06.11.2024 • PraxisberichteRRT0524ReinraumReinraumtechnik

Edelstahlfilter für Reinheit und Hygiene

Filter und Filtermedien aus Edelstahl sind aus dem privaten, industriellen und großtechnischen Umfeld nicht wegzudenken. Ob zur Filtration von Dampf, ­Flüssigkeiten oder Gasen: Insbesondere in hygienesensiblen Prozessen von Chemie-, Medizintechnik-, Nahrungsmittel-, Pharma-, Wasser- oder Elektronikindustrie ist der nichtrostende Werkstoff für die gebotene Prozess- und ­Produktsicherheit unverzichtbar.

© WZV/Bopp
© WZV/Bopp

In einer Vielzahl von Produktionsprozessen ist die Fest-Flüssig-Trennung von grundlegender Bedeutung. Die damit verbundenen Aufgabenstellungen sind ebenso vielfältig wie die Verfahren und eingesetzten Filter. Die Leistungsfähigkeit der Filter zeigt sich durch Rückhaltegrad – und hier insbesondere durch die Abscheideleistung bei anspruchsvoller Partikelverteilung –, Durchflussrate, Differenzdruck und Wechselintervall. Bei der optimalen Auslegung für die jeweilige Anwendung ist neben der Mikron-Klasse, die die Partikelgröße definiert, für die ein Filter ausgelegt ist, der mit nominaler und absoluter Filterfeinheit erzielte Wirkungsgrad entscheidend. Während der Wirkungsgrad bei nominaler Filterfeinheit nur 60 % betragen kann, liegt er bei ausgewiesener absoluter Filterfeinheit bei 99 % und mehr.

Unterschieden wird ferner zwischen Oberflächen- und Tiefenfiltration. Bei der Oberflächenfiltration mit Sieb-, Kerzen- oder Cross-Flow-Filtern werden die Partikel an der Oberfläche des Filtermediums zurückgehalten. Während Siebfilter bspw. in Kläranlagen oder Kraftwerken für die Vorfiltration und den Rückhalt größerer Partikel genutzt werden, dienen Kerzenfilter mit Filtermedien mit Porengrößen zwischen 10 μm und 0,1 μm z. B. zur Mikrofiltration in der Getränkeherstellung. Bei Cross-Flow-Filtern überströmt die zu filternde Suspension das Filtermedium mit hoher Geschwindigkeit und verhindert dadurch die Bildung eines Filterkuchens. Bei der Tiefenfiltration mittels Kerzen- oder Anschwemmfiltern findet der Filtrationsprozess im Inneren des Filtermediums statt. Während eine für Tiefenfiltration ausgelegte Filterkerze die Partikel in der Kerze ohne Filterkuchenbildung zurückhält, benötigt die Anschwemmfiltration den gezielten Filterkuchenaufbau durch Zugabe eines Filterhilfsmittels wie Kieselgur oder Perlit. Eine Kombination dieser beiden Filtrationsarten ist die sogenannte Kuchenfiltration. Hier baut sich im Laufe des Prozesses ein Filterkuchen auf dem Filtermedium auf, der mit zunehmender Dicke immer feinere Partikel zurückhält.

Breites Anlagen- und Produktspektrum

In industriellen Produktionsprozessen werden verschiedene Anlagentypen eingesetzt, um unerwünschte Verunreinigungen aus Flüssigkeiten zu entfernen: Dazu zählen Filterpressen, Schneckenzentrifugen – sogenannte Dekanter – sowie Filtergehäuse für Filterscheiben oder -kerzen. Filterpressen werden verfahrens- und produkt­abhängig mit Paketen aus Rahmen und Filterplatten – häufig aus Edelstahl Rostfrei – bestückt. Dekanter arbeiten, anders als Filterpressen, kontinuierlich und kommen insbesondere bei der Fest-Flüssig-Trennung mit hohen Feststoffmengen zum Einsatz. Mittels Zentrifugalkraft trennen sie feine Feststoffe aus der Suspension ab und transportieren das an ihrer Wand angesammelte Sediment mit einer Schnecke zum Austrag. Alle produktberührten Bauteile von Dekantern werden in der Regel aus hochwertigen rost- und säurebeständigen Edelstählen gefertigt.

Ein breites Anwendungsfeld für Scheibenfilter, bestückt mit Filterpaketen aus Scheiben mit Filtergewebe in Rahmenkonstruktionen, ist die mechanische Abwasserreinigung in großtechnischen Aufbereitungsanlagen für Prozess-und Brauchwasser. Hier eingesetzte Scheibenfilter und Filtermedien aus Edelstahl der Güte 1.4404 sind schweißbar und gewährleisten neben der notwendigen Korrosionsbeständigkeit auch die geforderte mechanische Robustheit und Verschleißbeständigkeit. Hohe Durchflussraten und lange Lebensdauer qualifizieren sie deshalb bspw. auch für die Pflanzenöl-, Stärke-, Zucker-, Bier- und Weinfiltration.

Filterkerzen aus nichtrostendem Stahl sind beständig gegen Korrosion und widerstehen zudem vielen Säuren, Laugen, Ethern und Alkoholen. Sie sind daher in vielen verschiedenen Ausführungen in der Nahrungsmittel- und Pharmaindus­trie ebenso ein gängiges Filterelement wie für die Wasserwirtschaft oder Gasfiltration. Für die Ballastwasserfiltration in hochkorrosiver Meerwasser­umgebung kommen Kerzen- oder Scheibenfilter aus Duplex (1.4462)- und Super Duplexstählen (1.4410) zum Einsatz. Durch ihre hohe Temperaturbeständigkeit bis 600 °C erhöhen Filterkerzen aus Edelstahl Rostfrei auch signifikant die Prozesseffizienz bei der Heißgasfiltration. Beispielhaft dafür ist die Abgasfiltration von Biogasanlagen.
Nichtrostende Stähle der Werkstoffgüten 1.4301 und 1.4404 erfüllen bei Filtergehäusen mit gestapelten, prozessspezifisch ausgelegten Modulen oder Filterkerzen zur Fest-Flüssig-Trennung die strikten Vorgaben der Lebensmittel-, Pharma- und Life-Science-Industrie. Um den in der Lebensmittelindustrie geltenden Richtlinien der European Hygienic Engineering and Design Group (EHEDG) zu entsprechen, müssen Gehäuse und Filterelemente strenge Design- und Konstruktionsstandards für eine einfache Reinigung und Desinfektion erfüllen. Neben der Verwendung von prozessspezifisch ausgewähltem Edelstahl Rostfrei und selbstreinigender Cleaning-in-Place-(CIP)-Auslegung gilt es, Ecken und Kanten nach den EHEDG-Richtlinien zu konstruieren, um Tot­räume zu vermeiden und kompromisslose Chargenwechsel sicherzustellen. Darüber hinaus sind produktberührte elektropolierte Oberflächen und Radien mit Rauheitswerten zwischen RA 0,1 μm und RA 0,6 μm gefordert.

Komplexe Anforderungen an eingesetzte Filtermedien

Die Bandbreite der Filtermedien aus nichtrostenden Stählen, die in den unterschiedlichen Apparaten und Bauteilen eingesetzt werden, spiegelt das komplexe Anforderungsspektrum der Indus­trie wider: Neben Geweben und Metallfaservliesen zählen dazu auch Gewebelaminate, Spaltsiebe, Lochblech und Streckgitter. Edelstahlgewebe und -faservliese sind durch die Möglichkeit einer flexiblen Formgebung und einfachere Regeneration insbesondere bei kritischen Prozessen und Einbaubedingungen sowie bei hoher Belastung bspw. durch hohe Durchflussmengen oder häufige Rückspülung gefragt. Plissierte Konstruktionen bewähren sich dabei in vielen Anwendungen zusätzlich durch die größere Filterfläche und hohe Schmutzaufnahmekapazität bei gleichzeitig niedrigem Differenzdruck. Regenerierbare plissierte Edelstahlfilter aus dem säurebeständigen, austenitischen Werkstoff 1.4435 finden bspw. Einsatz bei der Reinigung von Industriedampf. Dieser Werkstoff zeichnet sich durch einen erhöhten Molybdän-Anteil aus, der eine nochmals höhere Korrosionsbeständigkeit bietet als die Chrom-Nickel-Stähle 1.4301 und 1.4404. Insbesondere reduzierend wirkenden organischen und anorganischen Säuren sowie halogenhaltigen Medien hält er noch besser stand. Zudem ist er weniger anfällig für Lochfraß und interkristalline Korrosion. Das ermöglicht den Einsatz von 1.4435 bei Temperaturen bis 450 °C im Dauerbetrieb.

Unverzichtbar in vielen Branchen

Prozessdampf, der direkt aus dem Dampferzeuger kommt, muss vor Kontakt mit dem Endprodukt durch Filtern gereinigt werden. In der Lebensmittelindustrie ist Dampf zur Pasteurisierung und Sterilisation der Produkte und Dekontamination von Produktionsanlagen unverzichtbar. Der für direkten Kontakt mit Lebensmitteln geeignete, sogenannte kulinarische Dampf ist Prozessdampf, der durch einen Edelstahlfeinfilter mit einer typischen Porengröße von fünf Mikron gereinigt wird und danach dem Standard 3A 609-03 entspricht. Noch strengere Reinheitsanforderungen gelten für Reindampf – die höchste Dampfklasse für Anwendungen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie – und für Reinstdampf, der speziell in der Pharmaindustrie verwendet wird. Reinstdampf wird aus hochreinem Wasser erzeugt und mit einem Edelstahlfilter mit einer Feinheit von einem Mikron gemäß pharmazeutischem Standard 3A 609-01 gefiltert, um z. B. mögliche Metallpartikel von Rohren zu entfernen. Auch in Lüftungssystemen von Hygiene- und Reinraumanwendungen tragen Filter aus Edelstahl mit hoher Raumluftqualität zur Prozess- und Produktsicherheit bei, indem sie die Luft von Partikeln und Mikroorganismen (Pilzsporen, Bakterien und Viren) reinigen. Sie verhindern dadurch die biologische Kontamination und frühzeitiges Verderben der Produkte im Herstellungsprozess und gewährleisten somit stabile Produktionsprozesse.

In der Chemie- und Pharmaindustrie ist Filtration ein allgegenwärtiger Prozess, um die Reinheit der Produkte – Filterkuchen, Filtrat oder Chemikalie – sicherzustellen und Produktionsausfälle zu verhindern. Ob zur Filtration flüssiger Prozessmedien, Reinigung von Roh-, Prozess-, Kühl- oder Abwasser: Edelstahlfilter und -filtermedien erfüllen zuverlässig die hier geltenden strengsten Anforderungen an Präzision, Permeabilität, Schmutzaufnahmekapazität, Reinigungsverhalten und Robustheit. Auch in der Petrochemischen Industrie bei der Produktion von Rohöl und Erdgas, in der Energiewirtschaft – zur Kühlwasserfiltration in Kraftwerken, Thermoölfiltration in Solarwärmekraftwerken oder bei der Wasserstoffproduktion mittels Elektrolyse – sind Edelstahlfilter ein Garant für zuverlässige Prozesse, Schutz der eingesetzten Aggregate und die geforderte Qualität der Endprodukte.

Vielseitiges Einsatzspektrum

Beispiele für die Bedeutung und das Einsatzspektrum von Filtern aus Edelstahl Rostfrei ließen sich noch viele finden. In Branchen wie die Elektronik-, Halbleiter-, Biotechnik-, Kunststoff-, Automobil- oder metallverarbeitende Industrie erfüllen sie ebenfalls zentrale Aufgaben. Ob Filterung der Farben von Tintenstrahldruckern, EMI-Abschirmung, Zellkulturmedienvorbereitung, Formulierung und Abfüllung, Extrusion von Kunststoffschmelzen, Reinigung und Verteilung von Kraftstoff, Gas oder Hydraulikflüssigkeiten und Aufbereitung von Prozessmedien: Unzählige kritische Prozesse brauchen zuverlässige Filtersysteme und -medien. Filterlösungen aus Edelstahl Rostfrei erfüllen strengste Normen für Hygiene, Reinheit und Haltbarkeit. Korrosions-, Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit, Festigkeit und Schweißbarkeit sind die Voraussetzung für lange Standzeiten sowie Sicherheit für Prozesse und Produkte. Die nahezu vollständige Recycelbarkeit von Edelstahl am Ende der Lebenszeit von Filterelementen und -medien aus nichtrostendem Stahl zahlt überdies auf die Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks von Unternehmen und ihren Produkten ein.

Autorin: Ursula Herrling-Tusch

Anbieter

Warenzeichenverband Edelstahl Rostfrei e.V.

Sohnstraße 65
40237 Düsseldorf

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