Proteinquellen für die nachhaltige Ernährung

Auf der Powtech 2023 in Nürnberg werden Maschinen und Anlagen für die gesamte Prozesskette hin zu pflanzlichen Proteinen zu sehen sein – von der Bohne bis zum Granulat.

Abb. 1: Ein reifendes Sojabohnenfeld.   | © oticki - stock.adobe.com
Abb. 1: Ein reifendes Sojabohnenfeld. | © oticki - stock.adobe.com

Alternative Proteine sind eines der Trendthemen im Maschinen- und Anlagenbau der Lebensmittelindustrie und damit auch der Fachmesse Powtech. Doch wie werden diese überhaupt hergestellt? Und welche Herausforderungen stellen sich den Produktentwicklern und Maschinenkonstrukteuren? Ein kurzer Einstieg in ein faszinierendes Technologie-Segment.

Ohne Proteine geht nichts. Sie bilden den Grundstein für alle Lebewesen und liefern unserem Körper Aminosäuren, aus denen Muskeln, Zellen und Gewebe sowie Antikörper und Hormone aufgebaut werden. Eier, Fleisch, Fisch und Milchprodukte sind traditionell wichtige Eiweißquellen, aber auch pflanzliche Proteine – und diese gewinnen immer stärker an Bedeutung für die Welternährung. Doch von der Sojabohne, Lupine oder vom Weizenkorn bis zum veganen Wurst­ersatz ist es ein weiter Weg, in dem viel Technik steckt. Denn das Protein muss zunächst aus den Rohstoffen extrahiert und aufbereitet werden, bevor es dann zum Fleisch- oder Wurstersatz „texturiert“ werden kann.

Der Prozess startet mit dem Sortieren und Reinigen der Rohstoffe, seien es Hülsenfrüchte, Saaten oder andere, die dann zunächst vermahlen werden. Diesem noch vergleichsweise klassischen Aufbereitungsprozess folgt dann die Protein-Extraktion, die je nach Rohstoff unterschiedlich durchgeführt werden kann. Häufig geschieht dies über einen mehrstufigen Prozess mit Wasser oder Salzlösungen, aber auch organische Lösungsmittel kommen zum Einsatz. Dabei werden die Rohstoffe zunächst eingeweicht, um die Proteine von den Kohlenhydraten und anderen Bestandteilen zu trennen. Anschließend wird das abgetrennte Protein aus der Lösung gefällt (Proteinkoagulation) und abgetrennt.

Schließlich wird die Lösung (Konzentrat oder Isolat) direkt verarbeitet oder in einem Sprühtrockner zu einem Pulver getrocknet. Dieses Pulver bildet die Ausgangsbasis für das Texturieren – ein Prozess, der schließlich zum fleischähnlichen Produkt führt.

Von der Reinigung zum Proteinpulver

Schon der grobe Überblick deutet an, dass in den verschiedenen Schritten die unterschiedlichsten Maschinen und Apparate benötigt werden. Schauen wir uns das also am Beispiel der Herstellung von Soja-Isolat genauer an: Die Sojabohnen werden gereinigt, vermahlen und in Wasser eingeweicht. Anschließend werden sie erhitzt, um die Proteine freizusetzen. Bei der Proteinextraktion haben Zentrifugen bzw. Dekanter ihren großen Auftritt: In ihren konisch zulaufenden, rotierenden Trommeln werden Feststoffpartikel durch Zentrifugalkraft nach außen gedrängt und bilden eine Schicht an der Innenwand der Trommel. Die Flüssigkeit sammelt sich im Zentrum und wird durch einen Auslass abgeführt. Dadurch wird die Proteinlösung im ersten Schritt kontinuierlich von den Pflanzenresten getrennt. Nachdem das zunächst gelöste Protein unter Zugabe von Säure oder Salz zu Proteinflocken „gefällt“ wurde, werden diese ebenfalls in einem Dekanter konzentriert. Um das Protein möglichst vollständig nutzbar zu machen und die Abwasserbelastung zu verringern, werden im Dekanter nicht abgetrennte Proteinflocken in einem zusätzlichen Tellerseparator abgeschieden; das funktioniert, weil die Maschine sowohl Zentrifugalkräfte, als auch die Schwerkraft nutzt.

Schließlich werden die koagulierten Proteine gewaschen und Säurereste neutralisiert, erneut zentrifugiert oder gefiltert. Das Soja-Isolat wird schließlich bei niedriger Temperatur getrocknet – bspw. in Sprühtrocknern. Wie der Name sagt, wird die proteinhaltige Flüssigkeit dabei von oben in eine Trockenkammer gesprüht und fällt dort einem heißen Luftstrom entgegen, wobei die Flüssigkeit verdampft und das zuvor gelöste Produkt fällt schließlich als trockenes Pulver zu Boden. 

Textur

All diese Schritte bilden allerdings erst die Vorarbeit auf dem Weg zum Fleischersatz! Denn am Ende sind für den Konsumenten nicht nur Inhalt und Geschmack entscheidend, sondern auch das Biss- und Mundgefühl. Um hier eine möglichst originalgetreues „Kundenerlebnis“ zu erreichen müssen die pflanzlichen Proteine texturiert werden. Dies erfolgt in der Regel in speziellen Extrudern, wobei zunächst verschiedene Rohstoffe und Gewürze der Rezeptur vermischt und gemahlen werden, um eine gleichmäßige Konsistenz zu erreichen. Diese Mischung wird in einen Extruder dosiert und über Sprühdüsen Wasser zugesetzt. In der langgestreckten Maschine rotieren eine oder auch zwei Schnecken, die das Material in Richtung einer Öffnung (Matritze) am Ende einer zylindrischen Kammer transportiert. 

Auf diesem Weg ist die Masse einem hohen Druck sowie definierten Scherkräften und Temperaturen ausgesetzt, wobei das Protein denaturiert – man spricht vom Kochextrusionsprozess. Am Ende des Extruders wird das Produkt durch eine Düse ausgetragen, wobei feine Fasern entstehen, die auf eine gewünschte Länge geschnitten werden. Je nach Verfahren lassen sich so entweder trockene texturierte Pflanzenproteine (TVP) oder solche mit einem hohen Wasser­anteil (HMMA) herstellen. Letztere sind Fleisch am ähnlichsten, während TVP vor der Weiterverarbeitung in Wasser eingeweicht werden müssen. 

Hohe Anforderungen an die Maschinentechnik

Die Anforderungen an die eingesetzte Technik sind hoch: Die Maschinen müssen einerseits flexibel genug sein, um unterschiedliche Rezepturen und Rohstoffe verarbeiten zu können. Zudem spielt die Hygiene eine große Rolle – alle Komponenten sollten totraumfrei und leicht zu reinigen sein. Weil die im ersten Schritt eigesetzten Zentrifugen große Massen in Bewegung setzen müssen, spielt hier die Energieeffizienz eine wichtige Rolle. Zudem ist es wichtig, im Trennschritt Feststoffe mit einem möglichst niedrigen Feuchtegehalt zu erzeugen, denn die anschließende Trocknung ist ein energieintensiver Vorgang.

Beim Texturieren ist die Präzision der eingesetzten Komponenten im Hinblick auf die Dosiergenauigkeit sowie die Prozessparameter wie Druck und Temperatur von großer Bedeutung. Mit steigendem Bedarf und wachsendem Produktionsvolumen werden zudem integrierte Prozesse immer wichtiger, bei denen die komplette Linie optimal aufeinander abgestimmt ist. Hier spielt auch die Automatisierung eine wichtige Rolle. Sie sorgt nicht nur für eine hohe Produk­tivität, sondern auch für reproduzierbar gleichbleibende Prozesse und eine lückenlose Dokumentation der Produktionsparameter.

Auf der Powtech in Nürnberg werden vom 26.-28.9.2023 Maschinen und Lösungen für die gesamte Prozesskette – von der Bohne bis zum Granulat zu sehen sein. Der neue Anwendungsbereich, der neben Pulvern und Schüttgütern auch Flüssigkeiten enthält, trägt der integrierten, ganzheitlichen Betrachtung der Prozessketten Rechnung. Infos unter: www.powtech.de.

Autor: Armin Scheuermann, Chemieingenieur und freier Fachjournalist

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