Mit Automation die modernen Herausforderungen in der Lebensmittelindustrie meistern
Intelligent eingesetzte Automationslösungen können maßgeblich dazu beitragen, den Verpackungsprozess in der Lebensmittelindustrie effizient, hygienisch und auch wirtschaftlich zu gestalten. Insbesondere im Bereich der Produktbeladung lohnt sich Automation, auch wenn dieser Prozess bei manchen Anwendungen aufgrund der heterogenen Produkte eine echte Herausforderung darstellt. Welche Systeme für die gängigsten Anforderungen in dieser Branche zur Verfügung stehen, beleuchtet dieser Beitrag.
Die Lebensmittelindustrie hinkt bei Robotik hinterher
Während weltweit die meisten Industrieroboter in die Automobil- und Elektronikindustrie verkauft werden, ist die Zahl der in der Lebensmittelindustrie eingesetzten Roboter und Handhabungsmodule derzeit immer noch gering. Dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass es sich bei Lebensmitteln um Produkte mit einem sehr geringen Standardisierungsgrad handelt, denn Formgebung und Konsistenz der einzelnen Produkte variieren auch innerhalb einer Produktionscharge. Mehr noch: Individualität bei Fleisch-, Wurst- und Backwaren oder bei Käse und Snacks aller Art sind nicht nur akzeptiert, sondern ausdrücklich vom Verbraucher gewünscht, da hiermit vorrangig eine handwerkliche Verarbeitung und eben keine industriell verarbeitete Massenware assoziiert wird.
Für ein optimales Produkt- und Verpackungsergebnis jedoch muss der Verpackungsprozess in allen Teilbereichen individuell dem jeweiligen Produkt, seiner Form und seinen spezifischen Eigenschaften angepasst werden. Im Bereich der Produktzuführung und Produktbeladung lässt er sich daher nur schwer standardisieren.
Darüber hinaus müssen bei Lebensmitteln, anders als bei standardisierten Industrieprodukten, hohe Anforderungen in Bezug auf die Hygiene erfüllt werden, denn Lebensmittel sind anfällig für pathogene Keime. So muss beim direkten Kontakt mit Greifern vermieden werden, dass bspw. Kreuzkontaminationen entstehen – hieraus ergeben sich besondere Anforderungen hinsichtlich der Konstruktion derselben. Klassische Automatisierungslösungen sind nicht auf derartige Anforderungen ausgelegt und können nicht in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden.
Branche mit starkem Wachstumspotenzial
Dennoch nimmt die Automatisierung in der Lebensmittelindustrie derzeit rasant an Fahrt auf – die Branche gilt heute als wichtiger Wachstumsmarkt. Zu Recht, denn Automatisierungslösungen tragen dazu bei, die Produktivität bei gleichzeitig geringerem Personaleinsatz und niedrigeren Kosten zu erhöhen, Arbeitsunfälle zu minimieren und eine verbesserte Hygiene zu realisieren. Der Einsatz von Robotik ist insgesamt im Hinblick auf Flexibilität, Geschwindigkeit, Präzision, Wiederholgenauigkeit und Hygiene ein wichtiger Schlüssel zu höherer Qualität und Wirtschaftlichkeit. Damit erfüllen durchdacht konzeptionierte Automatisierungslösungen selbst die Anforderungen der kleinen und mittleren Betriebe der Lebensmittelwirtschaft mit ihren vielfältigen Aufgabenstellungen und zahlreichen Chargen- und Produktwechseln, bis hin zum Realisieren von sehr geringen Losgrößen.
Zielführend ist ein ganzheitlicher Ansatz
Zur Erfüllung all dieser Anforderungen bietet Multivac ein breites Portfolio an unterschiedlichen Lösungen, die individuell an den spezifischen Bedarf adaptiert werden können. Allerdings „kommt es heute eher auf ganzheitliche Lösungen und Linienkonzepte als auf die Implementierung von vereinzelten Handhabungslösungen an“, erklärt Peter Lenz, Abteilungsleiter Market Intelligence & Applications bei Multivac. Der weltweit führende Verpackungsspezialist hat in den letzten Jahren sein Portfolio konsequent auch um die dem Verpackungsprozess vor- wie nachgelagerten Lösungen ausgebaut und ist nunmehr in der Lage, alle Teilbereiche einer Verpackungslinie zu automatisieren.
Besonderes Augenmerk liegt auf der effizienten Anbindung der Systeme vor und hinter der Verpackungsmaschine. „Wir können heute Lösungen anbieten, die wegweisend im Markt sind. Hierbei generieren wir erheblichen Zusatznutzen für unsere Kunden, weil wir bei der Implementierung solcher Konzepte die gesamte Lösung, von der Verpackungsgestaltung über Kennzeichnung und Qualitätsinspektion bis hin zur Linienkonfiguration, ganzheitlich betrachten“, ergänzt Peter Lenz. Das Credo: Nur mit perfekt aufeinander abgestimmten Systemkomponenten sowie einer übergeordneten Liniensteuerung kann die Linieneffizienz maximiert sowie die Linie auf die individuellen die individuellen Applikationsanforderungen abgestellt und an das ERP-System des Kunden angebunden werden.
Die Produktbeladung als Herausforderung und Schlüssel zu höherer Effizienz
Fakt ist: Die schonende, effiziente Beladung der Verpackungsmaschine ist einer der ausschlaggebenden Faktoren für eine hohe Gesamtanlageneffektivität – und gleichzeitig eine echte Herausforderung. Bei diesem Teilprozess lohnt sich Automatisierung in besonderem Maße, da es sich meist um schwere oder monotone Tätigkeiten handelt, die zudem wenig ergonomisch sind und vor allem hygienisch ausgeführt werden müssen. Doch bei der Verarbeitung und beim Verpacken natürlicher Produkte wie Fleisch, Wurst, Käse oder Backwaren bedarf es einer hohen Anwendungs- und Systemkompetenz. Dadurch ist auch gewährleistet, dass bei der Implementierung von integrierten Roboterlösungen der Footprint der Linie signifikant reduziert und die Lösung in eine gesamtheitliche Liniensteuerung integriert werden kann, was wiederum maßgeblich zur Sicherheit und Effizienz des Prozesses beiträgt. Auch muss dieses intelligente System jederzeit an zukünftige und neue Applikationen angepasst werden können, sprich die Linie muss um- und nachrüstbar gestaltet werden. Das Multivac Portfolio umfasst in diesem Segment mittlerweile eine große Bandbreite an Lösungen, die kontinuierlich erweitert und den Bedürfnissen im Markt angepasst werden.
Effiziente Produktbeladung durch intelligente Vorgruppierung
Um die Beladung der Produkte möglichst effizient zu gestalten, setzt Multivac vielfach auf applikationsspezifische Lösungen zur Vorgruppierung. Ziel hierbei ist es, die notwendigen Roboter-Beladevorgänge zu minimieren, indem jeweils mehrere Produkte gleichzeitig beladen werden. Die Herausforderung des Vorgruppierungsprozesses besteht darin, neben einer hohen Leistung und einer schonenden Produkthandhabung auch den Umgang mit den Toleranzen eines Naturproduktes sowie die Möglichkeit einer Ausschleusung von Produkten außerhalb der Spezifikation zu gewährleisten. Um dies optimal zu erreichen, hat Multivac in den vergangenen Jahren gezielt Gruppierungslösungen für bestimmte Applikationen entwickelt und in die Handhabungsmodule integriert.
Ein gutes Beispiel hierfür ist der Multivac Centrifuge Feeder (MCF), der sich nahtlos in automatisierte Verpackungslinien integrieren lässt. Die hygienische und zugleich produktschonende Lösung wurde speziell für die Vorgruppierung von Würstchen mit nur geringer Krümmung entwickelt. Die Produkte werden lagerichtig ausgerichtet und zugeführt, so dass die nachfolgende Verpackungsmaschine effizient beladen werden kann. Insgesamt kann der Einsatz dieser Lösung eine Reduzierung der Handlingkosten von bis zu 60 % im Vergleich zur manuellen Beladung ermöglichen.
Das System setzt sich aus fünf leistungsstarken Komponenten zusammen: Über einen Steigförderer werden die Würstchen auf den sich permanent drehenden Zentrifugenteller transportiert. Dort orientieren sie sich durch die Fliehkraft an der Außenkante und werden vereinzelt vom Zentrifugenring abgenommen. Ein V-Band transportiert sie zu einem nachgelagerten Kassettenband, das jedes Produkt in einem separaten Fach einzeln und präzise ausgerichtet an das Handhabungsmodul befördert. Dort fasst der Greifer die gewünschte Anzahl an Würstchen und lädt diese in die Kavität der Packung.
Aber dies ist nur eines von vielen Beispielen. Bei der Beladung von Käsestücken wird bei Multivac in vielen Fällen zunächst ein ganzer Formatsatz, so wie in der Verpackungsmaschine vorhanden, vorgruppiert, um ihn dann komplett mit einem Zweiachsroboter in einer Bewegung in die Verpackungsmaschine einzulegen. Dadurch wird nicht nur die benötigte Roboterleistung, sondern auch die Komplexität des Beladevorgangs deutlich reduziert. Die Dimensionen und Qualität der Stücke können mittels eines Kamerasystems überprüft und im Falle einer Nichterfüllung der Spezifikation ausgeschleust werden.
Für dieses Ausschleusen, aber auch für Fälle eines Material Overflows bietet Multivac smarte Lösungen an, die eine Weiterverwertung der Produkte gewährleistet. Das Angebot an Multivac Gruppierungslösungen deckt bereits heute viele weitere Applikationen ab und wird kontinuierlich durch neue Marktanforderungen und kreative Ideen erweitert.
Optimales Einlegeergebnis durch hohe Kompetenz in der Greiftechnik
Ein weiteres Beispiel für die Kompetenz von Multivac im Bereich Produktbeladung ist die Greiftechnik. Die Ausprägung der Greifersysteme spielt eine herausragende Rolle, da diese auf die Eigenschaften des jeweiligen Lebensmittels abgestimmt sein müssen. Hierbei ist die Gestaltung des Greifers essenziell, um eine zuverlässige und produktschonende Handhabung des Produktes zu gewährleisten und ein ideales Einlegeergebnis zu erzielen.
Multivac verfügt über einen erheblichen zusätzlichen Freiheitsgrad bei der Wahl der Greiftechnik und somit der Gestaltung der Greifer − die Verwendung von Vakuumgreiftechnik im Lebensmittelbereich. Ein speziell von Multivac entwickeltes Vakuumspülsystem ermöglicht das Spülen des kompletten Vakuumsystems mit Wasser und Reinigungsmitteln sowie das anschließende Trocknen. Durch die spülfähige sowie totraumfreie Auslegung des Vakuumsystems lässt sich die Vakuumgreiftechnik im Lebensmittelbereich einsetzen. Zusätzlich können die Greifer mit Schnellwechselsystemen ausgelegt werden. So kann ein Greifer gereinigt und desinfiziert werden, während der zweite, identische Greifer weiterhin im Roboter seinen Job macht.
Mithilfe von Vakuumgreifern lassen sich die Produkte – anders als bei mechanischen Greifern – bis in die Packungskavität führen, wodurch deutlich bessere Einlegeergebnisse erzielt werden können. Zudem bietet die Vakuumgreiftechnik wesentliche Freiheitsgrade beim Beladen mehrerer Produkte in eine bzw. mehrere Packungskavitäten. Dies ermöglicht vielfach deutliche Effizienzgewinne.
„Um die individuellen Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen, nutzen wir zum einen natürlich unseren modularen Baukasten an Standardkomponenten“, erläutert Peter Lenz. „Bei Bedarf entwickeln wir aber auch produktspezifische Greifersysteme, die optimal auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten sind. In diesem Bereich verfügen wir mittlerweile aufgrund einer Vielzahl an Projekten über einen großen Erfahrungsschatz.“
Alle Lösungen erfüllen selbstverständlich die anspruchsvollen Anforderungen der Branche hinsichtlich einer kompromisslosen Hygiene. Denn der in der Lebensmittelindustrie geforderte Grad an Produktsicherheit und Haltbarkeit kann nur durch eine durchweg hygienische Handhabung mit entsprechenden Anforderungen an die Reinigungs- und Desinfizierbarkeit erzielt werden.
Weitere Automatisierungsansätze
Ein weiterer Teilprozess, der sinnvoll automatisiert werden kann und gleichzeitig als integraler Bestandteil einer ganzheitlichen Automatisierungslösung ein Maximum an Prozess- und Packungssicherheit gewährleistet, ist der Bereich Kontrolle bzw. Inspektion. Denn eine zuverlässige Kontrolle im hohen Leistungsbereich lässt sich heute nur noch mit vollautomatischen Lösungen durchführen. Die Inline-Qualitätsinspektion übernimmt üblicherweise auch das automatische Ausschleusen von NiO-Packungen. Um diese Funktionalität gewährleisten zu können, ist jedoch wiederum eine ganzheitliche Liniensteuerung grundlegend erforderlich.
Abgerundet wird das Portfolio von Multivac durch unterschiedlichste Bandsysteme für die integrierte Zuführung wie auch für den Transport von Produkten. Diese Band-Zuführsysteme können als Teil der Verpackungsmaschine ausgelegt und in diese integriert werden. Hierdurch reduziert man die zu fahrenden Wege der Roboter zum Teil dramatisch, was wiederum zu einer deutlichen Leistungssteigerung der gesamten Linie führt.