Gebündelte Kräfte für mehr Nachhaltigkeit

Innerhalb des JungChemikerForums (JCF) der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) wurde 2020 das Team Nachhaltigkeit gegründet und ist seitdem zum größten Team des JCF gewachsen. Die Teammitglieder kommen aus ganz Deutschland und sie eint der Gedanke an mehr Nachhaltigkeit in verschiedenen Bereichen unseres Lebens.

Das Team vom JungChemikerForum der GDCh. © GDCh
Das Team vom JungChemikerForum der GDCh. © GDCh

Die Aussagen des IPCC-Berichts sind klar: Die Zeit zu handeln ist jetzt! Um die maximale Erderwärmung von 1,5 °C nicht zu überschreiten, muss noch viel getan werden und zwar so schnell wie möglich. Wir jungen Chemikerinnen und Chemiker spielen hierbei eine zentrale Rolle. Unsere Zukunft ist in Gefahr, aber gleichzeitig sind wir durch unsere Ausbildung auch in der Lage, die Probleme zu erkennen, nach Lösungen zu suchen und damit möglicherweise die Welt der Chemie in Industrie und Akademia zu revolutionieren.

Innerhalb des JungChemikerForums (JCF) der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) spiegelt sich genau dieser Gedanke wider. Im Jahr 2020 wurde das Team Nachhaltigkeit gegründet und ist seitdem zum größten Team des JCF gewachsen. Die Teammitglieder kommen aus ganz Deutschland und sie eint der Gedanke an mehr Nachhaltigkeit in verschiedenen Bereichen unseres Lebens. In den letzten zwei Jahren konnte das Team bereits einige Projekte mit Wirkung auf das JCF und darüber hinaus realisieren. In diesem Artikel fassen wir die größten Projekte des JCF Team Nachhaltigkeit zusammen und zeigen, was wir als junge Chemikerinnen und Chemiker bewerkstelligen können.

Leitfaden für nachhaltige Kommunikation

Eine der ersten Aufgaben des Teams Nachhaltigkeit bestand in der Selbstreflexion. Wo sind wir schon nachhaltig? Und viel wichtiger: Wo sehen wir Probleme und Verbesserungspotenzial? Das Ergebnis war eher ernüchternd. An vielen Stellen handelten wir nicht nachhaltig. Das Team erstellte einen allgemeingültigen Leitfaden, aufgeteilt in drei Kategorien: Werbung, Veranstaltungen und Kommunikation. Darin rät das JCF dazu, Printmedien zu reduzieren und stattdessen lieber auf online-Bewerbung und regionale Kanäle der Universitäten oder lokale Zeitungen, Plakate und Radio zu setzen. Im Bereich der Veranstaltungen weist der Leitfaden in erster Linie darauf hin, dass Müll z.B. durch Einweggeschirr vermieden und ein bestmögliches Recycling ermöglicht werden soll. Bei der Wahl der Vortragenden sollte zudem auf eine nachhaltige An- und Abreise geachtet werden und Vortragende aus der näheren Umgebung priorisiert werden.

Nachhaltigkeitskommunikation ist wohl der herausforderndste Teil des Leitfadens. Der Leitfaden nennt hier bspw. die Organisation von Nachhaltigkeits-Info-Tagen in Schulen in Kombination mit nachhaltigen Experimenten. Außerdem wurde das Format des Leitfadens für die Nutzung in Social-Media angepasst. In Zusammenarbeit mit dem European Young Chemists’ Network (EYCN) der European Chemical Society (EuChemS) sowie dem International Younger Chemists Network (IYCN) und einigen nationalen jungen Chemienetzwerken wurden zusätzlich über 20 Übersetzungen des Leitfadens angefertigt.

Als nachhaltiges Werbemittel nutzt das JCF ein Biomasse-Synthese-Starterkit, eine Blumensamenmischung für bienenfreundliche Blumen, auf dessen Verpackung über das Bienensterben informiert wird.

Umfrage Nachhaltigkeit in Bildung

Um sich einen Überblick über die Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten in der chemischen Ausbildung im internationalen Vergleich zu verschaffen, haben wir im Jahr 2020 Jungchemikerinnen und -chemiker im Rahmen einer globalen Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit in der Bildung befragt. Ein bedeutender Anteil der Befragten stammte aus Europa, maßgeblich aus Deutschland. Die Zufriedenheit Chemiestudierender mit der Thematisierung der Nachhaltigkeit in der Lehre stellte sich hierbei im Allgemeinen als befriedigend heraus, jedoch wünschte sich die Mehrheit einen stärkeren Fokus auf nachhaltige Themen in der universitären Lehre. Insbesondere fühlt sich ein signifikanter Anteil der Jungchemikerinnen und -chemiker während ihrer universitären Ausbildung nicht ausreichend auf zukünftige berufliche Herausforderungen in der Industrie vorbereitet. Die Nachhaltigkeitsstrategie von Unternehmen ist für die Befragten ein entscheidender Faktor hinsichtlich der Berufswahl, wobei fast alle Befragten Wert auf ehrliche nachhaltige Strukturen legen. Darüber hinaus gibt eine bedeutende Mehrheit an, sich selbst für mehr Nachhaltigkeit einsetzen zu wollen.

Insgesamt wird international ein stärkerer Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen in der universitären Ausbildung sowie eine bessere Vorbereitung Chemiestudierender auf den Berufseinstieg in der nachhaltigen chemischen Industrie gefordert.

 

© GDCh

Umfrageergebnisse des ISC3 © ISC et al.

Verbindungen zu Industrie

Bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft wird der chemischen Industrie eine zentrale Rolle zuteil. Als Schlüsselindustrie ist der Chemiesektor Zulieferer für viele andere Industriezweige, sodass besonders die nachhaltige Nutzung von Rohstoffen und die Entwicklung umweltschonender Produktionsprozesse hier beginnen muss. Daher setzt sich das Team Nachhaltigkeit dafür ein, die Sicht junger Chemikerinnen und Chemiker auf die Chemie von morgen zu kommunizieren und arbeitet mit Unternehmen zusammen, um über nachhaltige Entwicklungen in der Industrie zu informieren.

In einer Umfrage die in Zusammenarbeit mit dem ISC3 und weiteren Organisationen[1] durchgeführt wurde hat das Team die Erwartungen junger Chemikerinnen und Chemiker aus Europa, Marokko, Nepal, den Philippinen, Taiwan, Südafrika, Nigeria, Singapur, Ecuador, Argentinien, Kanada, Malaysia, Brasilien, Indien, Bangla­desch und den USA gesammelt. Dabei wurden die Teilnehmenden gefragt, welche Rolle und Verantwortung der chemische Sektor übernehmen soll, welche Produkte und Prozesse für eine nachhaltige Zukunft erforderlich werden, was in der chemischen Forschung und Ausbildung geändert werden muss und wie Industrie und Politik die Umsetzung der Erwartungen der jüngeren Generation unterstützen können? Die Auswertungen dieser Umfrage wurde von den Teammitgliedern Emiel Dobbelaar und Janine Richter als White Paper in Pure and Applied Chemistry veröffentlicht.[2] Insgesamt formulierten die Befragten eindeutig die Forderung nach forschungsbasierten Lösungen in Bereichen wie zirkulärer Wirtschaft, biobasierten Produkten und energieeffizienter Produktion. Jedoch fühlten sich viele aufgrund ihrer Ausbildung nicht ausreichend vorbereitet, um einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieser Herausforderungen zu leisten. Daraus leitet sich eine große Nachfrage nach einer stärkeren Gewichtung von nachhaltiger Chemie in Schul- und Universitäts-Curricula ab. Des Weiteren müssen angesichts der Komplexität und globalen Skala von Problemen wie Klimawandel und Umweltverschmutzung Lösungen ebenfalls global ansetzen. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen der Industrie, Gesetzgebung und Gesellschaft sollen effektive und gemeinschaftliche Lösungen erarbeiten werden, die zugleich ein größeres Maß an Transparenz schaffen und das Vertrauen in die chemische Industrie steigern.   

Um eine Plattform für Diskussionen mit Industrievertretern zu bieten und Jungchemikerinnnen und -chemiker zu informieren, wie die Industrie schon heute den Wandel hin zu einem nachhaltigeren Ressourcenmanagement und umweltschonenden Produktionsprozessen anstrebt, ist das Team Nachhaltigkeit an der Organisation der JCF-Vortragsreihe Sustainability in Industry beteiligt. Bei den Online-Events werden Innovationen und Strategien aus Unternehmen präsentiert und anschließend zur Diskussion mit den Teilnehmenden gestellt. Viele junge Chemikerinnen und Chemiker haben sich zusammengeschlossen, um sich für ein Thema einzusetzen, das unseren Alltag zunehmend bestimmt – die Nachhaltigkeit. Wir sind überzeugt, dass die Relevanz von nachhaltigen Entwicklungen vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen durch den Klimawandel in der Zukunft stark steigen wird. Daher sind wir umso motivierter, auch weiterhin gemeinsam unseren Beitrag zu leisten! Unsere Arbeit können Sie auf unserer Homepage oder Instagram-Seite verfolgen.

Autoren: Chris Heintz, Doktorand, Theoretische und Physikalische Chemie, Bergische Universität Wuppertal
Felix Katzenburg, Doktorand, Organisch-Chemisches Institut, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Larissa Kurth, Masterstudentin Biochemie, ­Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Hannah Kortman, Masterstudentin, Max-Planck-Institut für Kolloide und Grenzflächen, Potsdam
Alena Neudert, Masterstudentin, Julius- Maximilians-Universität Würzburg

 

Quellen
[1] International Younger Chemists Network (IYCN) associated with the International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC), European Young Chemists’ Network (EYCN) of the European Chemical Society (EuChems), JungChemikerForum (JCF) of the German Chemical Society (GDCh), Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Umweltbundesamt (UBA).
[2] E. Dobbelaar, J. Richter, Pure Appl. Chem. 2022, 94, 1.

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