24.08.2017 • PraxisberichteAgrarfrostAryztaBonduelle

In Kooperation mit Fraunhofer IML gestaltet McDonald’s Deutschland die LFEO-Initiative für seine Zulieferer

Während die Logistik von Lebensmitteln meist wie ein Schweizer Uhrwerk läuft, kann das für das Lernen unter Partnern nicht behauptet werden.

Während die Logistik von Lebensmitteln meist wie ein Schweizer Uhrwerk läuft, kann das für das Lernen unter Partnern nicht behauptet werden. Noch immer beherrschen Geheimniskrämerei und Informationsbarrieren viele Lieferketten. Aus diesem Grund ist die LFEO-Initiative (Learning From Each Other) von McDonald’s Deutschland einmalig in der Lebensmittel-Landschaft. Namhafte Zulieferer wie Agrarfrost, Hochland, Develey und etliche andere tauschen offen Best Practices aus und helfen sich gegenseitig beim Besserwerden. Und das nicht unverbindlich, sondern mit konkreten Zielvereinbarungen nach jedem LFEO-Workshop. 
 
Niemand gibt gerne seine Best Practices preis und über Schwächen in der eigenen Wertschöpfung redet sowieso keiner. Was unter Konkurrenzaspekten bisweilen für ein einzelnes Unternehmen ra­tional erscheinen mag, ist jedoch aus der globalen Perspektive einer Supply Chain betrachtet reinstes Gift: Der Lieferkette schaden Niveau-Unterschiede zwischen den Partnern. Das ist zwar unzweifelhaft bekannt, doch bislang standen zwischen dieser Erkenntnis und ihrer Umsetzung zwei zentrale Fragen ohne greifbare Antworten: Wer soll einen solchen Lernprozess organisieren? Und wie können sich alle Partner auch trauen, offen zu reden und ehrlich miteinander umzugehen?
 
Zwei Fragen, zwei Antworten
Als Antwort auf die erste Frage hat sich McDonald’s Deutschland der Projektgestaltung und -begleitung des Fraunhofer IML versichert, das wegen seiner wissenschaftlichen Kompetenz und Neutralität von allen Beteiligten vorbehaltlos als überparteiliche Instanz akzeptiert wird. Interne Informationen aus den Unternehmen werden nicht unmittelbar weitergereicht, sondern durchlaufen zunächst den „Fraunhofer-Filter“. Der weitere Erfolgsfaktor: die Lernpartner aus der Supply Chain haben sich so zusammengefunden, dass keine unmittelbaren Konkurrenten der Supply Chain in den Workshops sitzen. Gegenwärtig besteht der Kreis der Teilnehmer aus Führungskräften und Mitarbeitern von Bonduelle und Seda, Develey und Lieken, Hochland, OSI, Aryzta, Havi Logistics und Agrarfrost. 
 
Form und Konzept
Als konzeptionelle Form wählten die Initiativpartner den LFEO-Gedanken, dessen Name Programm ist: Learning from each other. Viermal im Jahr treffen sich alle Partner für jeweils zweitägige Workshops, um offen über Best Practices und punktuelle Schwächen zu sprechen. Und nicht bloß zu sprechen: Am Ende jedes Workshops vereinbaren die Partner konkrete Maßnahmen und Ziele. Ein Steuerungskreis unterstützt zwischen den Workshops die Maßnahmen-Umsetzung, sammelt ­Ideen und organisiert die nachfolgenden Workshops entsprechend. Die Zusammenarbeit läuft während der einzelnen Projekte über eine digitale Plattform. Diese Plattform dient auch der Wissenssicherung: Hier finden die LFEO-Partner sämtliche Workshop-Lösungen, Ideen, Prozessbeschreibungen und anderen Dokumente wie Protokolle oder Dokumentationen. Diese Unterlagen können außerdem zwischen den Workshops gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt werden. Angesichts der geringen Nutzer-Akzeptanz üblicher beruflicher digitaler Austauschmedien wurde bei der Auswahl der Plattform auf extreme Bedienerfreundlichkeit geachtet, die weit über jene der klassischen Tools des Content Managements hinausgeht – mit Erfolg. Unter Nutzern kursiert bereits das geflügelte Wort: „So einfach zu bedienen wie XING oder Facebook.“ Das ist auch nötig, um die hohen Ziele der LFEO-Initiative zu erreichen. 
 
Ziele und Maßnahmen
McDonald’s und seine Zulieferer wollen mit der Initiative die Nachhaltigkeit ihrer Supply Chain einen weiteren Schritt voranbringen und wirklich sämtliche unternehmensübergreifenden Potenziale der Prozessverbesserung heben. „Die Workshop-Reihe hilft uns, unsere hoch gesteckten Effizienzziele in den Bereichen Supply Chain und Sustainability über die nächsten Jahre zu erreichen“, erklärt Thomas Jedinger, Senior Department Head Supply Chain bei McDonald’s Deutschland Inc. „Entscheidend ist, dass es uns dabei nicht nur um ein einfaches ‚Sharing von Best Practices‘ geht. Vielmehr ist uns wichtig, voneinander zu lernen und gleichzeitig dabei konkrete Ziele mit Lieferanten zu vereinbaren, deren Erreichung uns gemeinsam voranbringt.“ Diesen Aspekt der gemeinsamen Verpflichtung streicht auch Manfred Wulf heraus, Geschäftsführer von Agrarfrost: „Ausschlaggebend für den Erfolg unserer Initiative ist, dass wir in den Workshops konkrete Ziele erarbeiten und die Unternehmen sich auf die Zielerreichung verständigen. Dadurch macht das alles erst einen Sinn für alle.“ Um das zu erreichen, werden in den Workshops die üblichen Brennpunkte einer Lieferkette angegangen wie geeignete Instandhaltungsstrategien, Rahmenfaktoren für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), Themen und Umfang der Mitarbeiterqualifikation oder logistische Fragen. Je eher die Partner vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch profitieren, desto eher können Verbesserungen in den Unternehmensalltag integriert werden – ein Vorteil für McDonald’s einerseits und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen andererseits. Ein Partner sagt z. B. zu, bis zum nächsten Workshop einen KVP-Prozess zu etablieren und alle am Tisch einigen sich auf geeignete Kriterien für den Prozess, welche Transparenz angestrebt werden soll, wie die Auswertung der einzelnen Mitarbeiter-Vorschläge und die Nachvollziehbarkeit der Vorschlagsbearbeitung gestaltet und gewährleistet werden soll. Oder man diskutiert und einigt sich auf bestimmte Qualifikationen von Mitarbeitern und macht konkrete Vorschläge für dezidierte Weiterbildungsmaßnahmen und Trainings. Das zahlt sich aus. 
 
Erfolge und Ergebnisse
So hat einer der LFEO-Partner dank Austausch und gemeinsamer Zielsetzung bereits Stillstandzeiten in der Herstellung verringert. Bekanntermaßen benötigt jeder Produktwechsel in der Herstellung eine Rüstzeit. Wenn diese dank der Übernahme der Best Practice eines anderen LFEO-Partners auch nur um fünf Minuten pro Rüstvorgang reduziert werden kann, spart das aufs Jahr Stunden und Tage und das wiederum Kosten, wodurch Preise gehalten oder gesenkt werden können. Selbst bei so oft bereits schon bearbeiteten Themen wie der Arbeitssicherheit und Unfallvermeidung lassen sich auf diesem Wege des gegenseitigen Austauschs und dem Commitment zu vereinbarten Zielen noch deutliche Verbesserungen erreichen. Und alle profitieren davon. Angesichts der hohen Profite von LFEO-Initiativen bleibt die Frage: Warum machen das nicht längst alle?
 
Gemeinsam besser
Seit einigen Jahren verfolgt McDonald’s schon den LFEO-Gedanken, seit zwei Jahren laufen die Workshops. Damit ist der Gastro-Konzern allein auf weiter Flur und nicht nur in seiner Branche. In der bunten Unternehmenslandschaft existieren nur ganz wenige solcher lieferketten-umspannenden Initiativen, bei denen sich Partner nicht nur unverbindlich austauschen, sondern zu verbindlichen Maßnahmen und Zielen committen. Die seltsame Seltenheit dieses überaus nützlichen Prozesses liegt an mannigfachen Hindernissen. Ein „hausgemachtes“ Hindernis sind oft restriktive Compliance-Regelungen, die jedoch durch die Hinzunahme einer externen, neutralen Instanz und bei sehr sorgfältiger Auswahl der Partner im Grunde problemlos erfüllt werden können. Ein anderes Hindernis ist das leider in vielen Lieferketten immer noch vorhandene, verbreitete Misstrauen gegenüber Partnern. McDonald’s und seine Lieferpartner agieren nicht nur fernab solchen Misstrauens, sondern genießen inzwischen echte Partnerschaft und Begeisterung für den gemeinsamen Prozess. Was nur logisch ist, angesichts der vielen damit bereits erzielten Prozessverbesserungen und Effizienzsteigerungen – denn das wollen schließlich alle. 

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