Neue Automatisierungstechnik in Brownfield-Anlagen bis in die Feldebene
Anlagen laufen meist über viele Jahrzehnte, wobei sich die in ihnen gefertigten Produkte oder der Stand der Technik in deutlich kürzeren Abständen ändern. Da eine Neuanschaffung häufig zu teuer ist, müssen die Bownfield-Anlagen daher an die neuen Rahmenbedingungen adaptiert werden. Eine anlagenspezifische Systemverkabelung unterstützt beim zuverlässigen und schnellen Umstieg auf eine moderne Steuerungstechnik..
Die Anfänge der Systemverkabelung datieren auf Ende der 1980er Jahre. Neben der Einzeladerverdrahtung etablierten sich erste Plug-and-Play-Lösungen auf dem Markt. Im Laufe der Zeit wurden sie dann zu einem festen Bestandteil der Schaltschrankkonzepte für industrielle Anlagen, denn der Vorteil der Systemverkabelungslösungen liegt auf der Hand: eine fehlerfreie und schnelle Verdrahtung wegen des vorgegebenen Systemgedankens, den Phoenix Contact durch sein stetig wachsendes Produktportfolio maßgeblich mitgeprägt hat. Während der Jahre stiegen die Anforderungen an die Systemverkabelung: Technische Innovationen hielten Einzug in die Automatisierungswelt, Steuerungskonzepte veränderten sich und die Bedürfnisse der Anwender wurden immer individueller. Wird die Verdrahtung von Signalen in industriellen Anlagen aus heutiger Sicht betrachtet, stoßen die Anwender aufgrund der weltweit unterschiedlichen Systeme mit Standardprodukten oftmals an ihre Grenzen. Der Schlüssel zu erfolgreichen Projekten liegt deshalb meist in einer individuell angepassten Produktlösung, die das Standard-Produktportfolio ergänzt. Denn Aufgaben wie eine Anlagenerneuerung unter Beibehaltung der Feldverdrahtung, der Austausch alter Steuerungs- und Leitsysteme innerhalb von kurzer Zeit sowie die Erweiterung der Bestandsanlagen um aktuelle Steuerungstechnik erfordern mitunter eine spezifische Lösung.
Planungsbegleitende und eng abgestimmte Zusammenarbeit
Wird das Konzept der Systemverkabelung im Detail verfolgt, setzt es sich aus drei wesentlichen Bestandteilen zusammen:
- der Ankopplung der I/O-Signale an die Steuerung, wobei zum Beispiel ein Systemstecker oder ein Frontadapter zum Einsatz kommt,
- der Verteilung der Feldsignale über fertig konfektionierte Kabel,
- der Anbindung der Feld- oder Rangierebene mit entsprechenden Übergabemodulen an die Steuerungsebene.
Die Grundlage für eine individuelle Kundenlösung findet sich genau in diesen drei Bausteinen. Daher bietet Phoenix Contact die Möglichkeit, spezifische Sonderlösungen und Lösungsansätze planungsbegleitend sowie in enger Zusammenarbeit mit dem Anwender in einer unternehmenseigenen Fachabteilung zu erarbeiten. Die enge Abstimmung zwischen dem Auftraggeber und dem Vertriebsteam des Anbieters sowie intern zwischen den Bereichen Entwicklung und Produktion erlaubt die genaue Erfassung der Anwenderbedürfnisse, der technischen Realisierung und der wirtschaftlichen Parameter. Als Ergebnis erhält der Auftraggeber innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine individuelle Lösung.
Spezielle Anpassung von Standardprodukten oder komplette Neuentwicklung
Wie sehen solche spezifischen Lösungen nun im Kontext der Systemverkabelung aus? In der Regel basieren die Konzepte auf einem Standardartikel, der einem speziellen Wunsch des Anwenders unterliegt. Je nach Produkt kann dieser Wunsch erheblich variieren. Häufig geht es um die Nutzung einer alternativen Anschlusstechnik. Einige Anwender präferieren den Push-in- oder Zugfederanschluss gegenüber der Schraubanschlusstechnik. Oder anstelle einer fest eingelöteten Printklemmen wird nach einer steckbaren respektive modularen Leiterplattenklemme verlangt. Manchmal betreffen die Modifikationen lediglich einen kleinen Bereich. Beispielsweise soll eine andere Kunststofffarbe verwendet oder eine anwenderspezifische Beschriftung aufgebracht werden.
Natürlich kann es sich bei einer individuellen Lösung ebenfalls um die komplette Neuentwicklung eines Artikels handeln. Bei der I/O-Ankopplung an die Steuerung oder der Anbindung der Feld- und Rangierebene an die Steuerungsebene betrifft dies oftmals eine Platinen-basierende Lösung. Eine Neuentwicklung stellt eine Option dar, die im Einzelfall auf der Grundlage ihres Komplexitätsgrads genauer zu durchdenken ist. Im Fokus stehen dabei die technische Funktion, Umsetzbarkeit sowie die wirtschaftlichen Parameter: Wird eine andere Anschlusstechnik benötigt oder unter Umständen sogar ein spezielles Gehäuse? Ist eine besondere Zulassung erforderlich? Bedarf es eines anderen Platinen-Layouts? Oder kommt diesen Parametern keinerlei Bedeutung zu? Diese und weitere Fragen lassen erahnen, wie individuell und letztendlich komplex eine Lösung aussehen kann, denn möglich ist vieles.
Individuell abgelängtes und geprüftes Systemkabel
Auch im Bereich der Systemkabel lässt sich durch die Modifikation bereits im Produktportfolio von Phoenix Contact vorhandener Systemkabel eine maßgeschneiderte kundenspezifische Lösung realisieren. Bei den Kabeln erweisen sich individuelle Längen als ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Geht es um ein Anlagenretrofit, ist der Platzbedarf meist vorgegeben. Aufgrund des begrenzten Raums im Schaltschrank können die Kabel also nicht in mehrere Meter langen Schlaufen verlegt werden. Doch nicht nur die Kabellänge spielt eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus ist die Frage zu klären, ob sich das Kabel für die geforderte Spezifikation eignet. Wie viele Signale werden benötigt? Passen die Aderanzahl, der Querschnitt und die Systemsteckverbinder zu der jeweiligen Applikation? Bedingt die Rangierebene einen Adapter oder ein Übergabemodul? Und wie gestaltet sich ein eventuell notwendiges Schirmungskonzept?
Ebenso wie bei Platinen-basierenden Lösungen müssen bei einer Modifikation von Systemkabeln die technische Funktion, die Umsetzbarkeit sowie die wirtschaftlichen Parameter bewertet werden. Am Ende des Anpassungsprozesses steht ein geprüftes Systemkabel, das genaustens auf die jeweiligen Systemstecker der I/O-Karten und deren Übergabemodule abgestimmt ist.
Zeitlich überschaubare Umsetzung des Projekts
Im Zusammenspiel mit dem Produktportfolio von Phoenix Contact bietet eine anwendungsspezifische Systemverkabelung die Möglichkeit, innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens individuelle Lösungskonzepte zu erstellen. Durch derartige Ansätze ergeben sich Einsparungen bei der Umrüstzeit bestehender Applikationen, die Anlagenverfügbarkeit wird priorisiert und der Betreiber kann seine Anlage zuverlässig sowie auf dem modernsten Stand der Technik um- oder ausbauen. Letztendlich wird der Systemgedanke weiter gestärkt.
Autor: Burkhard Schollähn, Produktmanager im Bereich Interface Components, Phoenix Contact Electronics
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Geringere Aufbauhöhe durch gewinkelten D-SUB-Steckverbinder
Das Produktportfolio von Phoenix Contact umfasst ein breites Spektrum an vorkonfektionierten D-SUB-Systemkabeln. Zur Auswahl gibt es 9- bis 50-polige Kabel, die in variablen und festen Längen bestellbar sind. Darüber hinaus stehen halogenfreie Kabel zur Verfügung. Trotz des umfangreichen Angebots ist manchmal eine Sonderlösung erforderlich. So auch in einem Projekt, in dem eine in einem Gehäuse befindliche Backplane Signale über ein D-SUB-Systemkabel verteilen sollte. Aufgrund der geringen Platzverhältnisse im Gehäuse schied eine Lösung mit geraden D-SUB-Steckverbindern von vornherein aus. Gleiches galt für eine kundenseitige Änderung der Anschlüsse auf der Backplane oder eine Modifikation des Gehäuses.
Der naheliegendste Ansatz für das Platzproblem war eine Anpassung der in diesem Fall zu hoch aufbauenden geraden D-SUB-Steckverbinder. Durch die Verwendung von um 45 Grad gewinkelten D-SUB-Varianten reduzierte sich die Aufbauhöhe, sodass weder die Backplane noch das Gehäuse adaptiert werden musste. Die individuelle Pinbelegung sowie die Ausrichtung des D-SUB-Einsatzes im Schalengehäuse des Steckverbinders erfolgte in Abstimmung mit dem Kunden. Diese maßgeschneiderte Lösung wird heute weiterhin genutzt.
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