Ganzheitliche Cybersecurity für Wasserstoffprojekte
Cyber-Angriffe nehmen zu – in Bremerhaven zeigt das Wasserstoffprojekt HY.City.Bremerhaven, wie sich IT und OT mit einem ganzheitlichen Sicherheitskonzept schützen lassen. Phoenix Contact setzt dabei auf eine 360-Grad-Lösung, die lokale Anlagen, Cloud-Anbindung und mobile Infrastruktur absichert. Die sichere Kommunikation ist Grundlage für den wirtschaftlichen Betrieb.
Thorsten Sienk, Phoenix Contact
Wie Phoenix Contact mit einem 360-Grad-Sicherheitskonzept die IT- und OT-Infrastruktur im Projekt HY.City.Bremerhaven schützt

Und zwar handelt es sich um das Wasserstoffprojekt HY.City.Bremerhaven, welches eine Wasserstoffproduktion und -tankstelle beinhaltet. HY.City.Bremerhaven wurde von GP Joule und Greenfuels gegründet. Eine 360-Grad-Security-Lösung von Phoenix Contact schützt die Anlage wirksam vor Cybercrime. Bremerhaven setzt beim Klimaschutz auf Wasserstoff in der Mobilität. Für die Betreibergesellschaft HY.City.Bremerhaven hat GP Joule als Systemintegrator eine regenerative Lösung realisiert. Das Unternehmen aus dem norddeutschen Reußenköge integriert seit seiner Gründung im Jahr 2009 erneuerbare Energien in regionale Energiesysteme. Die Wertschöpfungskette reicht von der Erzeugung über die Umwandlung und das Verteilen bis zur Nutzung. Wasserstoff spielt bei dieser ganzheitlichen Betrachtung eine zentrale Rolle.
Tankbarer Wasserstoff
In Bremerhaven arbeiten die Elektrolysecontainer mit dem Strom aus erneuerbaren Energien. Der dabei generierte Wasserstoff lässt sich tanken. Ein Abnehmer des Treibstoffs ist BremerhavenBus, der öffentlich-rechtliche ÖPNV-Dienstleister der Region. Dieser verwendet tankbaren Wasserstoff, da die Omnibusse mit ihren Brennstoffzellen eine höhere Reichweite erzielen, als es mit einer Batterie möglich wäre. Nur so lassen sich die langen Touren in der ländlichen Region ohne störende Ladestopps bewältigen.
Was sich als erfolgreiches Beispiel einer Energie- und Mobilitätswende präsentiert – die technischen Lösungen dahinter sind anspruchsvoll. Sichtbar wird diese Aussage z. B. beim Schutz des Systems vor Cybercrime. Für die Sicherheit gegenüber Hackerangriffen ist beim Projekt in Bremerhaven sowohl lokal auf der Betriebsebene als auch über den Standort hinaus in Richtung Cloud zu sorgen. Konzipiert und umgesetzt hat den Aufbau Phoenix Contact im Rahmen seines 360-Grad-Security-Ansatzes.
Übergreifende Steuerung aus der Cloud
Anlagenteile oder komplette Produktionsstandorte sicher vor Cyber-Angriffen zu schützen, bedeutet mehr als das passende technische Equipment zum Einsatz zu bringen. Der Schutz von OT und IT beginnt bereits in den Köpfen des Managements und der Belegschaft. Folglich kann ein 360-Grad-Ansatz ebenfalls in organisatorischen Veränderungen resultieren. „Für nachhaltige Cybersecurity ist ein Prozess zu etablieren, bei dem IT und OT zusammenarbeiten. Dieses Vorgehen hat zum Ziel, die Gesamtwertschöpfung zu sichern, ohne dabei die Besonderheiten beider Bereiche außer Acht zu lassen“, erklärt Hauke Kästing, Security-Experte bei Phoenix Contact.
In der Tat: IT und OT rücken immer näher zusammen. Das zeigt auch die Anlage von GP Joule. Während die Automatisierung vor Ort klassisch der OT zuzurechnen ist, gehören die Cloud-Services eher zur IT. Beide Bereiche kooperieren in Bremerhaven eng, was letztlich die Stärke der Lösung von GP Joule ausmacht. Zur Erläuterung: Zentrale Steuerungs- und Koordinierungsfunktionen wickelt das Unternehmen über die Cloud ab, die ihrerseits auf die Automatisierung vor Ort Einfluss nimmt. Hier ist zu beachten, dass die Services nicht nur dazu dienen, Daten auszuwerten und Dashboards bereitzustellen. Vielmehr bündelt das Unternehmen in der Cloud ebenfalls Marktdaten des Strommarkts – dies mit dem Ziel, die Anlagen vor Ort mit maximaler monetärer Wertschöpfung zu betreiben. Wann lohnt es sich bspw. regenerativ erzeugten Strom zu verkaufen, wann wiederum die Elektrolyse zu starten. Die Cloud empfängt also Daten aus der Anlagenebene zur Analyse und übernimmt ebenso die übergreifende Steuerung des Verbunds von GP Joule. „Wir haben somit einen bidirektionalen Datenfluss mit konkreten Befehlsabläufen“, berichtet Marian Hieke, Abteilungsleiter Technik im Geschäftsbereich Hydrogen von GP Joule. Dieser Aufbau macht schnell deutlich, wie wichtig die sichere Kommunikation innerhalb eines OT-IT-Verbunds zu sein hat.
Absicherung dezentraler Standorte
Vor diesem Hintergrund betrachtet das 360-Grad-Security-Konzept von Phoenix Contact nicht nur die Datenübertragung zwischen Standort und Cloud. Darüber hinaus gehört die verlässliche Absicherung dezentraler Standorte zur Lösung. „Wurde die IT erfolgreich angegriffen, ist schnell auch die OT betroffen“, erklärt Hauke Kästing. Ein weiterer Grund für harte Security-Standards auf der OT-Ebene: Der Schutz vor Angriffen aus der Mitte heraus. Zu diesem Zweck wurde ein schutzbedarfsgerechtes Netzwerkkonzept entwickelt. Dazu kommen am Standort Bremerhaven Security-Router vom Typ FL mGuard zum Einsatz. Sie schützen die unterschiedlichen Prozesssektoren.
Kombination mit funktionaler Sicherheit

Wie ein solcher Aufbau mobil funktioniert, verdeutlicht der detaillierte Blick in den Schaltschrank des von GP Joule konzipierten Wasserstofftrailers. Dieser bildet unter dem Namen HY.Runner das logistische Bindeglied zwischen Elektrolysestandort und Verbrauchern. Aus Kommunikationssicht stellt HY.Runner den Signalfluss zur Produktion sicher und hält ebenfalls Kontakt zur übergeordneten Leitwarte in der Cloud. Die zentrale Aufgabe des Datenaustausches besteht darin, Teilprozesse zu koordinieren und die Schnittstelle für den wirtschaftlichen Betrieb zu liefern – bis hin zur Abrechnung gegenüber Kunden. Realisiert wird die sichere Datenübertragung ebenso mit dem Fernwartungsrouter FL mGuard.
Die Hardware ist zudem eingebettet in Beratungs- und Engineering-Dienstleistungen, die bei Phoenix Contact gerade in puncto Cybersecurity immer mehr gefragt sind. Das Produkt- und Beratungsportfolio hat der Spezialist für elektrische Verbindungstechnik und Automatisierung in einem 360-Grad-Security-Programm gebündelt – letztlich mit dem Ziel, Projekte dieser Art ganzheitlich begleiten zu können. Eine derart umfassende Leistung ist notwendig, weil „Anlagen wie unsere sonst keine Chance hätten, eine Genehmigung zu bekommen“, erläutert Marian Hieke. „Ich rechne fest damit, dass die Auflagen zur Cybersecurity in Zukunft weiter zunehmen werden.“
Diese Aussage gewinnt allein deshalb an Bedeutung, da der Rundumschutz auch die funktionale Sicherheit im „HY.Runner“ beinhaltet. Installiert ist eine Sicherheitssteuerung nach SIL 2 mit der wesentlichen Safety-Funktion „Sicherer Halt“. Die in den Automationsverbund integrierte Sicherheitssteuerung überwacht z. B. Druckgrenzen beim Betanken des mobilen Speichers. Würden Hacker nach einem erfolgreichen Angriff die Möglichkeit erhalten, die Eingriffsgrenzen zu verschieben, wäre die Sicherheitstechnik laut Marian Hieke „quasi blind und würde davon ausgehen, dass alle Systeme im grünen Bereich sind“. Welche Auswirkungen dieses Szenario haben kann, ist angesichts der hohen Reaktivität von Wasserstoff schnell vorstellbar. Hinzu kommt, dass der Tankwagen bei Transportaufgaben auf öffentlichen Straßen fährt.
Fazit
Der Blick nach Bremerhaven zeigt, wie wichtig ein wirksames Sicherheitskonzept gerade dann ist, wenn IT- und OT-Strukturen ganzheitlich zusammenarbeiten. Das Wasserstoffprojekt macht ebenfalls deutlich, dass Anlagen dieser Art künftig lediglich mit Security-Lösungen genehmigungsfähig sind. Aufgrund der Komplexität des Themas ist es sinnvoll, wenn Hersteller, OEMs, Generalunternehmer und Betreiber eng kooperieren, um aus dem Blick der Prozesstechnik heraus den besten Weg einzuschlagen. Diese Aussage mündet schließlich im 360-Grad-Ansatz von Phoenix Contact.

Autor: Thorsten Sienk
Fachredakteur Technologie und Nachhaltigkeit, Corporate Communications, Phoenix Contact
Dieser Beitrag ist in CITplus 12/2025 erschienen
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