Prozessautomation: Anlagenstillstand versus Verfügbarkeit
CITplus - Die geforderte ständige Verfügbarkeit von Anlagen in der Prozessindustrie stellt das Service- und Wartungspersonal vor ständig steigende Herausforderungen: stetig steht weniger Personal für immer größere und komplexere Anlagen zur Verfügung, Anlagen werden häufiger über die ursprünglich geplante Lebensdauer hinweg betrieben bei gleichzeitiger Forderung nach absoluter Verfügbarkeit. Zusätzlich bemängeln viele Nutzer die gestiegene Komplexität der Feldgeräte, welche ein weiterer Unsicherheitsfaktor im täglichen Betrieb darstellt.
Dies führt zu einem immensen Druck seitens der Anlagenbetreiber: ist die Verfügbarkeit der Anlage nicht gewährleistet, d. h., fällt bspw. ein Messumformer aus, muss dieser schnellstmöglich getauscht werden. Oftmals ist es aber mit einem reinen Tausch des Geräts nicht mehr getan. Ob analog, also 4...20 mA, oder digital, bspw. Profibus; fehlende Parametrierung, Geräteverfügbarkeit oder Probleme mit den Gerätetreibern sind nur einige der Hürden beim Tausch zweier Messumformer.
Der Gerätetausch und die Integration
Der Austausch selbst stellt für die wenigsten Techniker heutzutage eine große Herausforderung dar: steht erstmal der betroffene Anlagenteil, so genügt es meist den defekten Messumformer von der Stromversorgung zu trennen, auszubauen und den neuen einzubauen. Genormte Prozessanschlüsse sorgen dafür, dass auch Geräte verschiedener Hersteller meist ohne Anpassungen gegeneinander getauscht werden können.
Aufgrund der notwendigen Gerätetreiber (siehe Kasten „Probleme beim Gerätetausch") genügt es jedoch nicht immer, das Gerät nur physikalisch zu tauschen. Ebenso kann ein „logischer" Tausch des Geräts in der Programmierung notwendig sein. Dieser Tausch, also ein Austausch der Gerätebeschreibungsdateien, ist jedoch bei nahezu allen Leitsystem mit einem Neustart des Systems verbunden - was einem Stillstand der gesamten Anlage gleich kommt.
Dem Anwender stehen zwei Möglichkeiten der Integration zur Verfügung: Die Integration mit der so genannten Profil GSD oder mit der speziellen GSD des jeweiligen Gerätes. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, die sich auf den täglichen Betrieb als auch auf den Gerätetausch auswirken.
Profil GSDs sind allgemein gültig für Geräte verschiedener Hersteller und Messprinzipien. Damit einher geht jedoch auch ein reduzierter Funktionsumfang, da seitens dieses allgemeinen Treibers nicht alle Funktionen unterstützt werden.
Die Gerätespezifische GSD wiederum ist genau auf das jeweilige Feldgerät zugeschnitten, d. h., dem Anwender stehen alle vom Gerät unterstützten Funktionen zur Verfügung.
Der Vorteil der Profil GSD liegt vor allem im Gerätetausch: da die GSD universell einsetzbar ist, kann ein defektes Feldgerät ohne einen weiteren Eingriff am Leitsystem getauscht werden. Hierbei muss es sich nicht zwingend um ein identisches Gerät handeln; vielmehr ist es möglich, ein defektes Gerät auch mit einem Gerät mit anderem Softwarestand zu ersetzen. Und dies ebenfalls ohne Austausch der GSD im Leitsystem.
Der Vorteil der speziell angepassten gerätespezifischen GSD ist auch deren Nachteil: diese funktioniert immer nur mit einem bestimmten Softwarestand eines Gerätes. Kommt es in einem Fehlerfall zu einem identischen Austausch der Geräte hat dies keine Auswirkungen. Soll jedoch ein Feldgerät gegen ein Gerät mit neuerer Softwareversion ausgetauscht werden, muss ebenfalls die im Leitsystem hinterlegte GSD aktualisiert werden. Dies zieht in den meisten Fällen einen Neustart des Leitsystems nach sich was wiederum den Stillstand der Anlage bedeutet. Abhilfe kann hier das PA Profil 3.02 schaffen.
Einfacher Gerätetausch mit Profil 3.02
Neu ist im PA Profil 3.02 eine Funktionalität zur automatischen Übernahme der Funktionen von Vorgängermodellen standardisiert. Dabei identifiziert das Austauschgerät automatisch die erwartete Vorgängerversion und schaltet gleichzeitig auf dessen Funktionalitäten um. Das Ersatzgerät wird daraufhin vom Leitsystem als Altgerät wahrgenommen. Bei einem späteren geplanten Stillstand können durch ein Update der Beschreibungsdatei die neuen Funktionalitäten integriert werden.
Damit ergeben sich für den Anwender gleich mehrere Vorteile: die Lagerhaltung für Austauschgeräte wird drastisch reduziert und einer schleichenden Veralterung der Anlage aktiv vorgebeugt. Darüber hinaus ist eine Erneuerung der Anlage Gerät für Gerät möglich; und dies ohne einen Stillstand der Anlage riskieren zu müssen.
Die Parametrierung - Oftmals ignoriert
Der defekte Messumformer ist ausgetauscht gegen einen funktionsfähigen, die Stromversorgung ist angeschlossen und die Kommunikation ist etabliert. Somit kann der Austausch als erledigt betrachtet werden. Zumindest physisch. Ein reiner Austausch der Geräte genügt oftmals in den seltensten Fällen. Die verfügbaren Messgeräte auf dem Markt verfügen über ausgefeilte Mechanismen zur Anpassung der aufgenommenen Messwerte. Dies ist ein Segen für jeden Anlagenbetreiber, denn so kann das Messgerät optimal auf den Prozess abgestimmt werden. Für einen schnellen Geräteaustausch ist dies jedoch eher hinderlich. Die so genannte Parametrierung, also das Anpassen des Geräts an die Prozessumgebung durch verschiedene Einstellungen am Gerät, sollte im Idealfall vorab vorgenommen werden. Glücklicherweise bieten nahezu alle verfügbaren Messumformer die Möglichkeit, auf der Werkbank vorab auf die jeweiligen Bedürfnisse des Anwenders angepasst zu werden. Oftmals können diese Einstellungen sogar direkt beim Hersteller geordert werden; dies erspart nochmals zusätzlichen Aufwand.
Wie die Parametrierung durchgeführt wird, ist stark von der Philosophie des Herstellers abhängig. Prinzipiell werden hier zwei Möglichkeiten unterschieden: die Vor-Ort Parametrierung sowie der Fernzugriff. Die Vor-Ort Parametrierung umfasst alle Möglichkeiten, die dem Techniker direkt am Gerät zur Verfügung stehen, so wie bspw. das Vornehmen der Einstellungen über Schalter und Taster direkt am Gerät oder via eines Servicelaptops. Fern- oder Remotezugriff dagegen ist nur bei Geräten mit digitaler Kommunikation möglich: hier kann von einer zentralen Stelle aus auf das jeweilige Gerät zugegriffen und Einstellungen vorgenommen werden.
Grundlegend sollten die eingestellten Werte, ob nun Vor-Ort oder Remote vorgenommen, dokumentiert werden. Hier stehen dem Nutzer, je nach verwendetem Tool, unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Wird dieser Vorgang sauber gepflegt, so kann bei einem zukünftigen Gerätetausch schnell die alte Einstellung herangezogen werden.
Fazit
Der Gerätetausch gilt nach wie vor als der kritische Punkt innerhalb einer Anlage der Prozessautomation. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Anlage mit 4...20 mA oder Profibus betrieben wird: der grundlegende Umgang mit den Geräten ist identisch.
Von Anwendern oft ignoriert ist der Aufwand für die notwendige Parametrierung des Neugerätes. Es spielt keine Rolle, mit welcher Kommunikationsschnittstelle das Gerät ausgestattet ist, das Anpassen an die speziellen Bedürfnisse ist zwingend notwendig. Während bei 4...20 mA Geräten der Vorgang selbst direkt am Gerät stattfinden muss, kann bei Profibus auch von großer Entfernung auf die Einstellungen zugegriffen werden. Ein unschätzbarer Vorteil in weitläufigen Anlagen, beispielsweise, wenn das Gerät getauscht wurde, die Parametrierung aber erst später erfolgen soll.
Der oftmals kritisierte komplizierte Umgang mit der Thematik des Gerätetauschs bei Profibus gilt bei genauerer Betrachtung nur in einem speziellen Fall: bei der Verwendung der gerätespezifischen GSD bei gleichzeitigem Tausch gegen ein Gerät mit neuem Softwarestand. Und auch hier kann ein Eingriff im Leitsystem verhindert werden: mit dem PA Profil 3.02 steht dem Anwender ein Mittel zur Verfügung, Geräte mit Profibus ebenso einfach und unkompliziert zu tauschen wie deren Pendant mit 4...20 mA.
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Probleme beim Gerätetausch
Der unterschiedliche Umgang mit Geräten der 4...20 mA Technologie und Geräten mit digitaler Schnittstelle macht sich vor allem beim Gerätetausch bemerkbar.
Bei analoger Kommunikation ist eine Beschreibung der Gerätefunktionalität in einer Datei sowie deren Integration in ein Leitsystem überflüssig: nur ein Analogwert (Mess- bzw. Stellwert) kann hier übertragen werden während gleichzeitig eine Konfiguration des Messgerätes vom Leitstand aus am Mangel an Kommunikationsmöglichkeiten scheitert. Dadurch entfällt verständlicherweise die Integration der Gerätefunktionalität in die Leittechnik.
Ein digitaler Feldbus für die Prozessautomatisierung, z. B. Profibus PA, bietet deutlich leistungsfähigere Lösungen bei gleichzeitig zuverlässiger Erfüllung der Aufgaben. Neben verbesserten Mess- oder Stelleigenschaften, der einheitlichen Bedienung der Feldgeräte durch Gerätestandards steht vor allem die leistungsfähige Kommunikation im Vordergrund.
Aufgrund dieser vielfältigen innovativen Funktionalitäten ist bei Geräten mit Profibus PA eine Integration anhand der Beschreibungsdateien notwendig. Hier liegt es im Aufgabenbereich des Anwenders, den Aufwand für die Geräteintegration sowie die Vorteile der digitalen Feldbustechnik gegenüber dem gewohnten, bisherigen Umgang, abzuschätzen.
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