Reinraumtechnik – ein Blick zurück und nach vorne

Sich nach 25 Jahren in einer Branche etabliert zu haben, gelingt dann, wenn man als Verlag mit einem entsprechend starken, geduldigen und nutzer­orientierten Team dem aktuellen Bedarf der Leserschaft gerecht wird und einen Bezug zum Markt, zur Angebotsseite wie zur Nachfrageseite erreichen konnte.

© Cleanroom Future
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Ein solches Jubiläum lässt den Blick aus der Vergangenheit in die Zukunft zu. Dieser wirft die Frage auf, wohin die Reise geht und auf was sich ein Markt einstellen sollte, um ebenfalls bedarfsgerecht auf Angebot und Nachfrage eingehen zu können. Im Folgenden sind Thesen beschrieben, die diesen Blick für Anwender und Zulieferer weiter schärfen sollen.

Automatisierung in der Reinraumtechnik

In den Anwendungsbereichen Mikrotechnologie und Pharmaproduktion entwickeln sich Mini-Evironment- und Containment-Konzepte zur optimalen Ausrichtung einer Reinraumproduktion. Es entstehen kleinere, weitgehend von der Umgebung abgekapselte Einheiten, in denen kein Einfluss von wesentlichen Kontaminationsquellen wie bspw. dem Personal Zugang bzw. Zugriff hat. Die kritischsten Bereiche innerhalb des Herstellprozesses werden dort unter Reinraumbedingungen angewendet. Es entstehen kleinere Reinraumeinheiten in der Umgebung der Anlagen und mit weitaus weniger Personal. Diese Entwicklung geht einher mit den immer intelligenteren Möglichkeiten von Förder,- Montage und Abfülltechnik und der dazugehörigen Steuerung über EDV-Systeme.

Weniger Personal in der Reinraumproduktion

Dies bezieht sich auf die Bereiche, in denen höchste Ansprüche herrschen und geringste Kontaminationen bereits deutliche wirtschaftliche Schäden verursachen. Durch den vermehrten Einsatz von Maschinen und Anlagen, den komplexen Steuerungs- und Überwachungssystemen und den Anforderungen an Real-time-Messtechnik, werden zwar immer weniger Menschen in der direkten Produktion eingesetzt, jedoch gleicht sich das nahezu wieder aus, betrachtet man Personaleinsatz bei den erforderlichen Dienstleistungssektor von Wartung, Monitoring, Qualifizierungen, Validierungen, Reinigung und Instandhaltung. Dies ist als eine logische Folge aus den Trends zu Outsourcing und Full-Service-Providern zu erkennen.

Und bei all den Anwendern, bei denen nach wie vor das Produkt oder der Prozess offen im Reinraum gehandhabt wird, wird die Automatisierung nicht so schnell möglich sein. Auch bei Neueinsteigern in die Reinraumtechnik ist zu beobachten, dass es zur Erfüllung der Anforderungen von Behörden oder Abnehmern noch so ist, dass um den bisherigen sauberen Arbeitsbereich eine Reinraumhülle aufgesetzt wird, um im ersten Schritt für eine Reduzierung von Verunreinigungen zu sorgen.

Digitalisierung und künstliche Intelligenz

Bislang wird lediglich über einen Bruchteil der Möglichkeiten nachgedacht, Verfahren und Produkte zu digitalisieren. Die Investitionsbereitschaft in der Industrie ist da noch als verhalten zu bezeichnen. Es liegt möglicherweise daran, dass sich die Wirtschaftlichkeit  schwierig berechnen und nachvollziehen lässt und der Nutzen gerne als „nice to have“ eingeschränkt betrachtet wird. Doch ergeben sich zahlreiche Chancen durch die gewonnenen Informationen, die sich analysieren und Prozesse dadurch wiederum optimieren lassen. Es braucht dafür den Mut von Entscheidungsträgern und eine klare und realistische Einschätzung, die langfristig den Vorteil erkennen lässt. Zugegeben, der Datenschutz schränkt da sehr stark die Motivation ein, sollte aber nicht das k.o.-Kriterium darstellen.

 

© Cleanroom Future
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Wartung On-demand

Bereits heute werden in der Planung von Gebäuden sogenannte BIM Modelle (Building Information Modelling) aufgebaut. Dabei werden alle erforderlichen Elemente erfasst. Bis zur Schraube und der Beilagscheibe. Was anfänglich als Erleichterung im Beschaffungswesen gedacht war, ist heute Grundlage für die Ermittlung von Haltbarkeit und Lebensdauer. Verschleißteile werden erfasst und ersetzen eine festgelegte jährliche Wartung durch rechtzeitigen Austausch der Teile. Somit ist ein reibungsloser Prozess für jeden Anwender möglich und es können Ersatzteil-Lieferprobleme, nicht verfügbare Servicetechniker und hohe Aufwendungen für Sondereinsätze vermieden werden. Zudem lassen sich durch BIM bereits vor dem Bau Abläufe simulieren, die Korrekturen am Rechner ermöglichen und nicht erst auf der Baustelle.

Intelligente Reinraumbekleidung

Durch die Integration von Sensoren wie RFID Chips ist ein erster Schritt in Richtung Nutzerverhalten und Laufwege bei Reinraumpersonal möglich. Diese dienen der Optimierung von Prozessschritten und ermöglichen eine Kontrolle der eingesetzten Bekleidungsteile, so dass bspw. Kleidung nicht zu lange getragen wird. In weiteren Entwicklungen können in das Gewebe eingearbeitete Sensortechnologien Flüssigkeiten wie Schweiß und Blut oder Körpertemperaturen ermitteln. Der Zustand des Personals wäre so ablesbar, woraus sich Erkenntnisse zu aktueller Überlastung oder Maßnahmen wie Pausenhinweise ermöglichen ließen. Daraus ergeben sich Bewertungen aus künstlicher Intelligenz, wie viel Personal tatsächlich erforderlich ist und es lassen sich Einsatzpläne über Monate hinweg vorberechnen.

Intelligente Reinraumreinigung

Die ordentliche und vollständige Durchführung der Reinraumreinigung ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Qualität und die Prozesssicherheit zu gewährleiten. Auch hier könnten in Reinigungstextilien wie den Wischbezügen Chips eingearbeitet werden, um ebenso die Wischbewegungen und die abgearbeiteten Flächen nachzuvollziehen. Mit Tablets könnten über Ortungssysteme die betretenen Räume abgeglichen werden und eine sofortige Dokumentation der Leistungen vor Ort durch das Reinigungspersonal erfolgen. In zukünftigen Szenarien und Studien geht es bereits um die Entwicklung von Reinraumreinigungsrobotern. Diese erledigen den Wischprozesse ohne menschliche Begleitung, scannen die Umgebung nach sichtbaren Verunreinigungen ab und werten das Reinigungsergebnis qualitativ und quantitativ aus. Aufgrund der Werte werden Flächen, deren Verunreinigungspotenzial und den sich daraus ergebenen Reinigungszyklus zu einem wirtschaftlichen und sicherheitsrelevanten Faktor.

Intelligente Oberflächen

Einrichtungen, Türen, Wand-, Boden- und Deckensysteme bestehen bis heute aus richtiger Hardware. Damit sind Materialien gemeint, die diesen Gegenständen Statik und Form geben. Die nächste Generation besteht aus der Verbindung von den Ausgangsmaterialien mit Beschichtungen, Folien und Glasoberflächen, die Informationen aufnehmen und vermitteln können. Zu viel Flüssigkeit auf dem Boden lässt ihn rot leuchten, Wandelemente verändern die Motive zum Wohlbefinden des Personals bzw. zur Motivationssteigerung. Touch-Eingaben ersetzen Computer, da dies direkt in das Möbel oder eine Wandfläche integriert sein kann.

Insgesamt halten das viele Anwender für zu utopisch. Es ist jedoch festzustellen, dass es all diese Technologien bereits zum größten Teil verfügbar am Markt gibt und nicht erst erfunden werden müssten. Mutige und investitionsbereite Unternehmen und Verantwortliche können hier problemlos mit Forschungsbereichen kooperieren und sich deutliche Wettbewerbsvorteile bereits heute sichern. Das hat Auswirkung auf das Personalrecruiting, die Personalbindung und die Ausbildung und es erhöht die Attraktivität eines Arbeitgebenden. Zudem sichern sich Unternehmen und Start-ups ihre Daseinsberechtigung mit dem klaren Blick nach vorne in die Zukunft und sorgt dafür, dass in 25 Jahren ein Jubiläum gefeiert werden kann, wie es heute der Wiley-VCH (bzw. GIT)-Verlag tut.

Autor: Frank Duvernell, Cleanroom Future GmbH, Frankfurt am Main

Frank Duvernell, Cleanroom Future © Cleanroom Future
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