Flexible Fertigung für wachsende Biotech-Anforderungen
Die Entwicklung neuer Impfstoffe mit wegweisenden biotechnologischen Verfahren verändert die Art und Weise, wie wir Krankheiten vorbeugen.
Impfstoffe gegen Viruserkrankungen gehören zu den erfolgreichsten Erfindungen der Medizingeschichte: Dank ihnen wurden die Pocken bereits 1980 besiegt, und Kinderlähmung steht inzwischen kurz vor der weltweiten Ausrottung. Die Entwicklung neuer Impfstoffe mit wegweisenden biotechnologischen Verfahren verändert die Art und Weise, wie wir Krankheiten vorbeugen. Sie führt jedoch auch zu Herausforderungen in Forschung und Entwicklung, bei der Skalierung und bei den Sicherheitsanforderungen. Darüber hinaus müssen die Verfahren kosteneffizient sein und eine schnelle Markteinführung der Impfstoffe gewährleisten. Daher setzt das Biotechnologie-Unternehmen Bavarian Nordic bei seiner neuen Isolator-Abfüllanlage für gefriergetrocknete und flüssige Impfstoffseren auf modernste Technologie und Know-how von Syntegon Technology.
Biotech-Forscher entwickeln neue Impfstoffe, um Krankheiten wie HPV, Hepatitis B und Enzephalitis zu verhindern. Innovationen in Forschung, Herstellung und Darreichungsformen erleichtern ihre Arbeit weltweit. So können heute mehr Menschen als je zuvor schnell auf wirksamere Impfstoffe gegen zahlreiche Infektionskrankheiten zugreifen. Infolgedessen steigt im Biotechnologiesektor die Zahl der Unternehmen, die Impfstoffe herstellen. Aber auch die von ihnen verwendeten Produktionssysteme verändern sich. Zudem existieren zahlreiche neue Herausforderungen in diesem Bereich: Impfstoffe müssen in kurzer Zeit entwickelt, produziert und auf den Markt gebracht werden. Gleichzeitig gilt es, Prozesskosten niedrig zu halten, ohne die Sicherheit von Patienten und Mitarbeitern zu gefährden.
Wissen rund um Abfüllanlagen
Angesichts des anhaltenden Wachstums beschloss der Biotech-Pionier Bavarian Nordic, seine Kapazitäten zu erweitern und eine neue Produktionsanlage am Standort Kvistgård in Dänemark zu bauen. Bavarian Nordic ist ein voll integriertes Biotechnologie-Unternehmen mit Standorten in Dänemark, Deutschland, der Schweiz und North Carolina, USA. Der biopharmazeutische Hersteller hat sich auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung lebensrettender Impfstoffe spezialisiert. Um den branchenspezifischen Herausforderungen und Entwicklungen zu begegnen, musste die neue Anlage über eine komplette Isolator-Abfülllinie für flüssige und gefriergetrocknete Substanzen verfügen. Dank 25 Jahren Erfahrung auf dem pharmazeutischen Markt war sich Bavarian Nordic bewusst, dass Wandel und Innovation Schlüsselfaktoren sind, um im volatilen Marktumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben.
„Einerseits wollten wir eine Linie zur Verarbeitung flüssiger Produkte und zur Gefriertrocknung von Wirkstoffen entwickeln, um deren Haltbarkeit zu verlängern“, erklärt Bo Seligmann, Leiter Produktsupport bei Bavarian Nordic. „Andererseits wollten wir mit der neuen Linie auch unsere Kapazitäten für die Lohnabfüllung erweitern.“ Nachdem das Unternehmen alle möglichen Optionen gegeneinander abgewogen hatte, beschloss Bavarian Nordic, sämtliche Komponenten für die Abfüllanlage von einem Anbieter zu beziehen, und entschied sich für eine Lösung von Syntegon Technology. „Aufgrund der komplexen Anforderungen an dieses Projekt wollten wir alle Maschinen und Prozesse so reibungslos wie möglich aufeinander abstimmen“, erklärt Bo Seligmann. „Die Linienkompetenz von Syntegon Technology war also genau das, was wir brauchten.“
Hand in Hand: Leistung und Sicherheit
Das Unternehmen entschied sich für eine Isolator-Abfüllanlage für Vials von Syntegon in Kombination mit dem integrierten Gefriertrockner eines Drittanbieters. Die hochkomplexe Isolator-Linie besteht aus neun Maschinen und entspricht der GVO-Schutzstufe 2 (BSL-2). Diese gilt als Standard für Produktionsanlagen, die mit attenuierten Lebendimpfstoffen arbeiten. Das Herzstück der Linie bildet die Abfüllmaschine MLF 5088CS. Diese gewährleistet eine hohe Ausbringung von 400 Behältnissen pro Minute unter höchsten Sicherheitsstandards und einer integrierten 100 % In-Prozess-Kontrolle (IPK). Die Abfüllmaschine ist mit dem patentierten Einweg-Dosiersystem PreVAS ausgestattet, das komplizierte Reinigungsvorgänge reduziert und das Risiko von Kreuzkontaminationen minimiert. Das gesamte System ist vollständig in die Isolator-Linie integriert, so dass Bediener und Produkt nicht miteinander in Berührung kommen.
Die Linie umfasst zudem eine RRN Reinigungsmaschine für die flexible und optimale Reinigung der Vials, einen HQL Sterilisiertunnel für die sichere und zuverlässige Sterilisation und Entpyrogenisierung der vorgereinigten Behälter sowie eine nachgeschaltete VRK Verschließmaschine. Die befüllten und verschlossenen Vials reinigt eine RAN Außenreinigungsmaschine. So wird sichergestellt, dass keine Partikel an den Außenseiten der Behältnisse anhaften – ein wichtiger Faktor zum Schutz der Bediener und des medizinischen Personals vor den aktiven Viren. Eine ISS H2O2-Transferschleuse sorgt dafür, dass Material schnell und kontaminationsfrei in und aus dem Isolator gelangen. Als eigenständige Maschine lässt sie sich unabhängig vom aktuellen Isolatorstatus biodekontaminieren. Darüber hinaus wird die Isolator-Linie im Rahmen der Produktion zweimal dekontaminiert: das erste Mal als Standardprozess vor Produktionsbeginn und ein weiteres Mal unmittelbar danach, um eventuell noch in der Linie befindliche Produktreste zu inaktivieren.
Zwei Prozesse auf einmal – für eine effizientere Produktion
„Für uns bei Bavarian Nordic war es wichtig, zuverlässige und bewährte Standardmaschinen einzusetzen, um eine hohe Produktqualität zu gewährleisten“, betont Bo Seligmann. Darüber hinaus musste die Linie so kompakt wie möglich sein, um Platz zu sparen – und so flexibel wie möglich, um unterschiedliche Behältnisformate zu befüllen. Die Maschinen von Syntegon Technology erlauben außerdem schnelle Formatwechsel. Zudem ist die Anlage so konzipiert, dass Bavarian Nordic verschiedene Prozesse gleichzeitig durchführen kann. Da der Gefriertrocknungsprozess mitunter mehrere Tage dauert, nutzt Bavarian Nordic die Linie in der Zwischenzeit für die parallele Abfüllung von flüssigen Produkten.
Effizienz ist jedoch auch eine Frage der Zeit: Da Bavarian Nordic Lebendviren abfüllt, muss das Unternehmen die empfindlichen flüssigen Inhaltsstoffe zügig verarbeiten. „Das bedeutet, dass die neuen Maschinen schnell und absolut zuverlässig funktionieren müssen“, so Bo Seligmann. Die aktiven Virenseren erhält Bavarian Nordic in gefrorener Form, um sie auf etwa 5 °C aufzutauen und anschließend abzufüllen. Während des gesamten Abfüllvorgangs wird auf ausreichende Kühlung geachtet, um die Integrität des Wirkstoffs nicht zu beeinträchtigen. Die Syntegon-Experten ermöglichten die Abfüllung von gekühlten Produkten bei 2- 8 °C, indem sie die Feuchtigkeit im Inneren des Isolators reduzierten.
Eine erfolgreiche Premiere
Die technisch anspruchsvolle Linie traf im August 2019 am Bavarian Nordic Standort in Kvistgård ein. Sieben Monate später, im Februar 2020, waren die Betriebsqualifikationstests abgeschlossen. „Syntegon Technology hat sich an den festgelegten Zeitplan gehalten, die Kollegen arbeiteten engagiert und konstruktiv mit uns zusammen“, hebt Bo Seligmann hervor. „Die ausführliche Entwurfsphase zu Beginn, in der wir den Grundriss und die Anforderungen diskutierten, half uns sehr weiter. Tatsächlich mussten wir später an weniger als einem Prozent der Anlage Änderungen vornehmen. Das ist eine bemerkenswerte Leistung, die Zeit und Geld spart“.
Eine gründliche Risikobewertung durch Bavarian Nordic und Syntegon Technology sowie ein umfassender Alarm- und Funktionstest am Standort von Syntegon Technology in Crailsheim stellten sicher, dass jede einzelne Maschine wie erwartet funktionierte. Die Experten von Syntegon unterstützten Bavarian Nordic auch während der Qualifikationsphase. „Die Mitarbeiter von Syntegon Technology kennen ihre Maschinen am besten und haben ihre Arbeit sehr effizient durchgeführt. Dieses Projekt in so kurzer Zeit abzuschließen, war nur dank der professionellen Zusammenarbeit zwischen dem erfahrenen Bavaria Nordic Projektteam, dem Syntegon-Team und dem Drittlieferanten des Gefriertrockners möglich“, fügt Bo Seligmann hinzu. „Die Zusammenarbeit mit Syntegon Technology war für uns eine Premiere. Aufgrund dieser Erfahrung kann ich das Unternehmen für solche Projekte nur empfehlen.“