Das Hamburger Forschungsinstitut für Logistik (FIL) entwickelt Methoden und Tools für die Instandhaltung und Ersatzteillogistik

Das Hamburger Forschungsinstitut für Logistik (FIL) entwickelt Methoden und Tools zur Optimierung der Instandhaltung und Ersatzteillogistik für Auftraggeber aus anlagenintensiv produzierenden Unternehmen.

Das Hamburger Forschungsinstitut für Logistik (FIL) entwickelt Methoden und Tools zur Optimierung der Instandhaltung und Ersatzteillogistik für Auftraggeber aus anlagenintensiv produzierenden Unternehmen. Nun wird mit der DIN EN ISO 9001 verstärkt die Betrachtung von Risiken in QM-bezogenen Prozessen verlangt. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass Instandhaltungsprozesse in der Lebensmittelindustrie weiter zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Zusammenschluss für die Instandhaltungsoptimierung

Bereits vor über 25 Jahren gründete Professor Dr.-Ing. Günther Pawellek das FIL, um innovative Lösungsansätze aus der Forschung zur Instandhaltungslogistik für die Praxis anwendbar zu machen. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Technische Logistik der Technischen Universität Hamburg und der GfU Gesellschaft für Unternehmenslogistik mbH entstehen seit dieser Zeit innovative Methoden und Tools zur effizienten Planung der Instandhaltung und wirtschaftlichen Betriebsführung von Maschinen und Anlagen verschiedenster Branchen. Außerdem arbeiten an der Instandhaltung interessierte Unternehmen im Arbeitskreis Integrierte Instandhaltung und Ersatzteillogistik der Forschungsgemeinschaft für Logistik e.V. zusammen, der am 12. April 2017 zu seiner 100. Sitzung zusammenkam. Aktuelle Arbeitsschwerpunkte des FIL sind bspw. die „Wissensbasierte Instandhaltungsoptimierung“ und die „Mobile Instandhaltung“ im operativen Betrieb.

Wissensbasierte Instandhaltung

Bei der Planung und Überwachung der Instandhaltungsstrategie eines Unternehmens, einer Anlage oder einer Komponente sind eine Vielzahl von Einflussfaktoren zu berücksichtigen, wie z.B. das Ausfallrisiko von Anlagen und Komponenten, die Instandhaltungsprozesse, das technische Controlling, die Instandhaltungsorganisation, die Beschaffung, Lagerung und Bereitstellung der Ersatzteile sowie die Qualifikation der Mitarbeiter und Führungskräfte. Um Entscheidungen über bestehende Prozesse oder alternative Instandhaltungs- und Logistikstrategien treffen zu können, müssen alternative Maßnahmen erarbeitet und miteinander verglichen werden.

Modulares Planungsassistenzsystem

Für diese Anforderungen wurde vom FIL in Zusammenarbeit mit der TU Hamburg ein Entscheidungsunterstützungssystem entwickelt, das ein situatives flexibles Planungsvorgehen für die unterschiedlichsten Problemstellungen erlaubt. Die Teilprojektteams werden bei ihren Analyse- und Planungsaufgaben bezüglich der jeweils anzuwendenden Methoden und Tools unter Berücksichtigung ihrer inhaltlichen Abhängigkeiten assistiert [1, S. 398-409]. Einzeloptima sollen vermieden werden, das Gesamtoptimum steht im Fokus.

Mit diesem modular aufgebauten Planungsassistenzsystem können komplexe Aufgaben der Ziel-, Konzept-, Detailplanung und Realisierung für Anlagenbetreiber effizienter bearbeitet werden. Die Methoden und Tools werden in das vom FIL entwickelte Methodenportal schrittweise integriert. Die firmenspezifische Meport-Version kann z.B. der Geschäftsprozessunterstützung im Sinne des „Ganzheitlichen Produktionssystems“ dienen. „Durch Methodenschulung, Wiederverwendung von Methodenbausteinen und Beispielprojekten können die Mitarbeiter und Führungskräfte wesentlich schneller und mit höherer Qualität ihre Wartungs- und Instandhaltungsprozesse analysieren, bewerten und optimieren“, erläutert Dipl.-Ing. Ingo Martens, Leiter Anlagenwirtschaft im FIL.

Beispielhaft seien die beiden Tools für die Instandhaltungs- und Ersatzteillogistik“ genannt. Das DIS-Tools zur „Differenzierung von Instandhaltungsstrategien“ unterstützt bei der baugruppenbezogenen Auswahl von Instandhaltungsstrategien, wie z.B. störungsbedingte, zeitbezogene, operative und zustandsabhängige Instandhaltung. DIS arbeitet „wissensbasiert“ in Abhängigkeit des vorhandenen Zustandswissens über die Anlagen und Prozesse. Durch eine hierarchisch aufgebaute Bewertungssystematik erfolgt die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung. Der Entscheidungsweg wird in einer Datenbank hinterlegt und ist bei späteren Konfliktfällen nachvollziehbar.

Strategien der Ersatzteillogistik

Abhängig von den ausgewählten Instandhaltungsstrategien werden die Strategien der Ersatzteillogistik mit Unterstützung des TDL-Tools zur „Teiledifferenzierten Logistikoptimierung“ bestimmt. Dabei wird sowohl der Materialfluss zwischen Zulieferer und Einbauort mit den möglichen Lagerebenen betrachtet. Auch der Informationsfluss wird unter Berücksichtigung möglicher Beschaffungs-, Lagerhaltungs- und Bereitstellungsstrategien mit seinen unterschiedlichen Regelkreisen baugruppenbezogen optimiert. Die vom FIL entwickelte TDL-Methode ist ein sehr effizientes Werkzeug zur Senkung der Komplexität in Versorgungsketten. Im Wesentlichen werden dabei die Erfahrungen der Mitarbeiter bzw. das Wissen oder die Situation strukturiert in einem Modell für die „Integrierte Instandhaltung und Ersatzteillogistik“ abgelegt. Ergebnis der Anwendung von Methoden und Tools der wissensbasierten Instandhaltung sind hinsichtlich eines wirtschaftlichen Betriebs optimierte Prozesse in der Anlagenwirtschaft.

Mobile Instandhaltung

Im laufenden Betrieb ist die Verfügbarkeit der Maschinen und Anlagen ein wichtiger Produktionsfaktor. Es treten jedoch immer wieder ungeplante Störungen auf, welche die reibungslose Produktion gefährden können. Dann werden Instandhaltungsaufträge generiert, die sehr zahlreich und in verschiedenen Prioritäten vorliegen können. Bei vielen neuen und aktiven Instandhaltungsaufträgen kann dieses den Disponenten schnell überfordern. Ziel der mobilen Instandhaltung ist die schnelle Erfassung und Abarbeitung der Instandhaltungsaufträge, d.h. einfache Erfassung von Störungen, schnelle Auslösung der Aufträge, Entlastung der Disposition, Steuerung der einzelnen Instandhalter und Dokumentation der Aktivitäten.

Online Störungsmanagement (OSM)

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde vom FIL gemeinsam mit der EDV-Abteilung der TU Hamburg ein Online Störungsmanagement (OSM) entwickelt, das Störungen vor Ort mit mobilen Standard-Geräten (z.B. Smartphone, Tablet-PC) erfassen kann [1, S. 279-283]. Die sofortige Weiterleitung der Aufträge an die internen und externen Stellen, wie z.B. Mechanik, Elektrik, technische Dienstleister, erfolgt unter Zuhilfenahme der Warteschlangentheorie. Zwar ist bei großen komplexen Industrieanlagen und Immobilienbeständen im technischen Service ein solches „Ticket Management“ in den Facility Management-Systemen seit etwa 15 Jahren Standard. Jedoch haben alle bisherigen Systeme eine „unangenehme Gemeinsamkeit“: Sie sind sehr komplex und sehr teuer. Das vom FIL neu entwickelte OSM-System dagegen bietet eine einfache und preiswerte Lösung, da sie auf einer Open source-Software basiert. Lediglich ein überschaubarer Kapazitätsaufwand für die Anpassung an die jeweilige Organisation und Implementierung fallen an. Auch die Verbindung mit den verschiedensten analogen und digitalen Mess-Sensoren (wie z.B. IR, Lichtschranken, Feuchte-Drucksensoren, Photowiderstand, Ultraschall) ist möglich. „Damit ist OSM erstmals auch für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) eine Lösung, um das Störungsmanagement auch bei Integration entsprechender externer Dienstleister effizient und transparent zu steigern“, so Dipl.-Wirtsch.-Ing. Andreas Schramm, Leiter der Unternehmenslogistik im FIL.


Das FIL ist eine Einrichtung der Hamburger Forschungsgemeinschaft für Logistik e.V., deren Aufgabe die Förderung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis ist. Hierzu haben sich ca. 70 Unternehmen zusammengeschlossen, die sich für aktuelle Forschungsergebnisse verschiedener Hochschulinstitute und deren Anwendung in der betrieblichen Praxis interessieren.


[1] Pawellek, G.: Integrierte Instandhaltung und Ersatzteillogistik – Vorgehensweisen, Methoden, Tools. 2. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2016


 

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