Ein langes Leben für Schmierstoffe

Die Gewinnung, Verarbeitung und Entsorgung von Schmierstoffen verursacht einen hohen CO2-Ausstoß. SKF bringt mit Recond-Oil ein neues Verfahren auf den Markt, mit dem sich gebrauchte Industrieöle vielfach rekonditionieren lassen. Die Pilotanlage in Schweinfurt geht jetzt in den Standardbetrieb und dient als Blaupause für eine EU-geförderte Anlage am spanischen SKF-Standort Tudela.

© SKF
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Bislang war die Wiederverwendung gebrauchter und gereinigter Industrieöle deshalb meist mit einem Downgrading verbunden: vom hochreinen Hydrauliköl zum Schmieröl, zum Schmierfett und schließlich in die Verbrennung, die CO2-freisetzt. Diesen Kreislauf durchbricht SKF mit seinem Recond-Oil-Verfahren. 2019 akquirierte das Unternehmen das schwedischen Start-up Recond-Oil und entwickelte dessen Technologie zur Industrieöl-Rekonditionierung weiter. Damit lassen sich Hydraulik- und Schmieröle am Standort vielfach wiederaufbereiten, sodass sie mehrfach im selben Prozess zum Einsatz kommen können. SKF nutzt dieses Verfahren auch selbst in einem seiner sensibelsten Arbeitsbereiche: im leistungsfähigsten Großlagerprüfstand der Welt – dem Sven-Wingquist-Testcenter am SKF-Standort Schweinfurt.

Tausende Liter Hydrauliköl im Dauerkreislauf

32.000 l Hydrauliköl machen hier über Leitungen, Pumpen und Ventile Druck auf die Testlager mit Durchmessern von bis zu 4 m. Alle drei Jahre muss das gealterte Öl normalerweise ausgetauscht werden, um Funktionsstörungen durch verklebte Ventile, Schlammbildung oder Korro­sion zu verhindern. Seit kurzen steht am Standort Schweinfurt die erste stationäre Recond-Oil-Großanlage zur Öl-Rekonditionierung. Pilotversuche mit unterschiedlichen Industrieölen verliefen erfolgreich. Seitdem wird das Hydrauliköl aus dem Testcenter regelmäßig in 4.000-Liter-Chargen aus dem System entnommen, aufbereitet und anschließend wieder zugeführt.

„Das Öl ist nach der Rekonditionierung sogar um einige ISO-Reinheitsklassen besser als das frische Originalöl“, sagt Michael Emmert, Recond-Oil-Projektleiter und Manager für neue Business-Modelle bei SKF in Schweinfurt und verweist auf die Ergebnisse der internen Qualitätsanalyse. Eine externe Prüfung gibt Aufschluss über das CO2-Einsparpotenzial des Verfahrens: Laut eines sogenannten „Life Cycle Assessment“ durch das IVL Swedish Environmental Research Institute verursacht der lineare Verbrauch eines Kubikmeters Schmieröl einen CO2-Ausstoß von rund 3,8 t. Bei der Rekonditionierung derselben Menge Öl in der stationären Anlage in Schweinfurt werden nur 154 kg CO2 ausgestoßen. Da sich das Öl mehrfach aufbereiten lässt, summiert sich dieser positive Klimaeffekt auf. Für die 35.000 l Hydraulik- und Schmieröle, die im Sven-Wingquist-Testcenter anfallen und regelmäßig ersetzt werden müssen, ergibt dies eine CO2-Einsparung von 138 t pro dreijährigem Austauschzyklus.

CO2-Einsparungen bei Industrieöle

Industrieöle auf Mineralölbasis sind so etwas wie ein „schlafender Riese“ bei der Vermeidung klimaschädlicher Gase. Weltweit werden jährlich rund 40 Mio. t Schmieröle verbraucht. Das sind größtenteils Motorenöle für Pkw und Lkw, aber auch rund 9 Mio. Industrieöle. Für diese gibt es bislang zwei Möglichkeiten, um sie wiedereinzusetzen: Zum einen ist das Downgrading möglich, bei dem das Öl mit abnehmendem Reinheitsgrad vom Hydraulik- zum Schmieröl und zum Schmierfett wird. Zum anderen gibt es die Zweitraffination, die mit extrem hohem Energie- und Rohstoffaufwand einhergeht. Und am Ende eines Schmieröllebens steht immer die thermische Verwertung, die viel CO2 ausstößt.
Bei dem Rekonditionierungsverfahren binden sogenannte Booster kleinste Schmutzpartikel, die Filter bislang nicht erfassen konnten. Sie verklumpen und setzen sich in einem Öltank ab. Eine anschließende Filtration entfernt die restlichen Partikel aus dem Öl. Bei Bedarf werden Additive hinzugefügt, um die ursprünglichen Eigenschaften des Öls wiederherzustellen. SKF nennt das „Double Separation Technology“, kurz DST.

 

Die Recond-Oil-Anlage in Schweinfurt ging 2022 in den Regelbetrieb. © SKF
Die Recond-Oil-Anlage in Schweinfurt ging 2022 in den Regelbetrieb. © SKF

Siemens testet die Öl-Aufbereitung

Als besonders innovationsfreundlich erweist sich dabei einmal mehr der Siemenskonzern. Sie ließ zu Beginn des Jahres 2022 rund 1.200 l Hydrauliköl aus einer in Nürnberg eingesetzten Stanzanlage für Motorbleche in Schweinfurt rekonditionieren – als erstes externes Unternehmen. Außerdem wurde eine Miniversion der DST-Ölaufbereitungsanlage – eine so genannte Recond-Oil Box – vor Ort im Siemens Werk an den Ölkreislauf einer weiteren Maschine angeschlossen. Diese dezentrale Lösung frischt das dort verwendete Öl im laufenden Prozess auf – wie eine „Niere im Bypass“. Da so Transporte entfallen, spart das zusätzlich CO2-Emissionen. Außerdem entfällt eine in der Belegschaft zurecht ungeliebte Tätigkeit: das regelmäßige Leeren der zentralen Hydraulikbehälter, die anschließend noch im Innern von schmutzigen Ölanhaftungen befreit werden müssen.

EU fördert neue Anlage mit 1,6 Mio. EUR

Die Anlage in Schweinfurt ging Anfang 2022 nach einer Pilotphase in den Standardbetrieb und hilft SKF, Siemens sowie künftigen Industriekunden im industriellen Produktionsumfeld CO2 einzusparen. Der Prozess funktioniert sowohl stationär als auch an einzelnen Maschinen beim Anwender vor Ort – entweder mit den Recond-Oil-Boxen oder bei großen Maschinenparks mit integrierten Anlagen, die das komplette Verfahren in kleinerem Maßstab 1:1 abbilden.

Autor: Holger Laschka, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, SKF

 

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