Cloudbasiertes Etikettenmanagements

Eine der häufigsten Ursachen für Rückrufe von Lebensmitteln und Getränken sind falsche Kennzeichnungen, bspw. bei den enthaltenen Allergenen. Mit modernen Lösungen für das Etikettenmanagement vermeiden Unternehmen solche Probleme und gestalten ihre Kennzeichnungsprozesse einheitlich, effizient und rechtssicher. Gleichzeitig stärken sie damit das Vertrauen der Verbraucher in ihre Produkte.

In kaum einem Land der Welt ist das Angebot an Lebensmitteln und Getränken so reichhaltig wie in Deutschland. Verbraucher können ganzjährig aus gut gefüllten Regalen und Auslagen wählen, und oft helfen ihnen die auf den Produkten bzw. den Produktverpackungen aufgedruckten Informa­tionen bei der Kaufentscheidung. Dort finden sie nicht nur alle Zutaten und Zusatzstoffe aufgelistet, sondern seit einigen Jahren auch konkrete Nährwertangaben und Informationen zu möglichen Allergenen. Zu diesen Pflichtangaben nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) kommen häufig freiwillige Angaben zur Herkunft der Produkte oder zu ökologischen Aspekten, denn Verbraucher ernähren sich zunehmend bewusster und legen größeren Wert auf gesunde, regionale Lebensmittel. Die Aufdrucke dienen damit nicht nur der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben, vielmehr sorgen sie für Transparenz und schaffen Vertrauen, das die Kundenbindung verbessert und den Absatz fördert. All die notwendigen und freiwilligen Angaben korrekt und zuverlässig auf Produkten und Verpackungen zu platzieren, ist für die Hersteller allerdings eine Herausforderung, insbesondere bei weit verzweigten Lieferketten und verteilten Produktionsstandorten oder wenn sie Lebensmittel und Getränke für Abnehmer in verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen Regelungen produzieren. Hersteller sollten die Kennzeichnung daher eng in ihre Produktionsprozesse einbinden, um Zutaten, Füllmengen, Haltbarkeitsdaten, Chargennummern und mehr in der richtigen Art und Weise aufzudrucken. Schließlich sind die Vorgaben sehr umfangreich und umfassen neben den Etiketteninhalten auch Formalien – vom genauen Wortlaut des Haltbarkeitsdatums über die Bezugsgrößen bei den Nährwertangaben bis hin zur Schriftgröße.

Dass bei der Kennzeichnung dennoch einiges schiefgehen kann, zeigen Produktrückrufe. Meist geht es um nicht deklarierte Allergene, doch auch tierische Zutaten in als vegan ausgelobten Lebensmitteln oder völlig falsche Etiketten sind keine Seltenheit, wie die Warnungen auf lebensmittelwarnung.de, einem Portal von Bundesländern und Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), zeigen. Auch bei den Kontrollen der Behörden in Lebensmittel herstellenden und verarbeitenden Betrieben wie Schlachtereien und Fleischereien, Bäckereien, Großküchen, gastronomischen Einrichtungen und dem Einzelhandel machen Verstöße bei der Kennzeichnung fast ein Fünftel aller Beanstandungen aus; bei der Untersuchung von Lebensmittelproben sind sie sogar mit großem Abstand der häufigste Anlass für Beanstandungen [1].

Lösungswildwuchs verursacht hohe Kosten und viele Fehler
Oft sind Kennzeichnungsprobleme historisch gewachsen, weil Unternehmen über die Jahre für einzelne Betriebe oder sogar einzelne Produk­tionslinien eigenständige Lösungen für die Etikettierung eingeführt haben. Dadurch müssen sie Vorlagen und Etiketten mehrfach erstellen, was zu inkonsistenten Designs und Inhalten führen kann und einen hohen administrativen Aufwand verursacht. Nicht nur, dass die IT-Abteilung eine äußerst heterogene Systemlandschaft pflegen muss, die Mitarbeiter benötigen überdies Schulungen für verschiedene Anwendungen und müssen viele Arbeiten doppelt und dreifach erledigen.

Teilweise ist das Etikettenmanagement nicht mal an das ERP- oder Manufacturing Execution System (MES) angebunden, sodass Mitarbeiter viele Daten manuell übertragen müssen – ein sehr fehleranfälliger Prozess. Ein durchgängiges Qualitätsmanagement lässt sich in solchen Umgebungen nur schwer aufbauen. Die ineffizienten Abläufe und hohen Verwaltungskosten drücken die im Lebensmittel- und Getränkemarkt oft ohnehin schon schmalen Margen weiter. Rückrufe oder Produktionsunterbrechungen wegen Fehlkennzeichnungen können dann schnell die gesamte Kalkulation durcheinander und Unternehmen in finanzielle Schieflage bringen.

Laut einer Umfrage von Nicelabel unter 300 Unternehmen, u. a. auch aus der Lebensmittel- und Getränkebranche, liegen die Kosten falscher Etikettierung bei durchschnittlich 75.000 € pro Jahr – mehr als jedes vierte Unternehmen gab an, über ein Viertel seiner Waren falsch zu etikettieren, mehr als drei Viertel mussten binnen eines Jahres viermal oder häufiger ihre Produktion wegen Problemen mit dem Etikettendruck stilllegen [2].
Vermeiden lassen sich solche Schwierigkeiten mit Kennzeichnungsprozessen eigentlich nur durch eine Vereinheitlichung und Zentralisierung des Etikettenmanagements. In der Vergangenheit konnten allerdings oft nur große Unternehmen mit üppigen Ressourcen und umfangreichem Know-how solche Projekte stemmen – als Alternative wurden teilweise Behelfslösungen mit Skripten und Formularen entwickelt, die den Aufwand für die IT-Abteilung erhöhten. Je nach Implementierung können anschließend nur IT-Mitarbeiter Änderungen an Vorlagen oder Etiketteninhalten vornehmen, wobei Anpassungen dann durchaus mehrere Tage oder Wochen dauern können. Schnelle Reaktionen auf neue Anforderungen oder entdeckte Fehler sind so nicht möglich.

Neue cloudbasierte Lösungen senken allerdings die Einstiegshürden bei der Einführung zentraler Lösungen für das Etikettenmanagement. Sie sind leicht zu implementieren und verursachen keinen Wartungsaufwand, da sich der Cloud-Anbieter um die Pflege und Verwaltung von Hardware und Software kümmert. Zudem passen sie gut in eine Zeit, in der Mitarbeiter flexibler arbeiten wollen und aus dem Home­office oder von einem anderen Remote-Arbeitsort einen Zugriff auf Etikettendesigns und -inhalte benötigen. Ebenso lassen sich Lieferanten und Partner gut einbinden, um einheitliche Etiketten über die gesamte Lieferkette hinweg zu verwenden und aufwändige, teure Neuetikettierungen zu vermeiden.

Zwei Beispiele aus der Praxis
Welches Potenzial in einem einheitlichen Etikettenmanagement steckt, zeigt Coop in der Schweiz. Zu dem Lebensmittelhändler gehören produzierende Unternehmen wie Filialbäckereien, in denen Etiketten – je nach Standort – in unterschiedlichen Sprachen gedruckt werden müssen. Ursprünglich betrieb Coop sieben verschiedene Lösungen für den Etikettendruck, sodass es an einheitlichen Formatierungen und einer zentralen Speicherung fehlte. Etiketten wurden regelmäßig mehrfach erstellt, um sie mit unterschiedlichen Systemen und Druckern verarbeiten zu können. Der Verwaltungsaufwand war hoch, das gesamte Prozedere fehleranfällig.

Mit einem zentralen Etikettenmanagementsystem konnte Coop seine Prozesse deutlich verbessern. Mitarbeiter scannen nun nur noch eine Auftrags- oder Artikelnummer und wählen den gewünschten Drucker aus – das System bezieht alle Informationen aus SAP und fügt sie in die richtigen, jetzt zentral verwalteten Vorlagen ein. Etikettenänderungen und Genehmigungsprozesse lassen sich zentral steuern. Zudem hilft eine speziell für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie entwickelte Funktion bei der Verwaltung von Allergen- und Nährwertinformationen in mehreren Sprachen und erlaubt es, die Angaben optisch hervorzuheben, um sie für Verbraucher sichtbarer zu machen.

Ein internationales Molkereiunternehmen wiederum war durch Übernahmen gewachsen und besaß daher mehrere tausend Drucker für Etiketten und die Direktmarkierung. In vielen Fällen hatten lokale Systemintegratoren diese in das zentrale ERP-System und in die lokalen MES eingebunden, teilweise wurden die Geräte aber auch ohne Integration betrieben und verlangten nach einer manuellen Dateneingabe in Stand-alone-Systeme. Ein einheitliches Etikettenmanagement bindet nun alle Drucker ein und kommt sowohl ohne den Support externer Integratoren als auch ohne manuelle Dateneingaben aus. Das Molkereiunternehmen konnte so seine Kosten senken und die Zahl der Fehlkennzeichnungen reduzieren und damit Umsatzausfälle aufgrund von abgelehnten Lieferungen. Auf seinen Etiketten steht jetzt garantiert, was im Produkt drin ist.



Quellen
[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, „Jahresbericht 2019 der Bundesrepublik Deutschland zum mehrjährigen nationalen Kontrollplan nach VO (EG) Nr. 882/2004“, Oktober 2020, https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/06_mnkp_dokumente/mnkp_Jahresbericht_2019.pdf?__blob=publicationFile&v=6

[2] NiceLabel, „Modernisieren, optimieren und digitalisieren – Wie Produzenten Herausforderungen und Chancen bei der Etikettierung angehen können“, Studie 2021, https://www.nicelabel.com/de/ebook-modernizing-streamlining-digitizing

Batterietechnologie

Batterie: Materialien, Prozesstechnologien und Anlagen

Batterie: Materialien, Prozesstechnologien und Anlagen

Ob Batterien für die E-Mobilität oder Energiespeicher für die Energiewende – Batteriesystem sind ein Schlüssel für die Elektrifizierung der Gesellschaft.

Themenspotlight

Digitalisierung industrieller Prozesse

Digitalisierung industrieller Prozesse

Die Digitalisierung in der Prozessindustrie ist ein Schlüssel für mehr Effizienz im Anlagenbetrieb, in der Instandhaltung und im Personaleinsatz, für die Kreislaufführung von Rohstoffen und nicht zuletzt zur Senkung der CO2-Emissionen.

Meist gelesen

Photo
11.09.2024 • PraxisberichtePharma

Spritzen mit RFID-Chip

Wie kann die Sicherheit von Arzneimitteln noch gesteigert werden? Tracing, tracking, and packaging in der biopharmazeutischen Produktion ist ein Lösungsweg. Mit Hilfe von RFID-Sendern wird die individuelle Nachverfolgbarkeit einer jeden Spritze während des gesamten Produktionsprozesses gewährleistet.