung der Textilien auch dieses Risiko reduziert werden, was anhand verschiedener Wischbezüge einprägsam mit Hilfe von Weißlicht demonstriert wurde. Neben der Partikelabgabe spielen weitere Kriterien wie die Aufnahmefähigkeit von Kontaminationen und der damit verbundenen Reinigungseffizienz sowie die Partikelgenerierung durch Reibung zwischen Oberfläche und Textil bei der Bewertung von Wischbezügen eine wichtige Rolle. Diese Kriterien wurden dem Besucher ebenfalls an dieser Station mit Hilfe einer Spiegelplatte und Licht gezeigt.
Das Abreinigen mittels Druckluftpistole ist in vielen Industrien weit verbreitet. An der Station „Abblasplatz und visuelle Inspektion“ wurde gezeigt, dass es sich hierbei um eine effiziente Reinigungsmethode handelt, bei welcher jedoch einige Punkte beachtet werden müssen. Zunächst einmal sollte ein solcher Platz so gestaltet sein, dass er dem Hygienic Design entspricht und somit der Platz als solcher sauber gehalten werden kann. Des Weiteren ist es von größter Bedeutung in welche Richtung gereinigt wird. Damit die Partikel nicht mit Hilfe des Druckluftstoßes quer durch den Raum auf andere Prozesse bzw. Produkte getragen werden, muss in Richtung der Absaugung gereinigt werden. Nur durch das gezielte Absaugen der partikelreichen Druckluft, deren Filtration und dem Einbringen von gereinigter Luft können die umliegenden Prozesse vor Querkontaminationen geschützt werden. An dieser Station wurde außerdem deutlich, dass das Abreinigen mit Reinstdruckluft allein nicht ausreichend ist und im Anschluss an jene mittels Wischreinigung nachgereinigt werden sollte. Weiter wurde hier mittels Reinstwassernebler die Strömungsrichtung der Luft visualisiert.
Die nachfolgende Station „Visualisieren von Oberflächen“ diente dazu darauf aufmerksam zu machen, dass es nicht das eine Inspektionsgerät für die eine Oberfläche gibt. Je nach Kontaminationsart und Oberflächenbeschaffenheit müssen hier verschiedene Techniken zum Einsatz kommen. Mittels UV-Licht können die fluoreszierenden Partikel sichtbar gemacht werden. Mittels Weißlicht insbesondere unter Einsatz eines Lichtleiters zur Streiflichtinspektion erscheinen die Oberflächen, deren Strukturen und Kontaminationen in einem anderen Licht. Partikel, welche zuvor nicht sichtbar waren, sind aufgrund dieser Technik direkt sichtbar. Doch nicht nur mit entsprechenden Lichtquellen können Kontaminationen sichtbar gemacht werden. Gerade filmische Verunreinigungen wie bspw. Fingerabdrücke oder Reinigungsmittelrückstände sind in vielen Bereichen kritisch jedoch insbesondere auf technischen Oberflächen oft nicht sichtbar. Mittels der Beaufschlagung mit Reinstdampf werden diese für das bloße Auge sichtbar. Die verschiedenen Techniken wurden an unterschiedlichen Oberflächen mit den unterschiedlichsten Eigenschaften verdeutlicht. Mittels dieser Techniken können kritische Bereiche direkt visuell inspiziert werden.
Fehlerhafte Benetzung aufgrund ungeschulter Wischtechnik war Thema der nächsten Station. Mikropartikel und Mikroorganismen sind mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Daher muss die Reinigung und Desinfektion so erfolgen, dass jeder Mikrobereich mit der Wirkstofflösung benetzt und daher beim Wischen erfasst wird. Wischlücken und das sogenannte Rundwischen von Ecken sind zu vermeiden. Durch den Vergleich einer optimalen Wischtechnik, d. h. sich überlappenden Bahnen, und einer fehlerhaften Wischtechnik, große Schwünge mit Wischlücken, konnte mit Hilfe einer fluoreszierenden Lösung dem Besucher gezeigt werden, wie einfach und sicher eine richtige Handhabung zum gewünschten Erfolg führt.
Zum Ende des Rundgangs wurde das Reinraumwischtuch an sich und dessen Handhabung näher betrachtet. Zunächst wurde aufgezeigt, dass typische Angaben auf Datenblättern möglicherweise zu falschen Rückschlüssen führen können. Konkret ging es bei der Demonstration um Angaben zum Absorptionsvermögen eines Tuches – um den Unterschied zwischen relativen Angaben (in % zum Flächengewicht des Tuches) und um absolute Angaben (ml pro Flächeneinheit). Des Weiteren wurde mit Hilfe von Fluoreszenzpartikel gezeigt, dass bei einem Wischvorgang nicht zwangsläufig alle Partikel entfernt werden und das Thema Kreuzkontamination auch im Verlauf des Wischvorganges eine zentrale Rolle spielt. Die Umsetzung der korrekten Falttechnik beim wischenden Reinigen war das dritte Thema, das an dieser Station präsentiert wurde. Wiederum mit Hilfe von fluoreszierenden Partikeln konnte gezeigt werden, dass bei fehlerhafter Handhabung (die empfohlene Falttechnik wurde nicht korrekt umgesetzt) es zu erheblichen Kreuzkontaminationen (oder Kontaminationsverschleppung) kommen kann.

Fazit
Im Dunkeln lässt es sich gut munkeln, aber auch Kontaminationen sichtbar machen. Für die Firmen CCI – von Kahlden, Dastex Reinraumzubehör und Pfennig Reinigungstechnik war es ein spannendes Projekt, die Darkzone mit den verschiedenen Stationen auf die Beine zu stellen. Der überragende Zuspruch und das äußerst positive Feedback der Teilnehmer bewiesen, wie wichtig Visualisierungen insbesondere für nicht mit dem bloßen Auge sichtbare und damit auch schwer verständliche Themen sind. Durch die Visualisierung konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass es unerlässlich ist, auch einen Reinraum regelmäßig zu reinigen. Das beginnt mit der Decke über die Wände und Böden, die Transport- und Lagereinheiten und endet bei den Einrichtungen und Arbeitsplätzen. Um die Kontaminationsbeladung von Oberflächen auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren sind effektiv funktionierende Reinigungsverfahren notwendig. Querkontaminationen können nur minimiert werden, wenn die Übertragungswege bewusst sind und so das Verhalten im Reinraum angepasst wird. Die Visualisierung verdeutlicht die Effektivität, aber auch natürlich die Ineffektivität, der Verfahren und deren Umsetzung.

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