08.09.2022 • NachrichtenPhoenix ContactSiemensSchalter

SCCR für Schaltanlagen in Nordamerika

Der National Electrical Code(NEC) schreibt die Dokumentation des möglichen Kurzschlussstroms am Aufstellungsort von Schaltschränken vor. Geprüfte Kombinationen aus Reihenklemmen und Leistungsschaltern vereinfachen den Einsatz von modernen Schutzgeräten und vermeiden teure Umbauten.

© Phoenix Contact/ Siemens
© Phoenix Contact/ Siemens

Die Anforderung zur Dokumentation des „Short Circuit Current Rating“ datiert bereits aus 2005. Seitdem muss der SCCR-Wert einer Schaltanlage auf dessen Typenschild ausgewiesen werden. Der NEC besagt im Abschnit 409.110, dass der SCCR-Wert einer Schaltanlage entweder auf einem gelisteten und gelabelten Aufbau basiert oder nach einer anerkannten und bewährten Methode berechnet werden muss. Alle Schaltanlagen in den USA brauchen eine Zulassung nach UL, also auch Anlagen in der Prozess- und Verfahrenstechnik. Der NEC verweist dabei auf die UL 508A, die im Supplement SB eine anerkannte Methode zur Berechnung des SCCR einer Schaltanlage nennt. Da viele Schaltanlagen in der Regel nicht als Serienprodukt hergestellt werden, kommt diese Methode in vielen Fällen zum Einsatz. Das gilt insbesondere für Exporteure, die ihre Anlagen am nordamerikanischen Markt verkaufen und gegebenenfalls adaptieren müssen.

Für Komponenten, die keinen eigenen geprüften SCCR-Wert aufweisen, können sich Kon­strukteure an der Tabelle SB 4.1 in der UL 508A orientieren. Für die aufgelisteten Komponenten kann ein dort genannter SCCR-Wert angenommen werden. Allerdings sind diese Werte in der Regel zu gering, denn der zu erwartende Kurzschlussstrom am Aufstellungsort ist in der Praxis meist höher. Für Reihenklemmen bspw. kann ein SCCR von 10 kA angenommen werden, für Leistungsschalter 5 kA. Da der mögliche Kurzschlussstrom in der Vergangenheit nicht dokumentiert werden musste und oft nicht vorlag, wurden die Anlagen oftmals trotzdem in Betrieb genommen. Seit der Änderung im NEC 2017 ist dies so einfach nicht mehr möglich, da der mögliche Kurzschlussstrom am Aufstellungsort nun bekannt sein und dokumentiert werden muss. Bei der Inbetriebnahme wird der SCCR-Wert der Anlage nun mit dem verfügbaren Kurzschlussstrom verglichen. Liegt der Wert der Anlage darunter, ist sie nicht richtlinienkonform und darf nicht in Betrieb gehen. Eine kostenintensive Nacharbeit ist die Folge.

Geprüfte Komponenten und Kombinationen

Es empfiehlt sich also, schon bei der Planung der Schaltanlage einen möglichst hohen SCCR-Wert zu berücksichtigen und den verfügbaren Kurzschlussstrom als Grundlage für die Planung heranzuziehen.

Hilfreich bei der Auslegung sind dabei geprüfte Komponenten und Geräte der Hersteller. Sie vereinfachen es, das schwächste Glied in der Kette mit einer Komponente zu besetzen, die mit einem „High fault SCCR“ geprüft ist. Denn die Komponente mit dem niedrigsten SCCR in den Laststromkreisen stellt gleichzeitig das SCCR der gesamten Anlage dar.
Bei den Reihenklemmen des Clipline complete Systems gibt es bereits seit Jahren geprüfte Kombinationen aus Reihenklemmen und Sicherungen. Diese übertreffen mit einem SCCR von 100 kA in der Regel die üblichen maximal möglichen Fehlerströme am Aufstellungsort.

Die Prüfungen zum SCCR sind mittlerweile auch in der UL 1059, der Spezifikation für Reihenklemmen, verankert. Sie sehen vor, dass die Kombination aus Reihenklemme und Schutz­organ mit dem angestrebten Kurzschlussstrom beaufschlagt werden. Obwohl das Schutzorgan auslöst, entstehen durch den kurzzeitigen Stromfluss und die Phasenverschiebung Ma­­gnetfelder, so dass sich die Anschlussleitungen gegenseitig abstoßen. Die dabei auftretenden Kräfte beanspruchen die Reihenklemme insbesondere an der Anschlussstelle. Die Prüfung ist bestanden, wenn der Zustand der Reihenklemme nach der Prüfung im Wesentlichen ihrem Zustand davor entspricht.

Da nicht jedes Labor über einen Prüfstrom von 100 kA oder mehr verfügt, müssen Hersteller zumeist externe Labore für die Prüfungen beauftragen. Das treibt den Aufwand und die Kosten in die Höhe. Dabei ist der Prüfaufwand für die Kombination aus Reihenklemme und Schmelzsicherung noch überschaubar. Die Schmelzsicherungen sind nach UL 248 in den relevanten Durchlass- und Maximalwerten I²t und Ipeak genormt. Somit gelten die geprüften Kombinationen unabhängig vom Hersteller der Sicherungen.

Bei Leistungsschaltern sieht die Normierung keine Standardwerte für Ipeak und I²t vor, letztlich sind das Ausschaltvermögen und die Charakteristik auch Unterscheidungsmerkmale der Hersteller. Daher ist hier keine Prüfkombination möglich, die alle am Markt befindlichen Geräte abdeckt und Hersteller müssen jede Kombination separat betrachten. Aus diesem Grund waren die high fault SCCR-Werte für die Kombination aus Reihenklemme und Schutzschalter bislang auch nur sehr begrenzt verfügbar.

 

Im Hochspannungslabor werden Komponenten und Geräte der Hersteller geprüft....
Im Hochspannungslabor werden Komponenten und Geräte der Hersteller geprüft. © UL product IQ

Geprüftes Portfolio

Siemens und Phoenix Contact haben in einem Gemeinschaftsprojekt ein Prüfportfolio aus Kombinationen von Leistungsschaltern und Reihenklemmen zusammengestellt. Es umfängt in Summe mehr als 150 geprüfte Kombinationen, mit denen die allermeisten Anwendungsfälle abgedeckt werden. Dabei wurden Reihenklemmen in Kombination mit Circuit Breakern und Combination Motor Controller geprüft.

Circuit Breaker werden bei nicht motorischen Lasten wie Heizungen, Sammelschienen etc. eingesetzt. Combination Motor Controller hingegen verfügen über einen integrierten Überlastschutz und werden nach UL ausschließlich für motorische Lasten verwendet.

Das Portfolio erstreckt sich von kleinen Leistungsschaltern mit max. 15 A bis hin zu Geräten mit einem Maximalstrom von 250 A.

Die Reihenklemmen, die in Kombination mit den Leistungsschaltern geprüft sind, entsprechen diesen Leistungsdaten. Um den global unterschiedlichen Ansprüchen bezüglich der Verdrahtung gerecht zu werden, wurden Reihenklemmen mit Push-in und Schraubanschlusstechnik berücksichtigt.

Dadurch lassen sich diese geprüften Komponenten und Geräte nun auch in Kombination nach UL 508A einsetzen. Schaltanlagen, die Hersteller im Ursprung nicht für den US-amerikanischen Markt konzipiert haben, müssen nicht mehr aufwändig umgebaut werden, indem die Leistungsschalter direkt verdrahtet oder gar durch Sicherungen ersetzt werden.  
Der Einsatz von Phoenix Contact Reihenklemmen bietet für Schaltanlagen für den amerikanischen Markt erhöhte Planungssicherheit. Sie sind in Verbindung mit Sicherungen nach UL248 mit einem SCCR von 100 kA geprüft. Neu sind geprüfte Kombinationen mit Leistungsschaltern mit einem High fault SCCR von 50–65 kA.

Autor:
Reiner Busse, Produktmanager in der
BU Industrial Cabinet Connectivity, Phoenix Contact

Reiner Busse, Produktmanager in der BU Industrial Cabinet Connectivity, Phoenix...
Reiner Busse, Produktmanager in der BU Industrial Cabinet Connectivity, Phoenix Contact © Phoenix Contact

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